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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 06.05.2013 - 5561322-272 - asyl.net: M21001
https://www.asyl.net/rsdb/M21001
Leitsatz:

In Sierra Leone ist nur eine Grundversorgung im medizinischen Bereich möglich. Chronische Hepatits B ist nicht behandelbar, aufwändige Methoden wie die Dialyse zumindest im größeren Umfang nicht vorhanden. Eine freie Gesundheitsfürsorge gibt es nicht.

Schlagwörter: Sierra Leone, medizinische Versorgung, Nierenerkrankung, Dialyse, Hypertonie, Hepatitis B,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

[...]

Der Antragsteller leidet damit an Krankheiten, die einer dauerhaften und intensiven ärztlichen Betreuung bedürfen und ein Behandlungsabbruch oder eine ungenügende Versorgung hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche, wenn nicht gar lebensbedrohliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zur Folge.

In Sierra Leone ist jedoch nur eine Grundversorgung im medizinischen Bereich möglich. Nach der Auskunft der Deutschen Botschaft Accra vom 08.06.2011 an das VG Düsseldorf, Gz.: RK-1 516.50, ist zwar Bluthochdruck dort behandelbar. Nach einer Auskunft der Deutschen Botschaft Accra vom 30.03.2011 an das Bundesamt, Gz.: 9206-M2, gibt es aber bereits keine Möglichkeit, eine chronische Hepatitis B in Sierra Leone zu behandeln. Allein eine regelmäßige Kontrolle der Leberfunktion ist möglich (Ultraschall, Labordiagnostik). Auch eine Viruslastbestimmung ist in Sierra Leone nicht möglich, da die dazu notwendige PCR-Diagnostik nicht vorhanden ist. Es spricht daher nahezu alles dagegen, dass wenn Hepatitis B, eine häufige Erkrankung in Afrika, dort nicht behandelbar ist, so aufwendige Behandlungsmethoden wie eine Dialyse in Sierra Leone erst recht nicht - zumindest nicht in größerem Umfang - vorhanden sind.

Dieser Frage braucht jedoch nicht nachgegangen werden, da dieser offensichtlich die hierfür notwendigen Kosten nicht wird aufbringen können.

Es ist offenkundig, dass angesichts des Krankheitsbildes eine adäquate Versorgung in Sierra Leone mit hohen Kosten verbunden wäre. In Sierra Leone gibt es jedoch keine freie Gesundheitsfürsorge. Vielmehr müssen die Patienten ihre Behandlung auch in staatlichen Krankenhäusern selbst bezahlen (siehe z.B. VG München, Urteil vom 06.07.2011, Az.: 21 K 10.30785). Nach der genannten Auskunft vom 08.06.2011 unterstützen zwar Hilfsorganisationen kleinere private Kliniken oder staatliche Einrichtungen. Behandlungen in Letzeren seien jedoch nicht zuverlässig und in kleinen privaten Einrichtungen oder Praxen müssten in der Regel die Medikamente selbst bezahlt werden. Eine Chance auf eine angemessene Versorgung hätte der Antragsteller daher allenfalls dann, wenn er oder Verwandte (die bereit wären, ihn zu unterstützen) über erhebliche finanzielle Mittel verfügen würden, um eine Behandlung zu bezahlen. Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass dieser im Falle seiner Rückkehr nach Sierra Leone sich wirtschaftlich deutlich besser stellen könnte als die große Mehrheit der Bevölkerung dort, sind nicht ersichtlich. Nach seinen Angaben im Erstverfahren hat er auf einem Dorf gelebt, keinen Beruf erlernt und wurde von seinem Vater unterstützt. Er ist zusätzlich seit 1997 außerhalb seines Heimatlandes und kann nicht mehr wahrscheinlich an soziale Bindungen, falls überhaupt vorhanden, anknüpfen. Es ist damit bereits fraglich, ob er seine Existenz sichern könnte. Die Infrastruktur in Sierra Leone ist noch im Wiederaufbau. Zwar konnte die Wirtschaft in den Jahren 2005/2006 ein Wachstum von 7 % pro Jahr verzeichnen, trotzdem lag Sierra Leone immer noch auf Platz 180 von 182 Ländern auf dem UN Human Development Index (HDI) ("Human Development Report", UN Development Programme (UNDP), 2009). Die Arbeitslosenrate bewegt sich zwischen 65 und 70 %, mehr als 70 % der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Der größte Teil der Bevölkerung sichert seinen Lebensunterhalt durch Kleinhandel und Subsistenz-Landwirtschaft. [...]