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BVerwG

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Zitieren als:
BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 1 C 1.13 (= ASYLMAGAZIN 5/2014, s. 161 ff.) - asyl.net: M21599
https://www.asyl.net/rsdb/M21599
Leitsatz:

1. Bei der Sprungrevision muss der Revisionsschrift eine beglaubigte Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht beigefügt werden, wenn die Zustimmung der Beteiligten zur Einlegung der Sprungrevision in der Sitzung zu Protokoll erklärt worden ist.

2. Für einen nach Inkrafttreten der Neufassung des § 31 Abs. 1 AufenthG am 1. Juli 2011 gestellten Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift ist die Neufassung des § 31 AufenthG maßgeblich, auch wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nach mehr als zwei-, aber weniger als dreijähriger Dauer vor der Rechtsänderung beendet worden ist.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Sprungrevision, Zustimmung, Zustimmungserklärung, Protokoll, eheliche Lebensgemeinschaft, Beendigung, Aufenthaltstitel, Verhältnismäßigkeit, echte Rückwirkung, unechte Rückwirkung, Vertrauensschutz, eheunabhängiges Aufenthaltsrecht, eigenständiges Aufenthaltsrecht, Ehebestandszeit, Beurteilungszeitpunkt, Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen,
Normen: VwGO § 134 Abs. 1, VwGO § 134 Abs. 4, VwGO § 134 Abs. 5, AufenthG § 31,
Auszüge:

[...]

2.1 Der Kläger macht einen Anspruch auf Verlängerung der ihm gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG geltend. Eine Auslegung dieses Begehrens ergibt, dass dieser Anspruch jedenfalls die Verlängerung um ein Jahr bis zum 12. Mai 2013 gemäß § 31 Abs. 1 AufenthG umfasst. Nicht von seinem Antrag umfasst und damit auch nicht Teil des Streitgegenstands sind hingegen Aufenthaltstitel nach § 9a und § 25 Abs. 5 AufenthG. Das Begehren des Klägers, den Aufenthalt in Deutschland nach der Trennung von seiner Ehefrau dauerhaft zu sichern, erstreckt sich nach der Formulierung des Antrags nicht auf andere Aufenthaltszwecke als denjenigen des § 31 AufenthG. Denn der anwaltlich vertretene Kläger hat seinen Antrag ausdrücklich auf § 31 AufenthG beschränkt und sein Vorbringen im Verwaltungs- und Klageverfahren ausschließlich auf diesen Aufenthaltszweck bezogen, während er zu den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU (§ 9a Abs. 2 AufenthG) oder eines humanitären Aufenthaltstitels nichts vorgetragen hat.

2.2 § 31 AufenthG ist nicht in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden, sondern in der durch Gesetz vom 29. August 2013 geänderten Fassung anzuwenden.

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr, Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 = Buchholz 402.242 § 32 AufenthG Nr. 4 jeweils Rn. 10). Während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderungen sind allerdings zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 9 jeweils Rn. 12 m.w.N.). Etwas anderes gilt, wenn besondere Gründe des anzuwendenden materiellen Rechts es gebieten, auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen (Urteil vom 9. Juni 2009 - BVerwG 1 C 11.08 - BVerwGE 134, 124 = Buchholz 402.242 § 7 AufenthG Nr. 3 jeweils Rn. 19).

Danach ist der Entscheidung im vorliegenden Fall das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29. August 2013 (BGBl I S. 3484, AufenthG n.F.), zu Grunde zu legen. Diese Fassung ist in dem hier maßgeblichen Punkt - Erforderlichkeit einer drei- und nicht mehr nur zweijährigen Ehebestandsdauer - mit der am 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Gesetzesfassung identisch und seitdem in diesem Punkt nicht geändert worden. Gründe des materiellen Rechts, die die Maßgeblichkeit der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Gesetzesfassung (AufenthG a.F.) begründen könnten, sind nicht gegeben. Die seit dem 1. Juli 2011 geltende Neufassung des Geset- zes erfasst vielmehr mangels einer Übergangsregelung grundsätzlich auch Altfälle, die bei ihrem Inkrafttreten noch nicht entschieden waren. Weder die Gesetzessystematik (dazu 2.2.1) noch das Rechtsstaatsprinzip (dazu 2.2.2) oder Art. 6 GG (dazu 2.2.3) erzwingen die Anwendung der alten Fassung des Aufenthaltsgesetzes.

2.2.1 Die Systematik des Gesetzes gibt keinen Anlass zur Anwendung alten Rechts. Der Anspruch auf den eheunabhängigen Titel nach § 31 AufenthG entsteht nicht bereits mit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts vor der Rechtsänderung erfolgte, sondern frühestens mit dem Ablauf des eheabhängigen Aufenthaltstitels nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (Urteil vom 16. Juni 2004 - BVerwG 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88 ff.> = Buchholz 402.240 § 19 AuslG Nr. 10 S. 4 ff., noch zu § 19 AuslG 1990) und damit im vorliegenden Fall am 13. Mai 2012. Im Übrigen ist er gemäß § 81 Abs. 1 AufenthG von einer vorherigen Antragstellung abhängig. Dies liegt im Interesse des Ausländers, dem für den Übergang von einem eheabhängigen zu einem eheunabhängigen Aufenthaltstitel als Reaktion auf die Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft bei der Wahl des Zeitpunkts der Antragstellung ein gewisser Gestaltungsspielraum offensteht.

2.2.2 Das aus den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit abzuleitende verfassungsrechtliche Verbot einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen ("echte Rückwirkung") steht der Anwendung des seit dem 1. Juli 2011 geltenden Rechts nicht entgegen, weil § 31 Abs. 1 AufenthG n.F. im vorliegenden Fall keine echte Rückwirkung entfaltet. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreift. Dies ist der Fall, wenn für einen solchen Sachverhalt nachträglich andere - nachteiligere - Rechtsfolgen gelten als nach dem zuvor geltenden Recht (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239 <263 f.>; Beschluss vom 2. Mai 2010 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20 <39>), etwa wenn ein bereits entstandenes Aufenthaltsrecht nachträglich wegfiele, so dass der betroffene Zeitraum als Zeit eines nicht rechtmäßigen Aufenthalts zu behandeln wäre. Eine solche Rückbewirkung von Rechtsfolgen ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Bei Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Mai 2011 verfügte der Kläger über einen eheabhängigen Aufenthaltstitel mit einer Geltungsdauer bis Mai 2012. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte eine nachträgliche Verkürzung dieser Geltungsdauer (§ 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) nicht vorgenommen und der Kläger eine solche auch nie beantragt hat, konnte sich das Aufenthaltsrecht des Klägers erst nach Ablauf dieses Titels in ein eheunabhängiges nach § 31 AufenthG umwandeln, so dass der Sachverhalt bei Inkrafttreten des § 31 AufenthG n.F. am 1. Juli 2011 noch nicht abgeschlossen war. Hinzu kommt, dass der Kläger den nach § 81 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Antrag auf Verlängerung des eheabhängigen Aufenthaltstitels als eheunabhängig erst im September 2011 gestellt hat; vor Antragstellung bestand mithin für die Beklagte weder die Möglichkeit noch die Erforderlichkeit, über einen denkbaren Anspruch auf Verlängerung der bestehenden Aufenthaltserlaubnis zu entscheiden.

Auch unter dem Gesichtspunkt einer tatbestandlichen Rückanknüpfung ("unechte Rückwirkung") ist im vorliegenden Fall die Anwendung des bis zum 30. Juni 2011 geltenden Rechts nicht geboten. Eine unechte Rückwirkung ist gegeben, wenn eine Norm auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und die betroffenen Rechtsbeziehungen dabei nachteiliger bewertet als das zuvor geltende Recht. Grundsätzlich ist eine derartige unechte Rückwirkung zulässig, weil die Gewährung vollständigen Schutzes gegen die Veränderung der bestehenden Rechtslage den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen würde (BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2010 a.a.O. <39 f.>). Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip können sich allerdings Grenzen der Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung ergeben. Diese sind jedoch erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks ungeeignet oder nicht erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 a.a.O. <263>). Die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, genießt im Übrigen keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

§ 31 AufenthG n.F. entfaltet im vorliegenden Fall zwar unechte Rückwirkung, weil er die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung des eheabhängigen Aufenthaltsrechts als eheunabhängiges gegenüber § 31 AufenthG a.F. - dreijährige statt einer nur zweijährigen Bestandsdauer der ehelichen Lebensgemeinschaft - verschärft. Weder der Grundsatz des Vertrauensschutzes noch das Verhältnismäßigkeitsprinzip stehen dem jedoch entgegen. Der Kläger als Ehegatte einer deutschen Staatsangehörigen konnte nicht davon ausgehen, dass ein nach bisheriger Rechtslage möglicherweise bestehender Anspruch auf ein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht keinen nachträglichen gesetzlichen Einschränkungen unterworfen wird. Vielmehr war die ohne Übergangsvorschrift eintretende Geltung der Neuregelung geeignet und erforderlich, das gesetzgeberische Ziel, ausländerrechtliche Zweckehen zu erkennen, ihre Attraktivität zu vermindern und sie damit zurückzudrängen, so rasch und so umfassend wie möglich zu erreichen. Etwaigen Härten sowie der Gefahr unverhältnismäßiger Ergebnisse in Einzelfällen ist der Gesetzgeber durch die Ausnahmevorschrift des § 31 Abs. 2 AufenthG begegnet (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation: Urteil vom 30. März 2010 - BVerwG 1 C 8.09 - BVerwGE 136, 231 = Buchholz 402.242 § 30 AufenthG Nr. 2 jeweils Rn. 68 f.). Im Übrigen bewahrt der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht vor jeder Enttäuschung; verfassungsrechtlich schutzwürdig ist nur ein betätigtes Vertrauen, d.h. eine "Vertrauensinvestition", die zur Erlangung einer Rechtsposition oder zu entsprechenden anderen Dispositionen geführt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. September 2007 - 1 BvR 58/06 - juris Rn. 20 mit Verweis auf Urteil vom 16. Juli 1985 - 1 BvL 5/80 u.a. - BVerfGE 69, 272 <309> und Beschluss vom 5. Mai 1987 - 1 BvR 724/81 u.a. - BVerfGE 75, 246 <280>). Für einen Eingriff in eine solche rechtlich geschützte Rechtsposition ist hier weder etwas vorgetragen noch ersichtlich, zumal der Kläger die Möglichkeit nicht genutzt hat, nach der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels nach § 31 AufenthG unter gleichzeitiger nachträglicher Befristung des ihm nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erteilten Titels - noch vor Inkrafttreten der Neuregelung - zu stellen. Vielmehr hat er sich dafür entschieden, trotz der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft das Verfahren zur Änderung seines Aufenthaltszwecks noch nicht einzuleiten, sondern es zunächst bei dem ihm erteilten eheabhängigen Aufenthaltstitel zu belassen.

2.2.3 Im Ergebnis nichts anderes ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 GG. Die Vorschrift schützt als wertentscheidende Grundsatznorm die gelebte eheliche Gemeinschaft umfassend und ist deshalb nicht nur als Abwehrrecht und Diskriminierungsverbot zu verstehen, sondern auch als das Gebot, Ehe und Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern und vor Beeinträchtigungen zu schützen (stRspr, BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. - BVerfGE 87, 1 <35 f.> m.w.N., Kammerbeschluss vom 5. Juni 2013 - 2 BvR 586/13 - NVwZ 2013, 1207 <1208>). Auch wenn Art. 6 Abs. 1 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt gewährt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. Mai 2007 - 2 BvR 2483/06 - NVwZ 2007, 1302), so könnte eine Auslegung oder Handhabung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften jedenfalls dann problematisch sein, wenn sie einem Ausländer einen Anreiz zur Auflösung einer - noch - bestehenden ehelichen Gemeinschaft geben könnte, etwa um einen eheunabhängigen Aufenthaltstitel noch vor dem Inkrafttreten einer insoweit nachteiligen Rechtsänderung zu erwirken.

Ein derartiger Anreiz zur übereilten Aufhebung einer ehelichen Lebensgemeinschaft war mit der übergangslosen Neuregelung des § 31 Abs. 1 AufenthG indes nicht verbunden. Denn etwaige sich aus der Verlängerung der Mindestbestandsdauer in Einzelfällen ergebende Härten sind nach der Systematik des § 31 AufenthG über die Absehensregelung nach § 31 Abs. 2 AufenthG zu berücksichtigen, bei deren Anwendung die Behörden und Gerichte auch die sich aus Art. 6 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Vorgaben und den besonderen Schutz von Ehe und Familie berücksichtigen müssen. Damit hat die Gesetzesänderung zum 1. Juli 2011 auch im Vorfeld keinen staatlichen Anreiz gegeben, eine mindestens zwei, aber noch nicht drei Jahre bestehende eheliche Lebensgemeinschaft aufzulösen, um den Anspruch auf einen eheunabhängigen Aufenthaltstitel zu erhalten. Dies betrifft gerade auch eine in ihrem Bestand bereits gefährdete und damit möglicherweise besonders schutzbedürftige eheliche Lebensgemeinschaft.

2.3 Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG n.F. nicht. Nach diesen Vorschriften wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten eines Deutschen im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden und der deutsche Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt ebenfalls im Bundesgebiet hat. Nach der Senatsrechtsprechung wandelt sich die ehebedingte Aufenthaltserlaubnis nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht automatisch, sondern nur auf Antrag in einen eheunabhängigen Titel. Da die Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG kein neu erteilter Titel ist, sondern nur die Verlängerung der ehebedingten Aufenthaltserlaubnis, deckt sie zudem nicht den Zeitraum ab Trennung der Eheleute ab, sondern erfasst lediglich das erste sich an den Ablauf der ehebedingten Aufenthaltserlaubnis anschließende Jahr. Danach steht eine weitere Verlängerung nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde (Urteile vom 22. Juni 2011 - BVerwG 1 C 5.10 - BVerwGE 140, 64 = Buchholz 402.242 § 31 AufenthG Nr. 5 jeweils Rn. 13 m.w.N., vom 29. Juli 1993 - BVerwG 1 C 25.93 - BVerwGE 94, 35 < 42> = Buchholz 402.240 § 7 AuslG 1990 Nr. 1 S. 7 und vom 9. Juni 2009 - BVerwG 1 C 11.08 - BVerwGE 134, 124 = Buchholz 402.242 § 7 AufenthG Nr. 3 jeweils Rn. 19). Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestands der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG.

Die eheliche Lebensgemeinschaft des Klägers ist jedoch schon nach einer Dauer von etwas mehr als zwei Jahren aufgelöst worden, so dass eine Verlängerung seines Aufenthaltstitels nach § 31 Abs. 1 AufenthG nicht in Betracht kommt. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass zur Vermeidung einer besonderen Härte von dieser Voraussetzung nach § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG abzusehen wäre; eine Zurückverweisung zur weiteren Sachaufklärung ist nicht veranlasst. Dies gilt auch mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG, zumal die eheliche Lebensgemeinschaft bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung aufgehoben worden ist und der Kläger noch unter Geltung des § 31 AufenthG a.F. eine Verlängerung hätte beantragen können. [...]