Eine Vernehmung von Angehörigen eines anderen Staates in dessen Staatsgebiet durch deutsche Konsularbeamte ist grundsätzlich nur zulässig, soweit eine entsprechende völkerrechtliche Vereinbarung vorliegt. Art. 18 EU-Grundrechtecharta, Art. 4 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG und Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2005/85/EG führen zu keinem anderen Ergebnis. EU-Sekundärrecht ist unter Beachtung des allgemeinen Völkerrechts auszulegen.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Die Ablehnung dieses weiteren Hilfsbeweisantrags ist jedoch mit der Begründung, dass die Vernehmung "rechtlich unmöglich ist", zu Recht erfolgt. Eine Vernehmung von Angehörigen eines anderen Staates in dessen Staatsgebiet durch deutsche Konsularbeamte ist völkerrechtlich grundsätzlich nur zulässig, soweit eine entsprechende völkerrechtliche Vereinbarung vorliegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Mai 1983 - 10466.81 –, NJW 1984, 574 = juris, Rn. 5, und vom 29. Mai 1984 – 9 B 2217.82 –, juris, Rn. 3).
Die Grundsätze der Gebietshoheit und der Staatensouveränität, die Teil des allgemeinen Völkergewohnheitsrechts sind, verbieten einem Staat, mittels entsendeter Mitarbeiter ohne Zustimmung des Gaststaates dessen Staatsangehörige in dessen Hoheitsgebiet zu vernehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 1983 - 10466.81 -, a.a.O., Rn. 5 m.w.N.; s. auch zur Hoheit über den Luftraum EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, C-366/10, IATA, NVwZ 2012, 226 = juris, Rn. 103 f.). Da das Bestehen einer solchen Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Islamischen Republik Afghanistan weder vorgetragen noch ersichtlich ist, darf die Deutsche Botschaft in Kabul afghanische Staatsangehörige grundsätzlich nicht vernehmen (vgl. Kulturbuch-Verlag GmbH: Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 19. Oktober 1956, 37. Ergänzungslieferung November 2012, "Afghanistan").
Schon aus diesem Grund weicht das angefochtene Urteil nicht (im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) von dem zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 1984 ab. Im Übrigen liegt diesbezüglich auch kein für eine solche Divergenz erforderlicher abweichender abstrakter Rechtssatz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2011 – 10 B 2.12 –, juris) vor. [...]