BlueSky

VGH Baden-Württemberg

Merkliste
Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2013 - A 12 S 2023/11 - asyl.net: M21418
https://www.asyl.net/rsdb/M21418
Leitsatz:

In die Türkei zurückkehrende kurdische Asylbewerber sind bei ihrer Einreise an der Grenze oder auf dem Flughafen grundsätzlich keiner politischen Verfolgung ausgesetzt (ständige Senatsrechtsprechung).

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Türkei, Kurden, PKK, Rückkehr, Rückkehrgefährdung, Reformen, Reformprozess,
Normen: RL 2011/95/EU, AufenthG § 60 Abs. 1, AufenthG § 60 Abs. 2 - 7, AsylVfG § 3 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland Türkei haben sich seit geraumer Zeit weiter geändert. Insbesondere haben sich die Rechtslage und die Menschenrechtssituation in der Türkei - nicht zuletzt mit Blick auf den angestrebten EU-Beitritt des Landes - deutlich zum Positiven gewandelt, so dass jedenfalls im konkreten Fall des Klägers keine beachtliche Gefahr von politischer Verfolgung für den Fall nunmehriger Rückkehr in die Türkei besteht.

Die vergangenen Jahre waren in der Türkei durch einen tiefgreifenden Reformprozess gekennzeichnet, der wesentliche Teile der Rechtsordnung betraf (vgl. Auswärtiges Amt - AA -, Lageberichte Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012). Zwischen 2002 und 2005 wurden insgesamt acht Reformpakete zur Änderung der Verfassung, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze verabschiedet (vgl. amnesty international - ai -, Länderbericht Türkei vom Dezember 2010 und Report 2011 Türkei). Abgesehen von der Beendigung des Notstandsregimes, in dessen Folge die Verfahrensgarantien gegenüber den Sicherheitsbehörden in den hiervon betroffenen Gegenden massiv eingeschränkt waren, sind dabei insbesondere die gesetzlichen Schutzmaßnahmen wie die Regeln über die Verstärkung der Verteidigerrechte, der Zugang zu einem Rechtsbeistand, die zeitlichen Vorgaben bis zur obligatorischen Vorführung eines Festgenommenen vor ein Gericht, die Regeln über die ärztliche Untersuchung eines Festgenommenen und die Straferhöhung für Foltertäter zu nennen (vgl. EU-Kommission, Turkey Progress Report vom 10.10.2012; AA, Lageberichte Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012). Zu dem Reformpaket gehören auch die Ausweitung der Minderheitenrechte vor allem für die Kurden und die Stärkung der Meinungsfreiheit. Die türkische Regierung hat zudem wiederholt betont, dass sie gegenüber Folter eine "Null-Toleranz"-Politik verfolge. So unterstreicht das Auswärtige Amt die von der türkischen Regierung zur Unterbindung von Folter und Misshandlungen eingesetzten gesetzgeberischen Mittel, etwa eine Erhöhung der Strafandrohung gemäß Art. 94 ff. TStGB, direkte Anklagen ohne Einverständnis von Vorgesetzten des der Folter Verdächtigten, Durchsetzung ärztlicher Untersuchungen bei polizeilicher Ingewahrsamnahme sowie Stärkung von Verteidigerrechten und Kameras bei Verhören in Ermittlungs- und Strafverfahren (vgl. AA, Lageberichte Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012). Die AKP-Regierung hat alle gesetzgeberischen Mittel eingesetzt, um Folter und Misshandlungen im Rahmen einer "Null-Toleranz-Politik" zu unterbinden. Nach belastbaren Informationen von Menschenrechtsorganisationen hat sich auch die Situation hinsichtlich der Folter in Gefängnissen in den letzten Jahren erheblich gebessert. Runderlasse schreiben vor, dass Staatsanwaltschaften Folterstraftaten vorrangig und mit besonderem Nachdruck zu verfolgen haben. Ein im Januar 2012 vorgestelltes 3. Justizreformpaket fokussiert auf die Beschleunigung von Verfahren und die Verkürzung der Untersuchungshaft, sieht aber auch weitere Verbesserungen der Meinungsfreiheit vor (AA, Lagebericht Türkei vom 26.08.2012).

Auch das politische System insgesamt hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Bedeutung des Militärs und der Sicherheitskräfte ist zurückgegangen. Im Jahr 2010 fand ein Verfassungsreferendum statt, das weitere Fortschritte vorsah. Insbesondere wurde eine Individualbeschwerdemöglichkeit vor dem Verfassungsgericht eingeführt. Das Verfassungsgericht wurde zudem mit der Gerichtsbarkeit auch gegenüber den Oberbefehlshabern des Militärs, welche bislang vor den Zivilgerichten fehlte, betraut (vgl. AA, Lageberichte Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012; Taylan an Sächsisches OVG vom 19.01.2013). Seit 2010 hat die Regierung auf der Grundlage des erfolgreichen Verfassungsreferendums substanzielle Reformen insbesondere im Bereich der Gewerkschaftsrechte, der Gleichstellung und des Datenschutzes verwirklicht (AA, Lagebericht Türkei vom 26.08.2012).

Auch hat sich die allgemeine Sicherheitslage in den Kurdengebieten im Südosten der Türkei verbessert. Das Notstandsregime, das in 13 Provinzen galt, wurde mit der Aufhebung des Notstands in den letzten Notstandsprovinzen Diyarbakir und Sirnak im November 2002 beendet. Ein Teil der abgewanderten oder infolge der militärischen Maßnahmen zur Bekämpfung der PKK zwangsevakuierten Bevölkerung hat danach begonnen, in die Heimat zurückzukehren (vgl. AA, Lagebericht Türkei vom 11.01.2007). Die türkische Regierung hat erkannt, dass die Probleme im Südosten nicht allein mit militärischen Mitteln überwunden werden können. So wurden außer der geplanten wirtschaftlichen Aufbauhilfe für die strukturschwachen Gebiete im Südosten im Rahmen des Programms zur "Demokratischen Öffnung" der kurdischen Bevölkerung kulturelle Rechte in Bezug auf die kurdische Sprache eingeräumt, wie Fernsehsendungen auf Kurdisch und Lehr- und Studienangebote für die kurdische Sprache (vgl. AA, Lageberichte Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012).

Trotz allem wird übereinstimmend nach wie vor von bestimmten Defiziten, insbesondere im rechtsstaatlichen Bereich, im Bereich der Meinungs- und Pressefreiheit sowie im Bereich der Achtung der Menschenrechte durch die Sicherheitsbehörden berichtet. Der türkischen Regierung ist es bislang noch nicht vollständig gelungen, Folter und Misshandlung zu unterbinden. Vor allem beim Auflösen von Demonstrationen kam es bis in jüngste Zeit zu übermäßiger Gewaltanwendung. Es gibt zudem Anzeichen dafür, dass die im Falle einer Festnahme vorgesehenen gesetzlichen Schutzinstrumentarien zuweilen unbeachtet bleiben. Auch die Ahndung von Misshandlung und Folter ist noch nicht vollständig zufriedenstellend (vgl. AA, Lageberichte vom 08.04.2011 und 26.08.2012; Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH - vom 09.10.2008, Türkei, Aktuelle Entwicklungen; EU-Kommission, Turkey Progress Report vom 10.10.2012; ai, Länderbericht Türkei vom Dezember 2010). So berichtet etwa das Auswärtige Amt, dass Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungsund Pressefreiheit, welche verfassungsrechtlich garantiert seien, nach wie vor aufgrund verschiedener, teils unklarer Rechtsbestimmungen Einschränkungen unterlägen. Ehemalige Tabuthemen, etwa die Kurdenfrage betreffend, könnten jedoch mittlerweile offener diskutiert werden. Auch lägen weiterhin Hinweise vor, dass die verfassungsrechtlich verankerte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz sowie die rechtsstaatlichen Garantien im Strafverfahren nicht immer konsequent eingehalten würden (vgl. AA, Lagebericht Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012).

Dies gilt trotz des Umstands, dass die Türkei Mitglied des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe und der Europäischen Menschenrechtskonvention ist. Entsprechend ist Folter in der Türkei verboten. Gemäß der Türkischen Gesellschaft für Menschenrechte wurden im Jahr 2009 1.094 Fälle von Folter, Misshandlung und unmenschlicher Behandlung durch staatliche Sicherheitskräfte gemeldet. Im Vergleich zu 2008 (1.047 Fälle) hat sich die Foltersituation kaum verändert, im Vergleich zu den Jahren 2006 und 2007 ist nach Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und anderer Organisationen und Gutachter allerdings eine Erhöhung der gemeldeten Fälle festzustellen (SFH, Bericht vom 20.12.2010; ai, Länderbericht Türkei vom Dezember 2010; Oberdiek an Bayerischen VGH vom 09.09.2011; vgl. auch SFH, Bericht vom 26.05.2010; Irmak an VG München vom 15.10.2012 und an VG Darmstadt vom 24.10.2012). Im Jahr 2010 wurden im Osten und Südosten der Türkei 741 Folterfälle und Misshandlungen registriert. 2011 stieg diese Zahl auf 1.555. Allein in den ersten vier Monaten des Jahres 2012 registrierten die Anwaltskammer und die Menschenrechtsvereinigung 281 Fälle von Folter und Misshandlungen (Taylan vom 19.01.2013 an Sächsisches OVG). Aufgrund zunehmender Kontrollen in den Gefängnissen werden Personen nun häufiger an unbeobachteten Orten und außerhalb der Gefängnisse misshandelt (SFH, Bericht vom 20.12.2010). Dabei gibt es Anzeichen, dass Misshandlungen nicht mehr in den Polizeistationen, sondern an anderen Orten, u. a. im Freien stattfinden (AA, Lageberichte vom 11.04.2010 und 26.08.2012; EU-Kommission, Turkey Progress Report vom 10.10.2012).

Seit 2008 hat sich jedoch die vormals zögerliche Haltung bezüglich der Verfolgung von Soldaten, Gendarmen und Polizeibeamten nachweisbar verbessert, wenn es auch vor allem mangels Kooperation der Behörden bei der Tatsachenfeststellung nur in Einzelfällen tatsächlich zu Verurteilungen gekommen ist. Hinsichtlich der Folter in Gefängnissen hat sich die Situation in den letzten Jahren erheblich verbessert; es werden jedoch weiterhin Einzelfälle zur Anzeige gebracht, vor allem in Gestalt von körperlicher Misshandlung und psychischem Druck wie Anschreien und Beleidigungen. Straflosigkeit der Täter in Folterfällen ist weiterhin ein ernst zu nehmendes Problem. Auch kommen nach wie vor willkürliche kurzfristige Festnahmen etwa im Rahmen von Demonstrationen vor, die von offizieller Seite regelmäßig mit dem Hinweis auf die angebliche Unterstützung einer terroristischen Vereinigung bzw. Verbreitung von Propaganda einer kriminellen Organisation gerechtfertigt werden (vgl. AA, Lageberichte Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012). [...]

Neben demnach immer noch vorkommenden Fällen von Folter und Misshandlungen ist nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen auch die Kurdenfrage nach wie vor ein Problem der türkischen Innenpolitik. Aus den neueren Erkenntnissen geht hervor, dass in den kurdisch geprägten Regionen im Südosten des Landes trotz der von Staatspräsident Gül und Ministerpräsident Erdogan im Jahr 2009 initiierten "Demokratischen Öffnung", die auf eine Lösung der Probleme des Südostens zielte und politische, wirtschaftliche und soziokulturelle Maßnahmen beinhaltete, weiterhin Spannungen zu verzeichnen sind. So wurden etwa in der Provinz Diyarbakir auch in jüngerer Zeit Versammlungen gewaltsam aufgelöst und von Menschenrechtsorganisationen kritisch bewertete (Massen-)Prozesse wegen des Verdachts der PKK-Unterstützung eingeleitet. Immer noch gibt es Auseinandersetzungen zwischen der PKK und den türkischen Sicherheitskräften. Allerdings haben diese sich im Vergleich zu den 1990er Jahren in erheblichem Umfang reduziert und betreffen auch nicht die gesamte von Kurden bewohnte Region. Insgesamt hat sich die Härte des Einsatzes der Sicherheitskräfte, die bei ihrem Kampf gegen die PKK in den 1990er Jahren die Bevölkerung im Südosten erheblich in Mitleidenschaft gezogen hatten, in den letzten Jahren deutlich verringert (vgl. AA, Lagebericht Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012).

Was die Einreise in die Türkische Republik betrifft, hat sich hierbei jedermann, gleich welcher Volkszugehörigkeit, einer Personenkontrolle zu unterziehen. Das gilt für abgeschobene oder freiwillig dorthin zurückkehrende Asylbewerber gleichermaßen. Ist eine Person in das Fahndungsregister eingetragen oder ist gegen sie ein Ermittlungsverfahren anhängig, wird sie in Polizeigewahrsam genommen; ist ein Strafverfahren anhängig, wird der Betroffene festgenommen und der Staatsanwaltschaft überstellt. Hierzu wird ein Anwalt hinzugezogen und eine ärztliche Untersuchung vorgenommen (AA, Lagebericht vom 26.08.2012, Kaya vom 22.07.2009 an OVG Nordrhein-Westfalen). Außerdem interessieren sich die Staatssicherheitskräfte besonders für die Kurden, deren Asylgesuche abgelehnt und die abgeschoben werden (Aydin vom 02.06.2011 an VG Darmstadt). Abgelehnte kurdische Asylbewerber müssen dabei an der Grenze und insbesondere auf den Flughäfen in Istanbul und Ankara mit Polizeihaft rechnen, während der überprüft wird, ob sie sich politisch gegen den türkischen Staat betätigt haben oder ob sie zumindest Informationen über politische Organisationen im Ausland geben können. Hierbei haben sie aber, jedenfalls soweit in ihrer Person keine Besonderheiten vorliegen, nicht mit asylrelevanter Verfolgung zu rechnen (AA, Lageberichte Türkei vom 08.04.2011 und 26.08.2012). Für exponierte Mitglieder terroristischer Organisation kann in diesem Zusammenhang eine Gefahr der Folter bzw. Misshandlung bestehen. Das Auswärtige Amt bekräftigt, dass ihm und türkischen Menschenrechtsorganisationen in den letzten Jahren kein Fall bekannt geworden sei, in dem ein aus Deutschland zurückgekehrter Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt worden sei, was ausdrücklich auch für exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen sowie als solche eingestufte Rückkehrer gelte, zu demselben Ergebnis kämen andere EU-Staaten und die USA; es dürften auch keine Suchvermerke mehr in das Personenstandsregister eingetragen werden, bestehende seien gelöscht worden (AA, Lagebericht vom 26.08.2012). Eine verfolgungsrelevante Rückkehrgefährdung kann nach alledem weiterhin bei Personen bestehen, bei denen Besonderheiten insofern vorliegen, weil sie etwa in das Fahndungsregister eingetragen sind, gegen sie Ermittlungs- oder Strafverfahren anhängig sind, oder die sich in besonders exponierter Weise exilpolitisch betätigt haben und deshalb in das Visier der türkischen Sicherheitsbehörden geraten, weil sie als potenzielle Unterstützer etwa der PKK oder anderer als terroristisch eingestufter Organisationen angesehen werden (vgl. aus der Rechtsprechung zur aktuellen Lage in der Türkei OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 02.07.2013 - 8 A 2632/06.A - und - 8 A 5118/05.A -, juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.08.2012 - 3 L 218/08 -, Asylmagazin 2012, 386; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.04.2012 - 9 B 08.30203 -, Asylmagazin 2012, 394; Sächsisches OVG, Urteil vom 22.03.2012 - A 3 A 428/11 -, juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 01.12.2011 - 4 LB 8 /11 -, juris; OVG Saarland, Urteile vom 25.08.2011 - 3 A 24/10 und - 3 A 35/10 -, juris; OVG Niedersachsen, Urteil vom 11.08.2010 - 11 LB 405/08 -, AuAS 2010, 236).

Zusammenfassend geht der Senat für seine Überzeugungsbildung zu der Prognose, ob der Kläger bei einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten hat, aktualisiert und detailliert von dem Gesamtergebnis des Verfahrens mit den dafür eingeführten Quellen, u. a. den neuesten Lageberichten des Auswärtigen Amtes von 2011 und 2012 aus, wonach nachvollziehbar ausdrücklich ausgesagt ist, dass weder dem Auswärtigen Amt noch türkischen Menschenrechtsorganisationen oder Vertretungen anderer EU-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren Fälle bekannt geworden seien, in denen auch exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt worden seien (s. BVerwG, Urteil vom 04.09.2012 - 10 C 13.11 -, BVerwGE 144, 127). Zudem kann auch ein Zeitablauf "wegen der Zeit- und Faktizitätsbedingtheit einer asylrechtlichen Gefahrenprognose" dazu führen, dass der Ablauf einer längeren Zeitspanne ohne besondere Ereignisse im Verfolgerstaat im Zusammenhang mit anderen Faktoren eine vergleichsweise höhere Bedeutung als in anderen Rechtsgebieten zukommt (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, BVerwGE 140, 22).

Bezogen auf die individuelle Situation des Klägers kann nach allem aufgrund der dargestellten Umstände in seinem Heimatland vor allem auch deswegen nicht von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung im Falle einer Rückkehr in die Türkei ausgegangen werden, weil er seitens der türkischen Sicherheitsbehörden nicht als potentieller Unterstützer der PKK und auch nicht etwa als ein exponierter exilpolitischer Aktivist angesehen wird. Wie ausgeführt müssen heute nur noch derart qualifizierte Personen in der Türkei befürchten, politischer Verfolgung ausgesetzt zu werden. Dafür, dass der Kläger heute vom türkischen Geheimdienst als Unterstützer der PKK geführt wird, lassen sich keine Anhaltspunkte erkennen, zumal zu keiner Zeit etwa von der Einleitung irgendeines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder gar eines regulären strafgerichtlichen Verfahrens gegen ihn die Rede gewesen ist. Aus welchem Grund heute der Kläger als "lohnenswerte Quelle möglicher Informationen über die PKK" angesehen werden könnte, lässt sich für den Senat insbesondere auch deswegen nicht erkennen, weil er von einer irgend gearteten Fortsetzung einer Unterstützung der PKK für die Zeit nach seiner Ausreise nicht berichtet hat. [...]