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BGH

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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 19.06.2013 - V ZB 96/12 (= ASYLMAGAZIN 9/2013, S. 311) - asyl.net: M21008
https://www.asyl.net/rsdb/M21008
Leitsatz:

Zur Begründung des Haftantrags für eine Person, die nach dem Rücknahmeabkommen nach Vietnam abgeschoben werden soll, ist es ausreichend, die wesentlichen Verfahrensschritte dieses Abkommens zu beschreiben. Der zwischenzeitliche Versuch einer Einzelrückführung, die als Ausnahme im Abkommen vorgesehen ist, ist nur dann nötig, wenn greifbare Anhaltspunkte für einen solchen Ausnahmefall vorliegen.

Der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG darf nicht allein auf einen Verstoß gegen die Meldepflichten gestützt werden, da insoweit § 62 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG die speziellere Regelung ist.

Schlagwörter: Haftantrag, Durchführbarkeit, Abschiebung, Durchführbarkeit der Abschiebung, vietnamesische Staatsangehörige, Vietnam, Rückübernahmeabkommen, deutsch-vietnamesisches Rückübernahmeabkommen, Sammelprüfung, Meldepflicht, Verstoß gegen die Meldepflicht, Verstoß, Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Freiheitsentziehung,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, AufenthG § 62 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, FamFG § 420, AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 2,
Auszüge:

[...]

cc) Diesen Anforderungen genügt der Haftantrag der beteiligten Behörde. Er verhält sich - knapp, aber ausreichend - zur zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen und zu der Erforderlichkeit der Haft. Anders als der Betroffene meint, reichen auch die Ausführungen zur erforderlichen Dauer der Haft und zur Durchführbarkeit der Abschiebung aus.

(1) Die beteiligte Behörde hat in dem Haftantrag dargestellt, dass der Betroffene vom 13. bis 20. März 2012 im Rahmen einer Sammelanhörung vietnamesischer Experten vorgeführt werden solle. Es sei zu erwarten, dass er identifiziert werde. Dann solle er am 24. April 2012 abgeschoben werden. Damit hat die beteiligte Behörde die wesentlichen Verfahrensschritte konkret beschrieben, die für die Rückführung vietnamesischer Staatsangehöriger nach Vietnam einzuhalten sind. Nach Art. 6 Abs. 1 des Rücknahmeabkommens nimmt Vietnam eine Prüfung der Identität der Personen vor, deren vietnamesische Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden kann. Dazu führen die vietnamesischen Stellen nach Art. 2 des Protokolls auf Grund von Listen Sammelprüfungen durch. Auf diese Schritte kommt es für die Frage, ob die Abschiebung gelingen wird, an. Die von dem Betroffenen an der Legitimität dieser Sammelprüfungen und der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens der vietnamesischen Stellen geäußerten Zweifel ändern daran nichts. Die deutschen Stellen haben sich an das mit Vietnam verbindlich vereinbarte Verfahren zu halten.

(2) Bedenken gegen die Zulässigkeit des Haftantrags ergeben sich entgegen der Ansicht des Betroffenen auch nicht daraus, dass die nächste Prüfung der vietnamesischen Expertenkommission in knapp zwei Monaten stattfand und sich der Haftantrag nicht zu zügigeren Alternativen verhält. Richtig daran ist zwar, dass neben dem völkervertraglich festgelegten Listenverfahren nach einem abgestimmten Ergebnisvermerk des Auswärtigen Amtes über eine Konsultation mit den vietnamesischen Behörden vom 27. Februar bis 3. März 2006 in Hoi An auch Einzelrückführungen möglich sind. Eine solche Einzelrückführung soll aber - als Ausnahme von dem völkervertraglich vereinbarten Listenverfahren - nur in begründeten Einzelfällen stattfinden und auch nur nach Absprache zwischen den deutschen und den vietnamesischen Behörden (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Juni 2012 - V ZB 263/11, juris Rn. 13). Deshalb muss der Haftantrag Ausführungen dazu nur enthalten, wenn greifbare Anhaltspunkte für einen solchen Ausnahmefall vorliegen. Dafür ist hier nichts ersichtlich. [...]