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Zitieren als:
BVerwG, Entscheidung vom 29.11.2012 - 10 C 11.12 (= ASYLMAGAZIN 3/2013, S. 95 ff.) - asyl.net: M20353
https://www.asyl.net/rsdb/M20353
Leitsatz:

1. Das auf Erteilung eines Visums zum Kindernachzug gerichtete Begehren bildet einen einheitlichen Streitgegenstand. Die einzelnen Anspruchsgrundlagen des § 32 Abs. 1 bis 4 AufenthG stehen zueinander in Anspruchsnormenkonkurrenz.

2. Der verfahrensrechtliche ordre public im Sinne von § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG verlangt grundsätzlich, dass jedenfalls Jugendliche vor Erlass einer Sorgerechtsentscheidung persönlich angehört werden.

3. Eine Sorgerechtsentscheidung, die in einem Verfahren zustande gekommen ist, das den ordre public verletzt, kann trotzdem ausnahmsweise anerkannt werden, wenn die Nichtanerkennung das Kindeswohl gefährdet.

4. Ein Visumantrag nach § 6 Abs. 3 i. V. mit § 32 Abs. 2 AufenthG muss vor Vollendung des 18. Lebensjahres gestellt werden. Eine Antragstellung vor Vollendung des 16. Lebensjahres ist unschädlich.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Anhörung, ausländisches Recht, Deutschkenntnisse, besondere Härte, Doppelprüfung, internationales Privatrecht, Inzidentanerkennung, Kindernachzug, Kindeswohl, öffentliche Ordnung, ordre public, Personensorge, Sorgerecht, Sorgerechtsentscheidung, Sprachnachweis, Visum, Visumsantrag, Visumsverfahren, nationales Visum,
Normen: AufenthG § 2 Abs. 11, AufenthG § 6 Abs. 3, AufenthG § 32 Abs. 2-4, EGBGB Art. 6, EGBGB Art. 21, FamFG § 97 Abs. 1, FamFG § 108 Abs. 1, FamFG § 109 Abs. 1 Nr. 4, GG Art. 6 Abs. 2, UN-KRK Art. 12 Abs. 2, VwGO § 86 Abs. 1, ZPO § 328,
Auszüge:

[...]

1.2 Das Berufungsgericht hat aber im Einklang mit Bundesrecht die alleinige Sorgeberechtigung der in Deutschland lebenden Mutter der Klägerin verneint.

1.2.1 Der Begriff der alleinigen Personensorgeberechtigung ist mit Blick auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl EG L 251 S. 12 vom 3. Oktober 2003) - sog. Familienzusammenführungsrichtlinie - unionsrechtlich auszulegen. Im Sinne dieser Bestimmung besitzt ein Elternteil das Sorgerecht nur, wenn er "allein" sorgeberechtigt ist, dem anderen Elternteil also bei der Ausübung des Sorgerechts keine substantiellen Mitentscheidungsrechte und -pflichten zustehen, etwa in Bezug auf Aufenthalt, Schule und Ausbildung oder Heilbehandlung des Kindes (Urteil vom 7. April 2009 a.a.O. Rn. 16).

1.2.2 Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da der Anerkennung der mongolischen Sorgerechtsentscheidung vom 19. Dezember 2007 der verfahrensrechtliche ordre public entgegensteht.

Wem das Sorgerecht für ein Kind zusteht, beurteilt sich in Fällen mit Auslandsbezug anhand der Regelungen des Internationalen Privatrechts nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 21 EGBGB). Diese Kollisionsnorm, die die Auswahl des materiellrechtlichen Prüfungsmaßstabs bei einer anstehenden Sorgerechtsentscheidung steuert, tritt zurück, wenn bereits eine Sorgerechtsentscheidung einer ausländischen Stelle vorliegt und sich die verfahrensrechtliche Frage nach deren Anerkennung stellt.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass durch das Urteil des Zivilgerichts im Stadtbezirk Bayangol von Ulan Bator vom 19. Dezember 2007 der Mutter der Klägerin das bis dahin ihren Eltern gemeinsam zustehende Sorgerecht für die Klägerin übertragen wurde (UA S. 12). Es hat aber offen gelassen, ob die Übertragung wirksam war, weil eine Anerkennung der Sorgerechtsübertragung wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public nicht in Betracht komme (UA S. 8).

Die Anerkennung ausländischer Urteile richtet sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 328 ZPO. Für die Anerkennung ausländischer Sorgerechtsentscheidungen enthält § 108 Abs. 1 i.V.m. § 109 FamFG allerdings eine Sonderregelung, die die Grundnorm des § 328 ZPO auch im Verwaltungsprozess verdrängt. Gemäß § 108 Abs. 1 FamFG ist für die Anerkennung von Sorgerechtsentscheidungen ausländischer Gerichte kein besonderes Verfahren vor deutschen Gerichten oder Behörden vorgesehen, sondern es gilt der Grundsatz der Inzidentanerkennung (OLG Köln, Beschluss vom 9. April 2010 - 4 UF 56/10 - NJW-RR 2010, 1225 1226>). Nach § 97 Abs. 1 FamFG gehen zwar Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Vorschriften des FamFG vor. Zwischen Deutschland und der Mongolei bestehen jedoch keine derartigen zwischenstaatlichen Vereinbarungen. Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl L 338, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2116/2004 des Rates vom 2. Dezember 2004 (ABl L 367, S. 1) geänderten Fassung regelt nur die Anerkennung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten (Art. 21). Die Anerkennung des mongolischen Sorgerechtsurteils vom 19. Dezember 2007 richtet sich somit nach § 108 Abs. 1 i.V.m. § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG. Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ist nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG ausgeschlossen, wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist.

Abzustellen ist dabei nicht auf Art. 6 EGBGB, sondern auf den anerkennungsrechtlichen ordre public international (vgl. nur BGH, Urteile vom 18. Oktober 1967 - VIII ZR 145/66 - BGHZ 48, 327 und vom 21. April 1998 - XI ZR 377/97 - BGHZ 138, 331 334>). Mit diesem ist eine ausländische Entscheidung nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter - hätte er die zur Anerkennung stehende Entscheidung getroffen - aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Anerkennung der ausländischen Entscheidung im Ergebnis zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint. Prüfungsmaßstab sind dabei vor allem die Grundrechte. Die ausländische Entscheidung ist nicht auf ihre Rechtmäßigkeit am Maßstab des ausländischen Rechts zu überprüfen (Verbot der révision au fond). Bei der Anerkennung ausländischer Sorgerechtsentscheidungen liegt in materieller Hinsicht ein Verstoß gegen den ordre public erst dann vor, wenn die Hinnahme der Entscheidung wegen ihres Inhalts im Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Familien- und Kindschaftsrechts offensichtlich unvereinbar ist (materiellrechtlicher ordre public). Dabei steht das Wohl des Kindes im Mittelpunkt der Prüfung. Jede Regelung des Sorgerechts wirkt sich auf das Wohl des Kindes aus und muss daher das Kind in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen. Ein Verstoß gegen den ordre public kann sich auch aus dem der anzuerkennenden Entscheidung vorangegangenen Verfahren ergeben, also der Art und Weise ihres Zustandekommens. Dies ist der Fall, wenn die ausländische Entscheidung aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass sie nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (verfahrensrechtlicher ordre public). Eine am Kindeswohl orientierte Sorgerechtsentscheidung erfordert daher auch eine Verfahrensgestaltung, die eine hinreichende Berücksichtigung der grundrechtlichen Stellung des betroffenen Kindes garantiert (siehe etwa Art. 12 Abs. 2 UNKinderrechtskonvention vom 20. November 1989; vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 5. November 1980 - 1 BvR 349/80 - BVerfGE 55, 171 182> und vom 14. Juli 2010 - 1 BvR 3189/09 - BVerfGK 17, 407 Rn. 19). Das Sorgerechtsverfahren ist unter Berücksichtigung des Alters des Kindes, seines Entwicklungsstandes und seiner seelischen Verfassung so zu gestalten, dass der Entscheidungsträger möglichst zuverlässig die Grundlagen einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen kann. Das erfordert jedenfalls bei Jugendlichen grundsätzlich eine persönliche Anhörung und bei jüngeren Kindern zumindest ein funktionales Äquivalent, durch das ihnen Gelegenheit gegeben wird, ihre Interessen auf altersgerechte Weise zu formulieren und in das Verfahren einzubringen.

Nach diesen Maßstäben steht der verfahrensrechtliche ordre public der Anerkennung des Urteils des Zivilgerichts im Stadtbezirk Bayangol von Ulan Bator vom 19. Dezember 2007 entgegen (§ 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der damals 14-jährigen Klägerin in dem Sorgerechtsverfahren vor der Übertragung des bis dahin ihren Eltern gemeinsam zustehenden Sorgerechts auf die Mutter keine Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt wurde. Bei einer Jugendlichen in diesem Alter ist grundsätzlich eine persönliche Anhörung geboten. Gründe, hiervon im vorliegenden Fall abzuweichen, liegen nicht vor. Für das Gebot einer Anhörung der Klägerin im gerichtlichen Verfahren genügt nicht, dass sie gegenüber ihrer Mutter und deren Ehemann bekundet haben soll, bei ihrer Mutter in Deutschland leben zu wollen. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine Äußerung im Sorgerechtsverfahren, die von einer dafür zuständigen staatlichen Stelle überprüft und hinterfragt werden kann. Auch kommt eine Heilung des Verfahrensfehlers durch eine nachträgliche Anhörung in dem zweiten, zum Urteil vom 13. Oktober 2010 führenden Sorgerechtsverfahren nicht in Betracht. Diese wirkt nicht zurück. Zudem muss die Gelegenheit zur Äußerung in dem konkreten Verfahren vor der Entscheidung des Gerichts bestanden haben, um deren Entscheidungsgrundlage sein zu können. [...]

3. Das Berufungsgericht hat aber einen Anspruch der Klägerin nach § 32 Abs. 2 AufenthG mit einer Begründung verneint, die revisionsgerichtlicher Prüfung nicht standhält. Nach § 32 Abs. 2 AufenthG hat das minderjährige ledige Kind, welches das 16. Lebensjahr vollendet hat, einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn es die deutsche Sprache beherrscht oder gewährleistet erscheint, dass es sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann und beide Eltern oder der allein sorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzen.

Das Urteil des Berufungsgerichts verstößt gegen Bundesrecht, weil es einen Nachzugsanspruch der Klägerin aus § 32 Abs. 2 AufenthG schon deswegen ablehnt, weil sie ihren Visumantrag vor Vollendung ihres 16. Lebensjahres und nicht danach gestellt hat. Einer erneuten Antragstellung bedurfte es jedoch nicht. Vielmehr bezog sich ihr Visumantrag zum Kindernachzug vom Mai 2008 auf alle zu diesem Streitgegenstand gehörenden Anspruchsgrundlagen. Da ein auf § 32 Abs. 3 AufenthG gestützter Anspruch die Antragstellung vor Vollendung des 16. Lebensjahres voraussetzt, muss ein diese Höchstaltersgrenze wahrender Antrag auch den Anforderungen des § 32 Abs. 2 AufenthG genügen. Diese Vorschrift setzt nämlich nur voraus, dass die Antragstellung vor Vollendung des 18. Lebensjahres erfolgte; ein Mindestalter verlangt sie hingegen nicht. Das Berufungsgericht kann sich für seine gegenteilige Rechtsauffassung nicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. November 1997 - BVerwG 1 C 22.96 - (a.a.O.) stützen. Dieses ist zur Vorgängervorschrift des § 32 Abs. 3 AufenthG ergangen, betrifft also den Familiennachzug eines Kindes, das zum Zeitpunkt der Antragstellung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wohl aber im Verlauf des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens. Für diese Anspruchsgrundlage (damals § 20 Abs. 2 Nr. 2 AuslG) hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass es der Schutz des Minderjährigen gebiete, für das Merkmal der Vollendung des 16. Lebensjahres auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen (a.a.O. S. 18 f.). Aus dem Urteil kann gerade nicht abgeleitet werden, dass es zur Erfüllung der Voraussetzungen des Nachzugsanspruchs für 16- bis 18-Jährige einer erneuten Antragstellung bedarf. Vielmehr hat es das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Berufungsgericht zitierten Urteil für einen Anspruch nach der Vorgängervorschrift des § 32 Abs. 2 AufenthG (damals: § 20 Abs. 4 Nr. 1 AuslG 1990) ausreichen lassen, dass das Kind den Nachzugsantrag vor Erreichen der Volljährigkeit gestellt hat (a.a.O. S. 22). Das ist hier erfolgt.

Das Berufungsurteil verstößt auch insoweit gegen Bundesrecht, als es die Tatbestandsvoraussetzung des § 32 Abs. 2 AufenthG, dass die Klägerin die deutsche Sprache beherrscht, auf zu schmaler Tatsachengrundlage verneint hat. Zwar hat die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht nachgewiesen, dass sie zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Vollendung ihres 18. Lebensjahres die deutsche Sprache beherrschte. Dafür ist der Nachweis von Sprachkenntnissen erforderlich, die dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens entsprechen (§ 2 Abs. 11 AufenthG). Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist die Vorlage eines entsprechenden Zertifikats einer akkreditierten Stelle keine notwendige, sondern nur eine hinreichende Voraussetzung für den Nachweis der entsprechenden Sprachkompetenz. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Sprachkenntnisse tatsächlich vorliegen. Die Klägerin hat aber Tatsachen vorgetragen, die Anlass für eine weitere Aufklärung des Gerichts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) hätten geben müssen. So hatte die Mutter der Klägerin bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 20. Januar 2010 erklärt, ihre Tochter habe einen einjährigen Sprachkurs besucht, und zwar mehrmals wöchentlich (VG-Akte Bl. 66). Ferner hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 23. Februar 2012 eine Bescheinigung der Mongolischen Staatlichen Universität vom 14. Februar 2012 vorgelegt, aus der sich ausweislich des Sitzungsprotokolls ergibt, dass die Klägerin dort im 2. Studienjahr Germanistik studierte (VG-Akte Bl. 296 R). Daraus folgt aber, dass die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vollendung ihres 18. Lebensjahres (August 2011) bereits die Aufnahmevoraussetzungen für das Deutschstudium an der Universität erfüllt und einige Zeit studiert hatte. Dieses Vorbringen der Klägerin hätte das Berufungsgericht dazu veranlassen müssen, mittels geeigneter Maßnahmen aufzuklären, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 18. Lebensjahres über Kenntnisse der deutschen Sprache verfügte, die dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens entsprachen.

4. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 AufenthG im Berufungsurteil kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Das Verfahren ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht wird bei seiner erneuten Entscheidung prüfen müssen, ob die Klägerin die Voraussetzungen für den Nachzugsanspruch nach § 32 Abs. 2 AufenthG erfüllt. Dabei wird es zu untersuchen haben, ob der Mutter der Klägerin durch das Urteil des Zivilgerichts im Stadtbezirk Bayanzurkh von Ulan Bator vom 13. Oktober 2010 wirksam das alleinige Sorgerecht für die Klägerin übertragen wurde. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Klägerin - wie sie vorträgt - in diesem gerichtlichen Verfahren vor Erlass der Entscheidung angehört worden ist. Hierfür spricht die vorgelegte Übersetzung des Urteils. Auch die Beklagte geht von einer erfolgten Anhörung durch das Gericht jedenfalls insoweit aus, als es die Schwester der Klägerin betrifft, denn ihr wurde mittlerweile auf der Grundlage dieses Urteils das Visum zum Familiennachzug erteilt. Eine für den Anspruch nach § 32 Abs. 2 AufenthG beachtliche Sorgerechtsübertragung konnte zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vom 13. Oktober 2010 erfolgen, denn die Klägerin hatte damals das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet.

Ferner wird das Berufungsgericht aufzuklären haben, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 18. Lebensjahres über Kenntnisse der deutschen Sprache verfügte, die dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens entsprachen. Der Senat weist darauf hin, dass ein entsprechender Nachweis im vorliegenden Fall nicht notwendigerweise durch eine Bescheinigung im Sinne von Ziffer 32.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 (GMBl 2009, 878) erfolgen muss. Zwar könnten durchaus Rückschlüsse aus einer aktuell abgelegten Sprachprüfung gezogen werden, die dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens entspricht. Als geeigneter Nachweis könnte aber möglicherweise auch die Bescheinigung einer geeigneten und zuverlässigen in- oder ausländischen Stelle in Betracht kommen, dass etwa die bei Zulassung zum Deutschstudium in Ulan-Bator der Klägerin abverlangten Deutschkenntnisse dem geforderten Niveau C 1 entsprachen. [...]