Zum Ausschluss der Verpflichtung eines unerlaubt eingereisten Ausländers, sich zur Verteilungsstelle nach § 15a AufenthG zu begeben.
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Nach § 15a Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann die Ausländerbehörde einen unerlaubt eingereisten Ausländer, der weder um Asyl nachsucht noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden kann, verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung nach § 15a Abs. 1 AufenthG veranlasst. Diese die Verteilung veranlassende Behörde ist in Niedersachsen die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) mit Hauptsitz in Braunschweig und Standorten in Bramsche, Braunschweig, Friedland und Oldenburg sowie Außenstellen in Langenhagen und Lüneburg (vgl. Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörden (ZAAB) des Landes Niedersachsen, Erlass v. 14.12.2004, Nds. MBl. 2005 S. 7, dort Nr. 2.1; Niedersächsische Landesregierung, Auflösung der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörden (ZAAB) Braunschweig und Oldenburg und Neubildung einer Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde Niedersachsen (ZAAB NI), Beschluss v. 21.10.2008, Nds. MBl. S. 1242; dort Nrn. 2 und 3; Niedersächsische Landesregierung, Verwaltungsmodernisierung 2010 - Organisations- und Standortentscheidungen im Geschäftsbereich des MI, Beschluss v. 9.11.2010, Nds. MBl. S. 1130, dort Nrn. 1, 2 und 4).
Hier ist die Antragstellerin zwar ohne den nach §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 3 AufenthG erforderlichen Pass und auch ohne das nach §§ 14 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 6 Abs. 3 AufenthG erforderliche Visum und damit unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist. Sie hat auch weder um Asyl nachgesucht noch ist sie unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen worden. Obschon damit die in § 15a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG genannten Voraussetzungen vorliegen, ist hier voraussichtlich gleichwohl eine Verpflichtung der Antragstellerin nach § 15a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, sich zu der die Verteilung nach § 15a Abs. 1 AufenthG veranlassenden Behörde zu begeben, ausgeschlossen.
Denn nach § 15a Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist der Ausländerbehörde eine solche Verpflichtung des unerlaubt eingereisten Ausländers versagt, wenn einem Vorbringen nach § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG Rechnung zu tragen ist (vgl. Hessischer VGH, Beschl. v. 30.3.2006 - 3 TG 556/06 -, juris Rn. 4; GK-AufenthG, Stand: November 2006, § 15a Rn. 12). In diesem Sinne Rechnung zu tragen ist nach § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG einer Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstigen zwingenden Gründe, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, wenn der Ausländer sie vor Veranlassung der Verteilung nachweist.
Derartige Umstände liegen hier voraussichtlich vor. Es bestehen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern besteht, die der Verteilung der Antragstellerin an andere Orte als den der bestehenden Haushaltsgemeinschaft entgegenstehen. Die Antragstellerin lebt mit Herrn C. D., der nach ihrer unwidersprochenen Darstellung über eine Niederlassungserlaubnis verfügt, in einem gemeinsamen Haushalt in E., F., zusammen. In dieser Haushaltsgemeinschaft lebt darüber hinaus das zwischenzeitlich am 6. Januar 2013 geborene Kind der Antragstellerin. Diese hat zudem hinreichend glaubhaft gemacht, dass Vater dieses Kindes Herr C. D. ist. Der Antragsgegner selbst hat unter dem 21. November 2012 die Anerkennung der Vaterschaft durch Herrn D. zur Urkunden-Register-Nr. G. öffentlich beurkundet. Zutreffend weisen zwar das Verwaltungsgericht und der Antragsgegner darauf hin, dass die Anerkennung der Vaterschaft erst mit der formwirksamen Zustimmung der Kindesmutter wirksam wird (§§ 1595 Abs. 1, 1598 Abs. 1 BGB) und eine solche den Formerfordernissen des § 1597 Abs. 1 BGB genügende Zustimmung von der Antragstellerin bisher nicht erteilt worden ist. Die Antragstellerin hat aber ihre formwirksame Zustimmung avisiert und für den Senat glaubhaft einen Grund für die derzeit nicht mögliche formwirksame Erteilung der Zustimmung genannt. Sie verfügt weder über einen Pass noch ein Passersatzpapier, mittels dessen sich die Urkundsperson die nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BeurkG erforderliche Gewissheit über die Person der Antragstellerin verschaffen kann. Bei einer derartigen Sachlage vermag der Senat derzeit keine Anhaltspunkte zu erkennen, die durchgreifende Zweifel am tatsächlichen Bestehen der Vaterschaft des Herrn D. und damit verbunden der Haushaltsgemeinschaft zwischen Eltern und ihrem minderjährigen Kind begründen könnten. Da Herr D. aufgrund der ihm erteilten Niederlassungserlaubnis in der Wahl seines Wohnortes im Bundesgebiet frei ist, kann mithin eine Verteilung der Antragstellerin und des gemeinsamen minderjährigen Kindes regelmäßig nur an den von ihm gewählten Wohnort erfolgen. Diese Umstände hat die Antragstellerin auch vor Veranlassung der Verteilung im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG geltend gemacht, so dass ihnen bei der Verteilung Rechnung zu tragen ist und sie gleichsam die Anordnung einer Verpflichtung nach § 15a Abs. 2 Satz 2 AufenthG ausschließen.
Daher kann der Senat dahinstehen lassen, ob hier darüber hinaus noch sonstigen zwingenden Gründen im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG bei einer Verteilungsentscheidung Rechnung zu tragen wäre, was angesichts der Situation der Antragstellerin kurz vor bzw. nach der Entbindung und der offensichtlichen Beistands- und Unterstützungsleistungen durch Herrn D. indes nicht ohne Weiteres verneint werden könnte. [...]