Wurde die Feststellung von europarechtlichem subsidiärem Schutz bereits von einem anderen Mitgliedstaat getroffen, ist im Rahmen eines Zweitantrags eine Abschiebungsanordnung in den Mitgliedstaat möglich.
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1. Die Entscheidung des Bundesamtes, gemäß § 71a Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG kein weiteres Asylverfahren durchzuführen begegnet bei summarischer Prüfung nach wie vor keinen Bedenken. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen im Bescheid vom 16. Oktober 2013 (S. 2/3, Ziffer 1.) verwiesen.
2. Nach der zum Zeitpunkt des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. November 2013 geltenden Rechtslage war das Bundesamt dazu verpflichtet, gemäß § 71a Abs. 4 AsylVfG i.V.m. §§ 34 bis 36 AsylVfG a.F. über das Vorliegen von europarechtlichem subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2, 3, 7 Satz 2 bzw. über das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG a.F. in Bezug auf Somalia als Herkunftsland des Asylbewerbers zu entscheiden. Der Beschluss, dessen Aufhebung begehrt wird, stützte sich auf diese Rechtsgrundlage.
a) Nach der seit 1. Dezember 2013 geltenden Rechtslage (s.o.) hat der Antragsgegner gegen das Bundesamt keinen Anspruch (mehr) auf die Feststellung, dass ihm im Hinblick auf sein Heimatland Somalia subsidiärer Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG zusteht, da der Antragsgegner bereits in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Italien) diesen Schutzstatus zuerkannt bekommen hat.
Dies ergibt sich aus § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, der im Falle der subsidiären Schutzberechtigung (§ 4 Abs. 1 AsylVfG) nunmehr § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG für entsprechend anwendbar erklärt. Nach dieser Vorschrift stellt das Bundesamt fest, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, allerdings "außer in den Fällen des Satzes 2", d.h. außer in den Fällen, in denen Ausländer "außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind" (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Das Bundesamt ist in den Fällen des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG damit nicht verpflichtet, noch tätig zu werden; denn es bedarf nicht (mehr) der besonderen Sachkunde des Bundesamtes dazu, ob politische Verfolgung vorliegt, weil dieses in den Fällen des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bereits feststeht (vgl. OVG Bremen, B.v. 2.12.2010 – 2 A 297/ 10.A - juris). Dies gilt seit 1. Dezember 2013 nunmehr auch für Anträge auf subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG. Das Bundesamt muss eine positive Feststellung hierzu (§ 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 AsylVfG) dann nicht mehr treffen, wenn der Ausländer - wie hier – bereits von einem anderen Mitgliedsstaat als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt ist (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Sätze 3 und 2 AufenthG). Der Antragsgegner hat damit keinen Feststellungsanspruch gegenüber der Antragstellerin. Somit ist die Regelung des § 31 Abs. 4 AsylVfG entsprechend anwendbar und keine Feststellung zu weiteren Abschiebungsverboten möglich.
Die dem Antragsgegners bereits vom italienischen Staat eingeräumte formale Rechtsstellung als subsidiär Schutzberechtigter wurde vom Bundesamt im Rahmen der Abschiebungsandrohung beachtet, da eine Abschiebung des Antragsgegners in sein Herkunftsland Somalia im angefochtenen Bescheid ausdrücklich ausgenommen wurde.
Die nunmehr in deutsches Recht umgesetzte europarechtliche Vorgabe, dass es sich bei dem Antrag auf subsidiären Schutz um einen Asylantrag handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG), bedingt damit auch – entsprechend dem „Dublin-System“ – dass grundsätzlich nur Anspruch auf ein Asylverfahren bzw. auf eine Feststellung zum subsidiären Schutzstatus innerhalb der EU besteht (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und auch im Hinblick auf subsidiär Schutzberechtigte Weiterwanderungen und Mehrfachanträge vermieden werden sollen.
b) Eine Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Herkunftsstaates Somalia ist sowohl nach § 31 Abs. 4 AsylVfG als auch nach dem Begehren des Antragsgegners nicht nötig.
Unter den gegebenen Umständen hat der Antragsgegner kein schutzwürdiges Interesse daran, seinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Somalia gerichtlich durchzusetzen. Die begehrte Feststellung brächte ihm nämlich keinerlei Vorteile (vgl. BVerwG, U.v. 2.8.2007 – 10 C 13/07 – BVerwGE 129, 155, 162). Nach den ausdrücklichen Ausführungen des Bundesamts im Ablehnungsbescheid, sogar in dessen Tenor, hat der Antragsgegner eine Abschiebung nach Somalia nicht zu befürchten. Auch hinsichtlich seines aufenthaltsrechtlichen Status würde eine (positive) Feststellung seine Rechtsstellung nicht verbessern. Zwar würde er damit die (Regel-)Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erfüllen. Gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis jedoch ausgeschlossen, wenn dem Ausländer die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist. Dem Antragsteller ist eine Ausreise nach Italien, wo er einen subsidiären Schutzstatus zuerkannt bekommen hat und damit berechtigt ist, sich dort aufzuhalten, möglich und zumutbar.
Vor diesem Hintergrund ist auch davon auszugehen, dass Italien zur Aufnahme des Antragsgegners verpflichtet ist und ihm eine Einreise ermöglichen muss. Aus Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABI. EU L 304 S. 12, nachfolgend Richtlinie 2004/83/EG) sowie Art. 24, 25 der Richtlinie 2011/95/EU geht hervor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen der subsidiäre bzw. internationale Schutzstatus zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen und verlängern. Ohne ein damit korrespondierendes Recht auf Wiedereinreise wäre es dem Antragsteller verwehrt, seinen Anspruch auf den Aufenthaltstitel aufgrund des gewährten Schutzes durchzusetzen.
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die deutschen Behörden im Rahmen des Vollzugs der Abschiebung, die in der Regel auf dem Luftweg erfolgt, mit den italienischen Behörden die Frage der Wiedereinreise bzw. der Verlängerung der (abgelaufenen) italienischen Aufenthaltserlaubnis des Antragsgegners abklären werden.
c) Ebenso bestehen für den volljährigen Antragsgegner hinsichtlich des Zielstaats der Abschiebungsandrohung, Italien, zur Überzeugung des Gerichts keine Abschiebungsverbote nach § 4 AsylVfG, § 60 Abs. 5, 7 AufenthG. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen (S. 4/5, Ziffer 3.). Italien ist als Mitgliedsstaat der europäischen Union sicherer Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG. Es ist nicht ersichtlich, dass in Italien abweichend von der verfassungsrechtlichen Vermutung nicht mehr dem in Art. 16a Abs. 2 GG normierten Standard des Flüchtlings- oder Menschenrechtsschutzes genügt würde (vgl. VG Ansbach, B.v. 26.11.2013 – AN 1 S 13.31045 – juris). [...]