VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Urteil vom 24.04.2013 - 5 BV 11.3036 - asyl.net: M20855
https://www.asyl.net/rsdb/M20855
Leitsatz:

Einer Einbürgerung steht der Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG entgegen, wenn früher für die islamistische Organisation Tablighi Jamaat (TJ) missioniert wurde und sich eine Abwendung lediglich durch langjähriges Sich-Fernhalten von der Organisation manifestiert, ohne dass ein Wandel der inneren Einstellung feststellbar ist.

Schlagwörter: Tablighi Jamaat, Einbürgerung, Verfassungsfeindliche Bestrebungen, tatsäcliche Anhaltspunkte, freiheitliche demokratische Grundordnung, missionieren, Missionierungsbemühungen, Abwendung, Unterstützung, Unterstützungshandlung,
Normen: StAG § 11 S. 1 Nr. 1,
Auszüge:

[...]

1. Der Kläger hat trotz seines langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland keinen Anspruch auf Einbürgerung.

Die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf Einbürgerung richtet sich nach der Rechtslage im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, auch wenn der Kläger seinen Einbürgerungsantrag im Dezember 2009 gestellt hat. Wird mit der Verpflichtungsklage der Erlass eines Verwaltungsakts begehrt, darf die Behörde zu dessen Erlass nur verpflichtet werden, wenn sie dazu nach der geltenden Rechtslage verpflichtet bzw. befugt ist. Ändern sich die maßgeblichen Rechtsvorschriften, ist die neue Rechtslage vorbehaltlich abweichender Übergangsregelungen auch dann zu berücksichtigen, wenn sie dem Kläger nachteilig ist (BVerwG, U.v. 20.10.2005 – 5 C 8.05, DVBl. 2006, 919 920>; B.v. 19.8.1996 – 1 B 82.95, InfAuslR 1996, 399 m.w.N.; BayVGH, U.v. 17.2.2005 – 5 BV 04.1225, NVwZ-RR 2005, 856 857>; U.v. 14.4.2005 – 5 BV 03.3089, Juris).

Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - die Bestimmung entspricht im wesentlichen wortgleich dem mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl I S. 1618) am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen § 86 Nr. 2 AuslG, der zum 1. Januar 2005 in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG übernommen worden war - ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (vgl. § 4 Abs. 2 BVerfSchG), den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 14/533 S. 18 f.) schließt die Vorschrift "den Einbürgerungsanspruch aus, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine Sicherheitsgefährdung durch den Einbürgerungsbewerber vorliegen. Dabei geht es in der ersten Alternative um verfassungsfeindliche Bestrebungen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG), in der zweiten Alternative um den Ausländerextremismus (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BVerfSchG)." Dadurch soll die Einbürgerung etwa von PKK-Aktivisten (dazu BayVGH, U.v. 27.5.2003 – 5 B 01.1805, Juris) oder radikalen Islamisten (vgl. VGH BW, U.v. 16.5.2001 – 13 S 916/00, NVwZ 2001, 1434) auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können.

Bei den in der Vorschrift zusammengefassten Sicherheitsbedenken handelt es sich um eine Vorverlagerung des Verfassungsschutzes, die auch Handlungen und Tatbestände erfasst, die strafrechtlich noch nicht relevant sind und keine fassbare Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland mit sich bringen. Deshalb greift die Vorschrift nicht erst dann, wenn die Sicherheitsbedenken tatsächlich vorliegen. Erforderlich und hinreichend sind vielmehr "tatsächliche Anhaltspunkte" hierfür. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass von der Vorschrift erfasste Aktivitäten in aller Regel nicht in aller Öffentlichkeit und transparent entfaltet werden (vgl. Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Rn. 65 f.). Der herabgestufte Maßstab der "tatsächlichen Anhaltspunkte" bezieht sich vor diesem Hintergrund nach Sinn und Zweck der Vorschrift dann, wenn die Sicherheitsbedenken aus der Zugehörigkeit zu einer Organisation hergeleitet werden, notwendigerweise auch auf diese (BVerwG, U.v. 2.12.2009 – 5 C 24/08 – BVerwGE 135, 302/306). Denn die für den Gesetzgeber maßgeblichen Nachweisschwierigkeiten und Risikoabwägungen betreffen die Frage, ob eine Organisation Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verfolgt oder unterstützt, in gleicher Weise wie die Frage nach dem Umfang der Tätigkeit des Einbürgerungsbewerbers in der Organisation. Die strengeren Anforderungen bei dem Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG (vgl. dazu BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13/10 – BVerwGE 141, 100) sind auf das Staatsangehörigkeitsrecht nicht zu übertragen (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 7.6.2012 – OVG 5 B 5.10 – juris Rn. 36; vgl. auch BayVGH, U.v.22.2.2010 – 19 B 09.929 – juris Rn. 98).

a) Tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigen die Annahme, dass die islamistische Organisation Tablighi Jamaat (TJ) Bestrebungen verfolgt, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind. Der Senat hält an seinen diesbezüglichen Feststellungen im Urteil vom 5. März 2008 (5 B 05.1449 – juris Rn. 26 bis 45) fest. Dass sich die TJ selbst nicht als politische Vereinigung, sondern als islamisch religiöse Gemeinschaft versteht, ändert nichts daran, dass sie jedenfalls als Teil ihres religiösen Selbstverständnisses auch weitergehende politische, verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Dagegen hat der Kläger keine substanziierten Einwendungen vorgebracht, denn die angeführten grundrechtlichen Freiheiten des Glaubens, Gewissens sowie religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses stehen diesen Feststellungen nicht entgegen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 2.12.2009 – 5 C 24/08 – BVerwGE 135, 302/306 f. m.w.N.) Ausweislich der Verfassungsschutzberichte des Bundesministers des Innern 2011 und des Bayerischen Staatsministeriums des Innern 2012 sind neuere Entwicklungen, die diese Feststellungen des Senats in Zweifel ziehen könnten, nicht ersichtlich. Er befindet sich damit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (a.a.O. juris Rn. 22 bis 35).

b) Es liegen zudem tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen der TJ unterstützt hat.

Ein Einbürgerungsbewerber "verfolgt" sicherheitsrelevante Bestrebungen, wenn er diese durch eigene Handlungen aktiv in Kenntnis der Tatsachen vorantreibt. Solche Handlungen liegen etwa in der aktiven und betätigten Mitgliedschaft in einer Organisation, die Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt, namentlich an herausgehobener Stelle (Führungsposition), die eigene Durchführung von Handlungen, welche die in der gesetzlichen Vorschrift genannten Ziele verfolgen, oder die maßgebliche, mitentscheidende oder – gestaltende Planung, Organisation oder Anleitung solcher Aktivitäten durch Dritte. Erforderlich, aber auch hinreichend ist, dass die eigenen Handlungen objektiv geeignet sind, die verfassungsfeindlichen Bestrebungen voranzutreiben. Nicht erforderlich ist eine kämpferisch aktive Haltung i.S.d. Art. 18 GG (Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rn. 94.1 und 95).

Als "Unterstützung" ist (bereits) jede eigene Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG objektiv vorteilhaft ist; dazu zählen etwa die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele (BayVGH, U. v. 27.5.2003 – 5 B 01.1805, juris; B.v. 13.10.2005 – 5 ZB 04.1781, juris; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rn. 96). Dass der Einbürgerungsbewerber sicherheitsrelevante Bestrebungen in diesem Sinne unterstützt, muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht ("… wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass …"). Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (BT-Drs. 14/533 S. 18 f.). Dazu bedarf es einer wertenden Betrachtungsweise, bei der auch die Ausländern zustehenden Grundrechte (Art. 4, 5 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind; andererseits können grundsätzlich auch legale Betätigungen herangezogen werden (VGH BW U. v. 11.7.2002 - Az. 13 S 1111/01, juris; BayVGH, U. v. 27.5.2003 – 5 B 01.1805, juris). Mit § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht mithin vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (BayVGH, U. v. 27.5.2003 – 5 B 01.1805, juris; B. v. 13.7.2005 – 5 ZB 05.901, juris).

Gemessen an diesem Maßstab ist aufgrund der eigenen Einlassungen des Klägers im Verfahren um die Ermessenseinbürgerung die Annahme gerechtfertigt, dass er die TJ unterstützt hat. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2008 zu den ersten gehört hat, die für die TJ in Erlangen aktiv geworden sind. In der Anhörung am 22. März 2005 hat er des weiteren eingeräumt, 1997 eine 40-tägige Missionsreise mit der TJ gemacht zu haben. Im Rahmen der Dschaula sei er für die TJ aktiv unterwegs gewesen, indem er von Moschee zu Moschee gegangen sei und mit den Moscheebesuchern über den islamischen Glauben aus Sicht der TJ gesprochen habe. Wenn die Missionierungsbemühungen der TJ im Wesentlichen darauf gerichtet sind, andere Muslime auf den für richtig gehaltenen Weg zurückzubringen, können diese nicht dadurch in Abrede gestellt werden, dass der Kläger ausführt, für ihn sei Missionierung die Überzeugung Andersgläubiger. Nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2008 hat der Kläger eine Zeitlang jeden Monat ein Wochenende mit derartigen Gebets- bzw. Missionsreisen verbracht, wie es von der TJ gefordert wird. Er hat mehrere Male an einer Maschura teilgenommen, u.a. 2002/2003 in Frankfurt. Bei diesen Gelegenheiten wird die Arbeit in einzelnen Moscheen bewertet und versucht, Leute aus TJ-Moscheen mit reger Arbeit abzuziehen und sie "schwächeren" Moscheen zuzuführen. Des weiteren werden Einsätze koordiniert und organisiert sowie Gruppengründungen beraten. Auch solche koordinierenden Tätigkeiten stellen Unterstützungshandlungen dar. Nach alldem kann keine Rede davon sein, dass der individuelle Glaube des Klägers ohne Gruppenbezug geblieben sei. Vielmehr konnte sich die TJ damals auf den Kläger verlassen, andernfalls wäre er wohl nicht in die sog. Bruderliste aufgenommen worden.

c) Der Kläger hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er sich von der früheren Unterstützung der Bestrebungen der TJ abgewandt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 20.3.2012 – 5 C 1/11 – BVerwGE 142, 132/Rn. 47) werden an das Sich-Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG keine strengeren Beweisanforderungen als an den Ausschlussgrund selbst gestellt. Denn die Glaubhaftmachung bezeichnet ein herabgesetztes Beweismaß. Hinsichtlich der an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen sind Art, Gewicht, Dauer, Häufigkeit und Zeitpunkt des einbürgerungsschädlichen Verhaltens zu beachten. Die Anforderungen sind in der Regel umso höher, je stärker das Gewicht des einbürgerungsschädlichen Verhaltens ist und je näher dieses Verhalten zeitlich an die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag heranreicht. Es ist eine Gesamtschau der für und gegen eine Abwendung sprechenden Faktoren vorzunehmen. Allein der Umstand, dass die Unterstützungshandlungen schon mehrere Jahre zurückliegen, genügt nicht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer seine innere Einstellung verändert hat und daher künftig eine Verfolgung oder Unterstützung von sicherheitsgefährdenden Bestrebungen durch ihn auszuschließen ist. Der Ausländer muss in jedem Fall einräumen oder zumindest nicht bestreiten, in der Vergangenheit eine Bestrebung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt zu haben. Er muss aber nicht seine in der Vergangenheit liegenden Handlungen bedauern, als falsch bzw. irrig verurteilen oder ihnen abschwören (vgl. Berlit a.a.O. Rn. 152 und 158; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 Rn. 17 ff. jeweils m.w.N.).

Entgegen der Auffassung des Vertreters des öffentlichen Interesses in der mündlichen Verhandlung ist eine Abwendung nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil diese im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Juli 2008 verneint worden ist und seither keine neuen Umstände zutage getreten sind. Denn der persönliche Umfang der Rechtskraft beschränkt sich auf die Hauptbeteiligten des damaligen Prozesses (§ 121 Nr. 1 VwGO); gegenüber der damals nicht prozessbeteiligten Beklagten kann sich der Kläger ohne Einschränkung darauf berufen, sich von der Unterstützung der TJ abgewandt zu haben. Dem diesbezüglichen Sachvortrag des Klägers kann indes in der Sache nicht gefolgt werden. Er hat die ursprünglich eingeräumte Unterstützung der TJ mit zunehmendem Zeitablauf in ihren Dimensionen kleinreden wollen und schließlich nur noch von einem zweijährigen Mitläufertum gesprochen. Auch für die Verdrängung des Umfangs der Unterstützung gilt indes, dass es ohne zugestandene Hinwendung schon an einem Bezugspunkt für die Abwendung fehlt. Ein individueller Lernprozess ist hier auch deshalb nicht feststellbar, weil dem Kläger nicht bewusst geworden ist, weshalb die TJ vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Über die in der Konsequenz der islamistischen Bestrebungen der TJ liegende Vorstellung eines anzustrebenden Gemeinwesens hat sich der Kläger kaum Gedanken gemacht. Vor diesem Hintergrund besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Unterstützung sicherheitsrelevanter Bestrebungen durch den Kläger zukünftig – auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition – auszuschließen ist. Erfordert die Abwendung von sicherheitsrelevanten Bestrebungen mehr als deren bloß äußeres – zeitweiliges oder situationsbedingtes – Unterlassen, kann der Verweis des Bevollmächtigten darauf, dass sich der Kläger gehorsam ferngehalten habe, nicht überzeugen. Denn die Abwendung verweist auf einen – schwer überprüf- oder nachweisbaren – inneren Vorgang, der nachzuvollziehen sein muss. Bloßer Gehorsam lässt es nicht einleuchtend erscheinen, dass die Gründe für die frühere Unterstützung der TJ nachhaltig entfallen sind. Äußerliche Zeichen einer Abwendung lassen sich nicht feststellen, weil der Kläger diese gegenüber den TJ-Anhängern stets zu verbergen trachtete. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls kann hier das für eine Abwendung sprechende Indiz des langjährigen Sich-Fernhaltens von der Organisation allein nicht genügen, weil ein Wandel der inneren Einstellung des Klägers nicht feststellbar ist. Dass es für den zu berücksichtigenden Zeitraum des Sich-Fernhaltens grundsätzlich ohne Belang ist, ob diese Zeiten außerhalb von oder während laufender Einbürgerungsverfahren anfallen, kann deshalb für den Kläger nicht positiv ins Gewicht fallen. [...]