Versagung einer Niederlassungserlaubnis nach § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG wegen Teilnahme an mehreren Veranstaltungen mit konkretem Bezug zur PKK.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die vom Kläger geltend gemachten Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Rechtliche oder tatsächliche Umstände, aus denen sich eine hinreichende Möglichkeit ergibt, dass die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts unrichtig ist, hat der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht substantiiert aufgezeigt.
Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis deshalb unbegründet ist, weil der Erteilung dieses Aufenthaltstitels der zwingende Versagungsgrund nach § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG entgegensteht und die tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG für die Zulassung einer Ausnahme nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht hat beim Kläger aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung den Versagungsgrund des § 5 Abs. 4 in Verbindung mit § 54 Nr. 5 AufenthG bejaht, weil dieser an mehreren Veranstaltungen teilgenommen habe, die einen konkreten Bezug zur PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA GEL aufwiesen; bei diesen Organisationen handle es sich um Vereinigungen im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, die den Terrorismus unterstützten. Der Kläger, nach eigenen Angaben bis 1987 Mitglied der PKK, habe unter anderem an Veranstaltungen in Nürnberg am 20. April 2003, am 22. Januar 2005 und am 29. Januar 2005 sowie am NEWROZ-Fest am 21. März 2009 in Hannover teilgenommen. Die Veranstaltung am 20. April 2003 sei eine Versammlung der KADEK selbst gewesen, die wegen der Wahl eines Kandidaten für den "Volksrat" abgehalten worden sei. Bei der Veranstaltung am 22. Januar 2005 ("1. Kurdistan Kulturfestival") hätte R... K..., der damalige stellvertretende und nunmehrige Vorsitzende des KONGRA GEL als Redner auftreten sollen. R... K... sei jedoch auf dem Weg zu dieser Veranstaltung von der Polizei vorläufig festgenommen worden, was der Eröffnungsredner dieser Veranstaltung, ein KONGRA GEL-Aktivist, den Teilnehmern mitgeteilt habe, worauf die Menge enthusiastisch eine Zeitlang entsprechende Parolen skandiert habe. Eine Woche später, am 29. Januar 2005, habe der Kläger an einer Demonstration teilgenommen, die vor dem Hintergrund dieser Festnahme stattgefunden habe und bei der von den Teilnehmern Plakate mit dem Bild K... mitgeführt worden seien. Das NEWROZ-Fest am 21. März 2009 habe schließlich unter dem Motto "Freiheit für Öcalan und Frieden für Kurdistan" gestanden und habe damit ein völlig unangebrachtes Verständnis für den inhaftierten ehemaligen PKK-Führer gezeigt. Diese Veranstaltungen seien von der PKK bzw. deren Anhängern zu propagandistischen Zwecken benutzt worden, was der Kläger auch erkannt habe. Die Einlassungen des Klägers, er habe nicht als Mitglied der PKK, sondern als Kurde im Rahmen seiner Meinungsfreiheit an allen Demonstrationen bis heute teilgenommen, seien nicht überzeugend. Vielmehr sei eine kritische Distanz des Klägers zu seiner Teilnahme an diesen Veranstaltungen nicht erkennbar. Zwar fehle es an einem Unterstützen im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürworte – und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziere – und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertrete. Dienten solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertrete, sondern durch die – auch massenhafte – Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liege ein im Hinblick auf den Normzweck potentiell gefährliches Unterstützen im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränke (BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 27; vgl. auch B.v. 23.9.2011 – 1 B 19.11 u.a. – Rn. 8; VGH BW, U.v. 7.12.2011 – 11 S 897/11 – sowie v.16.5.2012 – 11 S 2328/11 – jeweils juris).
Demgegenüber wendet der Kläger ein, er habe glaubhaft dargelegt, an den Veranstaltungen am 20. April 2003, 22. Januar 2005, 29. Januar 2005 und 21. März 2009 als Kurde im Hinblick auf den Kurdistan-Konflikt teilgenommen und durch seine Teilnahme an diesen erlaubten Veranstaltungen sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen zu haben. Daher lägen keine Unterstützungshandlungen im Sinne der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2005 (Az. 1 C 26.03) vor. Bei der Veranstaltung am 22. Januar 2005 sei ihm der Auftritt des R... K... als Redner nicht bekannt gewesen, für die skandierende Menge sei er nicht verantwortlich.
Damit wird jedoch die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe durch seine Teilnahme an diesen Demonstrationen und Kundgebungen bei einer wertenden Gesamtbetrachtung bereits die erhöhte Gefahrenschwelle des § 54 Nr. 5 AufenthG überschritten und jenseits der Wahrnehmung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung diesen Ausweisungstatbestand verwirklicht, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt. Insbesondere wird dadurch die Grundannahme des Verwaltungsgerichts, dass allein wegen der Teilnahme des Klägers an den genannten PKK-nahen Veranstaltungen davon auszugehen sei, dass er die PKK unterstütze, weil diese Veranstaltungen in erkennbarer Weise Propagandacharakter gehabt und der Förderung und Stärkung der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisation gedient hätten, nicht erschüttert. Danach sind aber die Teilnahmen des Klägers bereits für sich genommen als selbständige Unterstützungshandlungen im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG zu qualifizieren, die zum Vorliegen dieses Ausweisungsgrundes führen. Insbesondere hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der Propagandagehalt dieser Veranstaltungen und deren Eignung, den ideologischen Zusammenhalt der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen im politischen Umfeld zu stärken, für ihn jeweils nicht erkennbar gewesen seien. Auch der Einwand des Klägers, er habe keine Kenntnis vom Auftritt des R... K... als Redner bei der Veranstaltung am 22. Januar 2005 gehabt, ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil der Kläger nach der nicht angegriffenen Feststellung des Erstgerichts an der Protestdemonstration gegen die Verhaftung dieses Redners eine Woche später teilgenommen hat. Nicht mit schlüssigen Gegenargumenten ist der Kläger auch der Annahme des Verwaltungsgerichts entgegengetreten, die Solidarisierung der letztgenannten Versammlung bzw. Veranstaltung mit der PKK sei angesichts der mitgeführten Plakate mit dem Bild R... K... offensichtlich und damit auch für den Kläger erkennbar gewesen. Ebenso wenig hat sich der Kläger mit der Annahme des Verwaltungsgerichts substantiiert auseinandergesetzt, eine kritische Distanz zu seiner Teilnahme an diesen Veranstaltungen sei vor diesem Hintergrund nicht erkennbar. Die bloße Wiederholung seines schon im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen und vom Verwaltungsgericht bereits mit überzeugenden Gründen gewürdigten Einwands, es habe sich um die Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen und Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gehandelt, reicht jedenfalls nicht.
Nach alledem durfte das Verwaltungsgericht aufgrund der Teilnahme des Klägers an den genannten PKK-nahen Veranstaltungen hinreichend belegbare Indiztatsachen für die Schlussfolgerung annehmen, dass die begründete Besorgnis bestehe, dass dieser weiterhin die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen unterstützen werde, indem er an Veranstaltungen teilnehmen werde, bei denen erkennbar auch Funktionäre dieser Vereinigung als Redner auftreten würden und die den beschriebenen Propagandacharakter aufwiesen.
Auf die vom Erstgericht weiter angeführte Indiztatsache, der Kläger habe auch als Gründungsmitglied des "Mesopotamischen Kulturverein e.V." Kontakt mit mehreren PKK-Anhängern, insbesondere auch mit dem überregional und international für die PKK tätigen Funktionär H... I..., gehabt, und die vom Kläger bestrittene Kenntnis von dieser Funktionärseigenschaft kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.
Ohne Rechtsfehler hat das Verwaltungsgericht auch die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 AufenthG verneint. Insoweit macht der Kläger geltend, er habe sich bereits bei seiner sicherheitsrechtlichen Befragung am 21. Januar 2010 glaubhaft und ernsthaft von der PKK und ihren Nachfolgeorganisationen distanziert, was im Übrigen auch der damaligen Einschätzung der Beklagten entsprochen habe. Auch diese Ausführungen und Einwendungen begründen jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Erstgerichts. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zwar festgestellt, dass die Veranstaltungen, an denen der Kläger teilgenommen hat, zum Teil schon längere Zeit zurückliegen. Gleichwohl ist das Verwaltungsgericht nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger, ein früheres PKK-Mitglied, seine innere Einstellung glaubhaft verändert hat und die Unterstützung dieser terroristischen Vereinigung durch seine Teilnahme an künftigen derartigen Propagandaveranstaltungen unterlassen wird. Auch das gleichzeitige Bestreiten bzw. Herunterspielen seiner Aktivitäten im Zusammenhang mit Veranstaltungen der PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen im Rahmen seiner Zulassungsbegründung spricht eher gegen als für eine glaubhafte und ernsthafte Distanzierung des Klägers. Sonstige Anhaltspunkte für eine glaubhafte Distanzierung (vgl. BVerwG, U.v. 26.10.2010 – 1 C 19.09 – juris Rn. 31 sowie B.v. 8.10.2012 – 1 B 18.12 – juris Rn. 6) des Klägers hat dieser weder im Zulassungsverfahren geltend gemacht, noch sind feststellbare Umstände, aus denen eine Veränderung der inneren Einstellung des Klägers und eine Unterlassung künftiger Unterstützungshandlungen geschlossen werden könnte, für den Senat hier sonst ersichtlich. [...]