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EGMR

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Zitieren als:
EGMR, Urteil vom 06.06.2013 - 2283/12, Mohammed gg. Österr. (= ASYLMAGAZIN 10/2013, S. 342-344) - asyl.net: M20816
https://www.asyl.net/rsdb/M20816
Leitsatz:

1. Verletzung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art.?13 EMRK) gegen eine »Dublin?Überstellung« von Österreich nach Ungarn: Das österreichische Recht bot zum maßgeblichen Zeitpunkt keinen Schutz gegen die zwangsweise Überstellung und keine Garantie für eine sinnvolle materielle Prüfung, obwohl der Beschwerdeführer eine »vertretbare Beschwerde« (»arguable complaint«) vorbrachte, wonach ihm in Ungarn eine Behandlung drohe, die eine Verletzung von Art.?3 EMRK darstellen würde.

2. Die Überstellung des Beschwerdeführers nach Ungarn würde zum Zeitpunkt der Entscheidung keine Verletzung von Art.?3 EMRK darstellen. Zwar gab es in den Jahren 2011 und 2012 alarmierende Berichte über Ungarn als Asylland und insbesondere zur Situation überstellter Personen. In seiner jüngsten Mitteilung weist UNHCR aber auf Änderungen hin, die im ungarischen Recht und in der Praxis geplant sind oder bereits durchgeführt wurden. Demnach haben überstellte Personen nun anscheinend einen hinreichenden Zugang zum Asylverfahren in Ungarn.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, Österreich, Ungarn, Rechtsweggarantie, effektiver Rechtsschutz, Suspensiveffekt, erniedrigende Behandlung, unmenschliche Behandlung, Haftbedingungen
Normen: EMRK Art. 13, EMRK Art. 3, VO 343/2003 Art. 3 Abs. 2, VO 343/2003 Art. 20
Auszüge:

Zum Download: Auszugsweise inoffizielle Übersetzung des Informationsverbunds Asyl und Migration

Auszüge aus der inoffiziellen Übersetzung:

?[…] 1. Behauptete Verletzung von Artikel?13 der Konvention

(i) Allgemeine Prinzipien

69. Der Gerichtshof hat bei zahlreichen Gelegenheiten festgestellt, dass Artikel?13 der Konvention die Verfügbarkeit eines Rechtsbehelfs auf nationaler Ebene garantiert, mit dem der Kern der Rechte und Freiheiten, die sich aus der Konvention ergeben, durchzusetzen sind, unabhängig davon, wie sie in der nationalen Rechtsordnung sichergestellt werden. Die Wirkung des Artikels?13 besteht daher darin, dass die Verfügbarkeit eines nationalen Rechtsbehelfs gefordert wird, um sich mit der Materie einer ›vertretbaren Beschwerde‹ [›arguable complaint‹] gemäß der Konvention auseinanderzusetzen und angemessene Abhilfe zu gewähren. Die Bandbreite der Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus Artikel?13 variiert in Abhängigkeit von der Art der Klage des Beschwerdeführers; der Rechtsbehelf, der den Anforderungen des Artikels 13 entspricht, muss aber rechtlich und tatsächlich ›wirksam‹ sein (siehe Kud?a gg. Polen [Große Kammer], Nr.?30210/96, Rn.?157, ECHR 2000-XI; M.?S.?S. gg. Belgien und Griechenland [Große Kammer], Nr.?30696/09, Rn.?288, ECHR 2011; und I.?M. gg. Frankreich, Nr.?9152/09, Rn.?128, 2. Februar 2012).

70. Der Gerichtshof hat darüber hinaus präzisiert, dass die ›Wirksamkeit‹ einer ›Beschwerde‹ im Sinne von Artikel?13 nicht davon abhängt, dass sie mit Sicherheit zu einem für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis führt. Auch muss es sich bei der in der Vorschrift genannten ›Instanz‹ nicht notwendigerweise um eine gerichtliche Instanz handeln; wenn sie aber keine solche ist, sind die Kompetenzen und die Sicherheiten, die sie gewährt, maßgeblich für die Feststellung, ob ein Rechtsbehelf vor dieser Instanz wirksam ist. Wenn außerdem ein einzelner Rechtsbehelf für sich genommen den Anforderungen des Artikels?13 nicht genügt, können diese durch das Zusammenwirken von Rechtsbehelfen, die das nationale Recht bereithält, erfüllt werden (siehe Gebremedhin [Gaberamadhien] gg. Frankreich, Nr.?25389/05, Rn.?53, ECHR 2007-V […]; M.?S.?S. gg. Belgien und Griechenland, a.?a.?O., Rn.?289; und I.?M. gg. Frankreich, a.?a.?O., Rn.?129).

71. Wie oben ausgeführt muss der Rechtsbehelf, der den Anforderungen des Artikels?13 entspricht, tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehen, um wirksam zu sein. Insbesondere setzt dies eine Verfügbarkeit in dem Sinne voraus, dass die Inanspruchnahme nicht ohne Rechtfertigung durch Tun oder Unterlassen der Behörden des beklagten Staates verhindert wird (siehe Çak?c? gg. Türkei [Große Kammer], Nr.?23657/94, Rn.?112, ECHR 1999-IV). […]

72. Mit Blick auf die Bedeutung, die der Gerichtshof Artikel?3 der Konvention und der irreversiblen Art des Schadens zumisst, der aus der Verwirklichung einer Gefahr von Folter oder Misshandlung entstehen kann, erfordert ein Rechtsbehelf im Sinne von Artikel?13 schließlich zwingend eine eingehende Untersuchung durch die nationale Instanz (siehe Shamayev u.?a. gg. Georgien und Russland, Nr.?36378/02, Rn.?448, ECHR 2005-III), eine unabhängige und gründliche Untersuchung eines jeden Vortrags, dem zufolge es ernstzunehmende Anhaltspunkte für die Furcht gibt, einer tatsächlichen Gefahr einer Behandlung, die Artikel?3 zuwiderläuft, ausgesetzt zu werden (siehe Jabari, a.?a.?O., Rn.?50), und eine besonders schnelle Reaktion (siehe Bat? u.?a. gg. Türkei, Nr.?33097/96 und 57834/00, Rn.?136, ECHR 2004-IV (Auszüge)). Er erfordert außerdem, dass die betroffene Person Zugang zu einem Rechtsbehelf mit automatischer aufschiebender Wirkung haben sollte (siehe ?onka gg. Belgien, Nr.?51564/99, Rn.?81–83, ECHR 2002-I; Gebremedhin [Gaberamadhien], a.?a.?O., Rn.?66; M.?S.?S. gg. Belgien und Griechenland, a.?a.?O., Rn.?290–293; und I.?M. gegen Frankreich, a.?a.?O., Rn.?132–134).

(ii) Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall

73. Im vorliegenden Fall geht es bei der Frage nach einem wirksamen Rechtsbehelf um einen Rechtsbehelf, mit dem die Ausführung der Überstellungsanordnung vom Januar?2011 hätte ausgesetzt werden können, während die Angaben des Beschwerdeführers, die er nach seiner Festnahme im Dezember?2011 machte und denen zufolge seine zwangsweise Überstellung nach Ungarn seine Rechte aus Artikel?3 der Konvention verletzen würde, materiell geprüft worden wären. […]

78. Mit Blick auf die vertretbaren Beschwerden des Beschwerdeführers zu Artikel?3 der Konvention, die sich auf die zwangsweise Überstellung nach Ungarn bezogen, und mit Blick auf den fehlenden de-facto-Schutz vor einer solchen Überstellung im Rahmen des Asylfolgeverfahrens, muss das Vorbringen der Regierung zurückgewiesen werden, wonach es der Beschwerdeführer versäumt habe, die nationalen Rechtsbehelfe auszuschöpfen, weil dieses Verfahren in der ersten [behördlichen] Instanz noch anhängig gewesen sei (siehe unter anderem Sultani gg. Frankreich, Nr.?45223/05, Rn.?50, ECHR 2007-IV (Auszüge)). Es bleibt daher zu prüfen, ob der Asylfolgeantrag angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass er bei einer zwangsweisen Überstellung nach Ungarn einer Behandlung ausgesetzt sein würde, die Artikel?3 zuwiderläuft, als wirksamer Rechtsbehelf gemäß Artikel?13 der Konvention angesehen werden kann.

79. Der Gerichtshof hat bei früheren Gelegenheiten festgestellt, das die in einer Reihe europäischer Länder praktizierten beschleunigten Asylverfahren es diesen Ländern erleichtern, mit Asylanträgen umzugehen, die eindeutig unangemessener Natur sind oder die offensichtlich unbegründet sind. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof auch festgestellt, dass in einem Fall, in dem ein Asylantragsteller Zugang zu einer substanziellen Prüfung seines Asylbegehrens in der ersten Instanz hatte, die erneute Prüfung in einem beschleunigten Verfahren für sich genommen noch nicht bedeutet, dass ihm eine gründliche Prüfung seines Vorbringens in Hinblick auf Artikel?3 der Konvention vorenthalten würde (siehe in entsprechender Anwendung Sultani, a.?a.?O., Rn.?64–65, und I.?M. gg. Frankreich, a.?a.?O., Rn.?142).

80. Der Gerichtshof erkennt das Interesse der Mitgliedstaaten der EU an, die Belastung durch die Zahl der bei ihnen eingehenden Asylanträge zu vermindern und insbesondere einen Weg zu finden, um mit wiederholten und eindeutig missbräuchlichen oder offensichtlich unbegründeten Asylanträgen umzugehen. Andererseits hat der Gerichtshof unmissverständlich festgestellt, dass ein Antragsteller, der einen vertretbaren Anspruch gemäß Artikel?3 der Konvention vorbringt, Zugang zu einem Rechtsbehelf mit automatischer aufschiebender Wirkung haben sollte, d.?h. eine Aussetzung einer möglichen Abschiebung. Der Gerichtshof nimmt zur Kenntnis, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall im Rahmen seines ersten Asylverfahrens, das im Januar 2011 endete, Zugang zu einem Asylverfahren hatte, welches eine Prüfung in der Sache unter Berücksichtigung der Dublin?Verordnung ermöglichte. In diesem ersten Asylverfahren wäre die Situation in Ungarn als Aufnahmeland materiell geprüft worden. Im Fall des Beschwerdeführers verging allerdings ein Jahr, bis der Vollzug der Überstellungsanordnung anberaumt wurde, und der Beschwerdeführer stellte einen Folgeantrag. Angesichts der zum maßgeblichen Zeitpunkt bekannt gewordenen Informationen zur Situation von Asylsuchenden in Ungarn und der Praxis des Asylgerichtshofs selbst kann der Folgeantrag folglich nicht nach dem ersten Anschein [prima facie] als missbräuchlich wiederholend oder vollständig offensichtlich unbegründet angesehen werden. Vielmehr stellt der Gerichtshof im Folgenden fest, dass der Beschwerdeführer – zum damaligen Zeitpunkt – einen vertretbaren Anspruch vorgebracht hat, soweit es seine Beschwerden betrifft, die sich gegen Ungarn als Aufnahmeland richteten.

81. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls, insbesondere unter Berücksichtigung der Zeitspanne, die zwischen der Überstellungsanordnung und ihrem Vollzug verging, und unter Berücksichtigung der Änderung der Umstände, die in diesem Zeitraum offenkundig wurde, hat das Gesetz in der Form, in der es auf den Beschwerdeführer angewendet wurde – indem es keinen Schutz gegen die zwangsweise Überstellung bot und ihm entsprechend eine sinnvolle materielle Prüfung sowohl der veränderten Situation als auch seines vertretbaren Anspruchs gemäß Artikel?3 in Hinblick auf die Situation von Asylsuchenden in Ungarn vorenthielt –, dem Beschwerdeführer den Zugang zu einem wirksamen Rechtsbehelf gegen den Vollzug der Anordnung seiner zwangsweisen Überstellung verwehrt. […]

2. Behauptete Verletzung von Artikel 3 der Konvention

[…] Allgemeine Prinzipien

[…] 93. Im besonderen Zusammenhang der Anwendung der Dublin?Verordnung hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass auch im Fall einer mittelbaren Rückführung – also der Rückführung in einen weiteren Staat, der ebenfalls Vertragsstaat der Konvention ist – die Verantwortung des überstellenden Staates erhalten bleibt. Dieser Staat muss im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs dafür sorgen, dass keine Überstellung einer Person erfolgt, wenn ernstzunehmende Gründe für die Annahme vorgebracht wurden, dass die betroffene Person im Fall einer Überstellung der tatsächlichen Gefahr unterliegen würde, im Zielstaat einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die Artikel 3 zuwiderliefe. Mit Blick auf die Kooperation von Staaten in Bereichen, in denen es Auswirkungen auf den Schutz von Grundrechten geben könnte, hat der Gerichtshof überdies wiederholt festgestellt, dass es mit Inhalt und Zweck der Konvention nicht vereinbar wäre, wenn sich die Staaten in diesen Bereichen von allen aus der Konvention herzuleitenden Verpflichtungen lossagen könnten (siehe, stellvertretend für andere Quellen, Waite und Kennedy gg. Deutschland [Große Kammer], Nr.?26083/94, Rn.?67, ECHR 1999-I). Daher müssen die Staaten bei der Anwendung der Dublin?Verordnung sicherstellen, dass das Asylverfahren in dem weiteren Staat ausreichende Garantien bietet, mit denen verhindert wird, dass ein Asylsuchender auf mittelbare oder unmittelbare Weise in sein Herkunftsland abgeschoben wird, ohne dass zuvor die Gefahren geprüft wurden, denen er unter dem Gesichtspunkt des Artikels 3 der Konvention unterliegt (siehe T.?I. gg. Vereinigtes Königreich (dec.), Nr.?43844/98, ECHR 2000-III und K.?R.?S. gg. Vereinigtes Königreich (dec.), Nr.?32733/08, 2. Dezember 2008, beide zusammengefasst in M.?S.?S. gg. Belgien und Griechenland, a.?a.?O., Rn.?342?ff.).

94. Die Bewertung, ob ernstzunehmende Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Beschwerdeführer einer tatsächlichen Gefahr ausgesetzt wäre, erfordert zwangsläufig, dass der Gerichtshof die Bedingungen im Zielstaat vor dem Hintergrund der Standards von Artikel 3 der Konvention begutachtet (siehe Mamatkulov und Askarov gg. Türkei [Große Kammer], Nr.?46827/99 und Nr.?46951/99, Rn.?67, ECHR 2005-I). Diese Standards sind so auszulegen, dass die Misshandlungen, denen der Beschwerdeführer nach seinen Angaben im Fall seiner Rückführung ausgesetzt wäre, ein Mindestmaß an Schwere erreichen müssen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 zu fallen. […]

(ii) Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall

97. Der Gerichtshof nimmt die unterschiedlichen Berichte über Ungarn als Asylland zur Kenntnis, die entweder von den Parteien in ihren Anträgen bzw. im nationalen Verfahren zitiert wurden oder die er auf eigene Initiative herangezogen hat.

98. Er erkennt an, dass in diesen Berichten drei wesentliche Problembereiche benannt werden, die sich auf Folgendes beziehen:

(i) Lang andauernde Verwaltungshaft von Asylsuchenden und die Bedingungen, unter denen sie inhaftiert sind,

(ii) die Behandlung von anhängigen Asylanträgen, die auf überstellte Personen bezogen sind oder von ihnen gestellt wurden, und die fehlende aufschiebende Wirkung dieser Anträge sowie

(iii) die Gefahr des Refoulements nach Serbien.

99. UNHCR widmete einen großen Teil seines Berichts aus dem April 2012 [Ungarn als Asylland, ecoi.net, ID?214827] den Haftbedingungen für Asylsuchende in Ungarn. Mit besonderer Besorgnis nimmt der Gerichtshof zur Kenntnis, dass berichtet wird über konkrete hygienische Mängel in der Einrichtung in Debrecen, über die offenbar systematisch erfolgende Behandlung inhaftierter Asylsuchender mit Beruhigungsmitteln, aus der sich eine Abhängigkeit entwickeln kann, über gewaltsame Übergriffe durch Wachleute und über die Praxis, Asylsuchende in Handschellen und in Fesseln zu Anhörungen bei Gerichten oder Behörden zu bringen. […]

100. Bezüglich der Asylverfahren in Ungarn nimmt der Gerichtshof insbesondere zur Kenntnis, dass Asylsuchende, die gemäß der Dublin-Verordnung nach Ungarn überstellt wurden, bei Rückkehr in Ungarn einen neuen Asylantrag stellen mussten und dass dieser neuerliche Antrag wie ein Folgeantrag ohne aufschiebende Wirkung behandelt wurde. In Verbindung mit dem offenbar automatisch geübten Vorgehen, dass bei Einreise eine Abschiebungsanordnung ausgehändigt wurde, führte dies zu einer tatsächlichen Gefahr des Refoulements, ohne dass die überstellte Person einen wirksamen Zugang zu einer materiellen Prüfung ihres zugrundeliegenden Asylantrags gehabt hätte. […]

102. In Anbetracht des Vorstehenden erkennt der Gerichtshof an, dass die in den Jahren 2011 und 2012 veröffentlichten Berichte zu Ungarn als Asylland von alarmierender Art waren, insbesondere in Bezug auf überstellte Personen. […]

105. Trotz alledem stellt der Gerichtshof fest, dass UNHCR niemals ein Positionspapier herausgegeben hat, in dem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgefordert worden wären, von Überstellungen Asylsuchender nach Ungarn gemäß der Dublin-Verordnung abzusehen (vergleiche die Situation Griechenlands wie sie in M.?S.?S. gg. Belgien und Griechenland diskutiert wurde, a.?a.?O., Rn.?195). Darüber hinaus wiederholt er, dass der Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Gerichtshof der Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage ist, ob der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Ungarn der tatsächlichen Gefahr einer Behandlung, die Artikel 3 zuwiderläuft, ausgesetzt wäre. Dies berücksichtigend verweist der Gerichtshof auf die aktuellste Mitteilung, die von UNHCR herausgegeben wurde, in der UNHCR die von der ungarischen Regierung geplanten Gesetzesänderungen zustimmend zur Kenntnis nimmt und insbesondere auf den Umstand hinweist, dass überstellte Personen, die nach ihrer Ankunft in Ungarn unverzüglich Asyl beantragen, nicht mehr inhaftiert werden sollen. Darüber hinaus wies UNHCR auch darauf hin, dass die ungarischen Behörden Berichten zufolge planten, zusätzliche rechtliche Garantien bezüglich der Haft einzuführen und den ungehinderten Zugang zu grundlegenden Einrichtungen sicherzustellen. Schließlich merkte UNHCR an, dass die Zahl inhaftierter Asylsuchender seit dem Jahr 2012 signifikant zurückgegangen sei […].

106. Unter diesen Umständen kommt der Gerichtshof in Hinblick auf die mögliche Inhaftierung des Beschwerdeführers und seines damit zusammenhängenden Vorbringens zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung des jüngsten Berichts von UNHCR nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliegen würde, bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-Verordnung einer Behandlung ausgesetzt zu sein, die Artikel 3 der Konvention verletzt. […]