Bestehen bei einem Antragsteller gravierende Erkrankungen, die es fraglich erscheinen lassen, ob die Sicherung des Lebensunterhalts gewährliestet werden kann, bestehen zumindest hinreichende Erfolgsaussichten für eine Klage auf Niederlassungserlaubnis.
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b) Weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren bedurfte zu dem für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt hingegen, ob den Klägern deshalb nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG keine Niederlassungserlaubnisse erteilt werden konnten, weil ihr Lebensunterhalt nicht gesichert war.
Zwar wäre der Lebensunterhalt der Kläger nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nur dann gesichert gewesen, wenn sie ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel hätten bestreiten können. Da die Kläger wegen der nur sehr geringen Rente des Klägers von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz lebten und deshalb ihren Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten konnten, war ihr Lebensunterhalt auch nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG gesichert. Jedoch gilt § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 AufenthG gemäß § 26 Abs. 4 Satz 2 AufenthG für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG entsprechend. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 6 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 3 AufenthG wird daher von den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann.
Die folglich entscheidungserhebliche Frage, ob die Kläger wegen einer körperlichen Krankheit ihren Lebensunterhalt nicht sichern konnten, bedurfte aber der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren. Denn die Kläger hatten ihre Klage unter anderem damit begründet, dass der 67 Jahre alte Kläger und die 63 Jahre alte Klägerin an diversen dauerhaften Erkrankungen litten, die die Aufnahme einer Tätigkeit zur Sicherung ihres Lebensunterhalts ausschlössen, wobei insbesondere die Klägerin zu 100% schwerbehindert sei, und dass die Ausgangsbehörde dies trotz des Vorliegens entsprechender Unterlagen nicht berücksichtigt habe. Ob bei den Klägern tatsächlich so gravierende Erkrankungen vorlagen, dass sie deswegen keiner zur Sicherung ihres Lebensunterhalts ausreichenden Erwerbstätigkeit nachgehen konnten, konnte aber ohne weitere Sachaufklärung, wie sie § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit der Verpflichtung des Gerichts vorsieht, den Sachverhalt unter Heranziehung der Beteiligten von Amts wegen zu erforschen, nicht beurteilt werden und war deshalb zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags offen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 82 Abs. 1 AufenthG. Danach ist der Ausländer zwar verpflichtet, seine Belange und für ihn günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse, sonstige erforderliche Bescheinigungen und Erlaubnisse sowie sonstige erforderliche Nachweise, die er erbringen kann, unverzüglich beizubringen. Dementsprechend kann die Ausländerbehörde ihm dafür nach § 82 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auch eine angemessene Frist setzen und nach deren Ablauf geltend gemachte Umstände und beigebrachte Unterlagen gemäß § 82 Abs. 1 Satz 4 AufenthG unberücksichtigt lassen, wenn der Ausländer nach § 82 Abs. 3 Satz 2 AufenthG auf die Folgen der Fristversäumnis hingewiesen worden war (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2013 - 10 C 12.1757 - juris Rn. 34). Abgesehen davon, dass die Beklagte von dieser Möglichkeit im Verwaltungsverfahren keinen Gebrauch gemacht hat, gilt § 82 Abs. 1 AufenthG aber ausschließlich für das Verwaltungsverfahren einschließlich eines etwaigen Widerspruchsverfahrens (§ 82 Abs. 2 AufenthG), nicht aber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Dieses richtet sich vielmehr nach den Regelungen der VwGO und damit insbesondere nach § 86 Abs. 1 VwGO (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2013, § 82 AufenthG Rn. 13; BVerwG, U.v. 1.9.2011 - 5 C 27.10 - juris Rn. 25).
Bestand damit aber hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Abs. 4 AufenthG weiterer Aufklärungsbedarf, so war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife offen, ob den Klägern nach dieser Regelung eine Niederlassungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen erteilt werden konnte und die Beklagte daher zumindest zu verpflichten gewesen wäre, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Bot die beabsichtigte Rechtsverfolgung damit bereits auf der Grundlage von § 26 Abs. 4 AufenthG hinreichende Aussicht auf Erfolg, so kommt es nicht darauf an, ob den Klägern nach § 9 Abs. 2 AufenthG, der neben § 26 Abs. 4 AufenthG anwendbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.6.2013 - 10 B 12.2500 - juris Rn. 40; Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 26 AufenthG Rn. 9), nicht nur wie nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, sondern weitergehend sogar ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zustand. [...]