Es ist rechtlich unzulässig, die Befristung des Wiedereinreiseverbots von der Zahlung der Abschiebungskosten abhängig zu machen, wenn die Abschiebung bereits fünf Jahre zurückliegt und der Betroffene nicht wegen einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde und von ihm keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht, da gem. § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG die Fünfjahresfrist nur bei den vorgenannten Gründen überschritten werden darf.
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Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist § 11 AufenthG, welches durch Gesetz vom 22. November 2011 geändert worden ist. Danach werden die Wirkungen einer Abschiebung auf Antrag befristet. § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG lautet:
"Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf 5 Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht."
Die Dauer der Befristung ist gerichtlich voll nachprüfbar, der Behörde kommt kein Ermessen zu. Sofern die Ausländerbehörde rechtsfehlerhaft keine Befristung ausgesprochen hat oder aber die von ihr verfügte Frist zu lang ist, hat das Gericht die Behörde deshalb zu verpflichten, die Wirkungen der Ausweisung auf einen konkreten, vom Gericht für geboten gehaltenen Zeitraum zu befristen (BVerwG, Urt. v. 14.02.2012 - 1 C 7.11 -).
Im vorliegenden Fall ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung abgeschoben worden ist oder von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Die finanziellen Forderungen der Ausländerbehörde führen jetzt im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedenfalls nicht mehr dazu, dass die Befristung der Wirkungen der Abschiebung abgelehnt werden darf. Allgemein wie auch hier gilt: Angesichts teils erheblicher Forderungssummen und der beschränkt finanziellen Verhältnisse der betroffenen Ausländer kann die Weigerung der Behörden, wegen der Kosten eine Befristung abzulehnen, im Ergebnis eine Ausdehnung zu einer Wiedereinreisesperre deutlich über 5 Jahre hinaus bewirken. Damit liefe der praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechtes und des deutschen Rechts zuwider. Allein wegen ausstehender Kosten darf die Befristung damit nicht verweigert werden (so auch Habbe für Jesuiten-Flüchtlingsdienst in einer Stellungnahme zur Gesetzesänderung in: Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Ausschuss-Drucksache 17 (4) 282 E Seite 9 f). Die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz (v. 27.07.2009, Bundesratsdrucksache 669/09), wonach die Befristung davon abhängig gemacht werden soll, dass die Abschiebungskosten erstattet werden, findet seit Änderung des Aufenthaltsgesetzes aufgrund der Richtlinie 2008/115/EG insoweit keine Anwendung mehr, wenn die Fünfjahresfrist verstrichen ist. Die im Aufenthaltsgesetz geregelte Höchstfrist von 5 Jahren ist eine Höchstgrenze, die nur überschritten werden darf, wenn der Ausländer verurteilt worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Ob die Verkürzung der Wiedereinreisefrist davon abhängig gemacht werden darf, dass der Ausländer die Abschiebungskosten zahlt, solange die Frist Ablauf von fünf Jahren noch nicht abgelaufen ist, mag auf sich beruhen, jedenfalls nach Ablauf von fünf Jahren wie hier können nur noch die im Gesetz genannten Gründe einer Wiedereinreise entgegengehalten werden. Da die Richtlinie 2008/115 EG und die geänderte Fassung des § 11 AufenthG keine Übergangsregelung enthalten, ist die vor Inkrafttreten der Änderung verstrichene Zeitdauer bei der Fünfjahresfrist anzurechnen (Haibronner, AuslR, Kommentar Stand Aug. 2012, § 11 AufenthG Rn. 69). Nach dem somit hier festzustellenden Zeitablauf von mehr als 10 Jahren seit der vollzogenen Abschiebung ist es damit im Ergebnis unverhältnismäßig, die Wiedereinreise wegen der Abschiebungskosten noch weiter hinauszuzögern. [...]