Für die therapeutische Behandlung psychischer Erkrankungen im Iran sind in vielen Fällen hohe Eigenaufwendungen zu leisten, da die Behandlungskosten die Versicherungsleistungen in vielen Fällen deutlich übersteigt. Darüber hinaus müssen Patienten Vorauszahlungen leisten, damit eine Behandlung in Angriff genommen wird.
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegen im Fall der Klägerin im Hinblick auf ihre psychische Erkrankung die vorgenannten Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vor. Auf Grund der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen und Gutachten der ...klinik, die von mehreren stationären Behandlungen der Kläger berichten, sowie des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. med. ..., sowie der Diplom-Psychologin ..., ist nach Auffassung der Kammer davon auszugehen, dass bei der Klägerin eine manisch-depressive Erkrankung mit psychotischen Bezügen vorliegt. Des Weiteren werden der Klägerin in diesen Gutachten eine posttraumatische Belastungsstörung und die dissoziative Krampfanfälle in Folge der posttraumatischen Belastung diagnostiziert. Insbesondere in der Stellungnahme der Diplom-Psychologin … vom 04. Februar 2013 ist dargelegt, aus welchem Grund die Klägerin an dieser Erkrankung leidet. Des Weiteren ist den Gutachten zu entnehmen, dass bei der Klägerin die kleinste Irritation in ihrem Umfeld zu erneuten schweren depressiven Einbrüchen mit einer erheblichen Suizidalität führen. Soweit die Beklagte die Verwertbarkeit dieser Gutachten unter Hinweis auf die fehlende Überprüfung der Angaben der Klägerin zum erlittenen Trauma in Abrede stellt, ist anzumerken, dass klinische Gutachten Fragen nach bestehenden Trauma Folgenaussagen nicht an Hand der Kriterien der Aussagenpsychologie analysieren. Klinische Gutachten können allenfalls wesentliche Anhaltspunkte enthalten, die für oder gegen den Erlebnisbezug von Aussagen zur traumatischen Vorgeschichte sprechen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. April 2008 - 1 A 10433/07.OVG -). Zuzugeben ist der Beklagten allerdings, dass ohne das Vorliegen eines traumatischen Ereignisses die Diagnose "posttraumatische Belastungsstörung" nicht gestellt werden kann. Jedoch ist die Kammer der Auffassung, dass die Klägerin ein Trauma erlitten hat, die zu der nunmehr vorliegenden Erkrankung der Klägerin geführt hat.
Des Weiteren ist den Gutachten und Stellungnahmen zu entnehmen, dass die Klägerin nicht nur auf die Behandlung durch Antidepressiva angewiesen ist, sondern eine psychiatrische Behandlung unumgänglich ist, regelmäßige therapeutische Gespräche daher erforderlich sind. Insoweit ist mit der Beklagten auszuführen, dass zwar die medizinische Versorgung im Iran grundsätzlich - vor allem in Teheran - möglich ist, auch wenn sie nicht den internationalen Anforderungen entsprechen. Des Weiteren ist den Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 04. November 2011 und vom 08. Oktober 2012 zu entnehmen, dass in allen größeren Städten Krankenhäuser existieren und die Versorgung mit Medikamenten weitgehend gewährleistet ist. Im Hinblick auf die Behandlung psychischer Erkrankungen sind den Lageberichten insoweit keine näheren Erkenntnisse zu entnehmen. Hierzu führt das Gutachten des Deutschen Orientinstituts vom 03. Juni 2002 an das VG Mainz aus, dass Psychotherapie im Iran als westliche Unkultur gelte und daher nicht praktiziert werde. In einem weiteren Gutachten des Deutschen Orientinstituts vom 22. Dezember 2003 an das VG Aachen ist zu entnehmen, dass im Iran auch anspruchsvolle psychiatrische Behandlungen möglich sind. Auch die Deutsche Flüchtlingshilfe teilt in de Auskunft vom 20. November 2008 mit, dass die therapeutischer Behandlungsmöglichkeiten für psychisch kranke Menschen im Iran vorwiegend Pharmakotherapie sowie Psychotherapie beinhalten; in den größeren Städten de: Irans seien auch psychotherapeutische Sitzungen möglich.
Des Weiteren ist es jedoch erforderlich, dass, selbst wenn man von eine erforderlichen psychiatrische/psychotherapeutische Behandlung für die Klägerin im Iran könnte, diese, ebenso wie die erforderliche medikamentöse Behandlung im Iran auch verfügbar sein muss. Insoweit ist den eben zitierten Lageberichten zu entnehmen, dass Patienten in vielen Fällen hohe Eigenaufwendungen leisten müssen, da die Behandlungskosten die Versicherungsleistungen in vielen Fällen deutlich übersteigen. Das Versicherungswesen ist im Iran in der Weise geordnet, dass vom Versicherungsschutz grundsätzlich nur die Behandlung umfasst ist und das Medikamente grundsätzlich selbst bezahlt werden müssen (vgl. insoweit Deutsches Orientinstitut vom 22. Dezember 2003 an VG Aachen). Des Weiterer ist nach dem eben genannten Gutachten erkennbar, dass alle staatlichen Angestellten, die Bediensteten des Militärs, Angestellte und Arbeiter in staatlicher Firmen diesen Versicherungsschutz haben, aber auch für die in der Privatwirtschaft angestellten Personen gibt es einen gesetzlicher Versicherungsschutz. Weiter müssen Patienten massiv Vorausleistungen leisten, damit eine Behandlung überhaupt in Angriff genommen wird (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe a.a.O.).
Insgesamt ist die Kammer der Auffassung, dass nach der Auskunftslage davon auszugehen ist, dass die notwendigen Behandlung und Medikation der Klägerin im Iran aus finanziellen Gründen nicht zugänglich ist. Selbst wenn sie Versicherungsschutz erhalten würde, wäre sie auf hohe Eigenaufwendungen angewiesen, da die Behandlungskosten deutlich über der Versicherungsleistungen liegen und Medikamente selbst bezahlt werden müssen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung jedoch glaubhaft dargelegt, über keine finanziellen Reserven zu verfügen. Des Weiteren hat sie dargelegt, dass sie auch mit einer weiteren Unterstützung von Angehörigen nicht rechnen kann. Diesbezüglich ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass sie auch keine finanziellen Leistungen seitens ihrer in Deutschland lebenden Söhne erhalten kann, da diese ebenfalls derzeit auf die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angewiesen sind. Insgesamt kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die erforderliche psychiatrische und medikamentöse Behandlung im Iran erhalten kann. Weiter ist zu berücksichtigen, dass auch davon ausgegangen werden muss, dass in ihrem Falle ein weiterer, die psychische Situation im Heimatland möglicherweise stabilisierender Umstand im Heimatland fehlt. So ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin alleinstehend ist und ihre Herkunftsfamilie in Deutschland lebt. Des Weiteren hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass Hilfeleistungen von Verwandten im Iran nicht zu erwarten stehen. Daher sind in ihrem Fall keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin im Iran eine Familienstruktur oder ein soziales Netz vorfinden würde, die sie aufnehmen und die ihr Halt geben könnte. [...]