LG Traunstein

Merkliste
Zitieren als:
LG Traunstein, Beschluss vom 12.10.2012 - 4 T 3795/12 - asyl.net: M20088
https://www.asyl.net/rsdb/M20088
Leitsatz:

Das Vorliegen eines Haftgrundes gem. § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG, der begründete Verdacht einer Entziehungsabsicht, ist schlüssig zu begründen. Der Umstand einer unerlaubten Einreise allein begründet nicht die Entziehungsabsicht.

Schlagwörter: Haftgrund, Haftgründe, Abschiebungshaft, Zurückschiebung, Zurückschiebungshaft, Identitätstäuschung, Täuschung über Identität, Abschiebung, mildere Maßnahmen,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 3,
Auszüge:

[...]

e) Der von der Ausländerbehörde angenommene Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5 AufenthG liegt nach Überzeugung der Kammer nicht vor. Der begründete Verdacht, dass sich der Betroffene der Zurückschiebung entziehen will, ist durch die bislang dargelegten Umstände nicht in ausreichendem Maße schlüssig begründet. Der Umstand, dass der Betroffene in Deutschland unerlaubt eingereist ist, begründet für sich gesehen nicht die Annahme des begründeten Verdachts, dass er sich einer Zurückschiebung entziehen und in Deutschland untertauchen wird.

Dies kann dann der Fall sein, wenn der Betroffene zur Identitätstäuschung einen falschen Pass mit sich führt und den Originalpass beseitigt (vgl. OLG München vom 09.04.2009, OLGR München 2009, 566) oder wenn der Betroffene eingeschleust wurde (vgl. BGH 03.05.2012, Az. V ZB 34/11). Beides ist hier nicht der Fall.

Der Umstand, dass der Betroffen bereits im Jahre 2006 abgeschoben wurde, begründet nicht den Verdacht, dass er sieh einer erneuten Abschiebung entziehen werde.

Die Kammer geht aufgrund der Auskunft des Polizeikooperationszentrums Thörl-Maglern vom 20.09.2012 davon aus, dass sich der Betroffene nach Ablauf seines Aufenthaltstitels am 30.09.2009 illegal in Italien aufhielt. Etwas anderes lässt sieh weder aus dem vom Betroffenen vorgelegten Schreiben eines in Rom ansässigen Rechtsanwalts noch aus einem Schreiben der Beratungsstelle für Einwanderungsangelegenheiten in Pescara/Italien entnehmen. Allerdings kann daraus nicht geschlossen werden, dass sich der Betroffene einer Zurückschiebung entziehen werde. Der Betroffene hat über seinen Verfahrensbevollmächtigten vortragen lassen, dass er freiwillig nach Italien zurückreisen werde. Es kommt daher als mildere Maßnahme in Betracht, den Betroffenen zur Ausreise aufzufordern.

Auch wenn man davon ausgeht, dass der Betroffene in Deutschland bleiben wird, ist nicht ersichtlich, warum er untertauchen werde, da er in Deutschland soziale Bindungen hat. Der Betroffene hat unwiderlegt vorgetragen, dass seine Ehefrau legal in Wuppertal wohnt, wobei dahinstehen kann, ob die in der Türkei "traditionell geschlossene Ehe" anerkannt wurde.

Weitere Umstände, aus denen geschlossen werden könnte, dass er sich der Abschiebung entziehen will, wurden nicht vorgetragen. [...]