Eine Begleitung des Ausländers bei der Abschiebung ist immer dann erforderlich, wenn der Ausländer Anlass hierzu gibt, also in seiner Person liegende Gründe für die Sicherheitsbegleitung vorliegen. Liegt die Erforderlichkeit einer Begleitung aus Sicherheitsgründen nicht offen zutage, muss sie von der Behörde gegebenenfalls in nachvollziehbarer Weise benannt und belegt werden.
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Eine Begleitung des Ausländers bei der Abschiebung ist immer dann erforderlich, wenn der Ausländer Anlass hierzu gibt, also in seiner Person liegende Gründe für die Sicherheitsbegleitung vorliegen (BVerwG, U.v. 16.10.2012 a.a.O.). So kann eine Sicherheitsbegleitung insbesondere erforderlich sein, wenn zu befürchten ist, dass der Ausländer versuchen könnte, sich der Abschiebung zu entziehen. Auch wenn zu befürchten ist, dass von dem Ausländer während der Abschiebung Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere für andere Passagiere, ausgehen, ist die Erforderlichkeit einer Sicherheitsbegleitung zu bejahen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Ausländer bereits in der Vergangenheit gewaltbereit gezeigt hat. Dabei liegt es an der die Abschiebung durchführenden Behörde, in Zweifelsfällen darzulegen, dass eine Sicherheitsbegleitung im Einzelfall erforderlich war. Liegt die Erforderlichkeit einer Begleitung aus Sicherheitsgründen oder aufgrund anderer Umstände nicht offen zutage, muss sie von der Behörde gegebenenfalls in nachvollziehbarer Weise benannt und belegt werden (BVerwG, U.v. 14.3.2006 – 1 C 5/05 – NVwZ 2006, 1182/1184; VG Ansbach, U.v. 10.12.2009 – AN 5 K 09.00868 – juris Rn. 24).
2. Nach diesen Maßstäben ist der Bescheid rechtswidrig, soweit mit ihm Kosten für die Sicherheitsbegleitung festgesetzt worden sind, weil die Sicherheitsbegleitung des Klägers nicht erforderlich i.S. des § 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG war. Nach Auffassung der Kammer bestanden keine hinreichenden Gründe für die Annahme, dass vom Kläger während seiner Abschiebung eine Gefahr für andere Passagiere oder die Sicherheit des Luftverkehrs ausgehen hätte können.
a) Die Beigeladene ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger gewaltbereit ist. Sie hat ihre Prognose im Wesentlichen auf die INPOL-Eintragungen (die einen Eintrag wegen Körperverletzung enthielten) sowie auf die Mitteilung der PI ... gestützt, der Kläger habe bereits eine gefährliche Körperverletzung begangen. Im Gegensatz zu den Eintragungen in der INPOL-Datenbank und der Mitteilung der PI ... bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger tatsächlich Gewalttaten begangen hat oder gar wegen eines Körperverletzungsdelikts verurteilt worden ist. So weist der Kläger zwar eine Reihe an Vorstrafen, insbesondere aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität, auf. Verurteilungen aufgrund Strafnormen, die die körperliche Unversehrtheit anderer schützen, sind jedoch nicht ersichtlich. Ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger im Jahr 2007 wurde gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Aus dieser Einstellung lassen sich keine negativen Schlüsse zu Lasten des Klägers ziehen. Aus welchem Grund im INPOL eine Eintragung wegen Körperverletzung enthalten ist und wieso die PI ... die Frage nach Gewalttaten bejaht hat, lässt sich nicht klären. Entscheidend ist vielmehr, dass diese Annahmen jeweils unzutreffend waren. Dementsprechend hat auch die Ausländerbehörde in ihrem Schreiben an die PI ... die Fragen, ob der Kläger bereits Gewalttaten begangen hat, Widerstand gegen behördliche Maßnahmen geleistet hat oder zu Gewalttätigkeiten neigt, jeweils mit "Nein" beantwortet und angegeben, dass der Ausländerbehörde keine Erkenntnisse vorlägen, aufgrund derer eine Sicherheitsbegleitung erforderlich sei. Unter diesen Umständen war die Sicherheitsbegleitung des Klägers nicht im Hinblick auf eine angebliche Gewaltbereitschaft angezeigt.
b) Die Beigeladene hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass eine Sicherheitsbegleitung des Klägers allein wegen seiner Betäubungsmittelabhängigkeit erforderlich gewesen wäre. Dass die Sicherheitsbegleitung im Falle des Klägers zwingend erforderlich gewesen sein könnte, ergibt sich nicht aus Teil C der Bestimmungen über die Rückführung ausländischer Staatsangehöriger auf dem Luftweg (im Folgenden: Rückführungsbestimmungen). Zwar ist nach Ziffer 1.2.8 der Rückführungsbestimmungen bei der Rückführung von mutmaßlich Suchtkranken, einschließlich Betäubungsmittelkonsumenten, grundsätzlich eine Sicherheitsbegleitung vorzusehen. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beigeladene erklärt, es sei nicht mehr nachvollziehbar, aus welcher Motivation heraus eine grundsätzliche, ausnahmslose Sicherheitsbegleitung von Betäubungsmittelkonsumenten vorgesehen worden sei. Dass eine Begleitung von Betäubungsmittelkonsumenten nicht ausnahmslos zu erfolgen hat, ist bereits dem Wortlaut der Rückführungsbestimmungen zu entnehmen, nach dem eine Begleitung nur "grundsätzlich" erfolgt. Die Bundespolizei ist also nicht von jeglicher Verpflichtung befreit, die Erforderlichkeit der Sicherheitsbegleitung eines Suchtkranken im Einzelfall zu prüfen, auch wenn die Begleitung eines Suchtkranken den Regelfall darstellen dürfte. Dass letztlich der Einzelfall und die Angaben der Ausländerbehörde zur Person des Rückzuführenden entscheidend sind, hat auch die Beigeladene in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Verwaltungsgericht bestätigt. Eine derartige Prüfung hat die Beigeladene allerdings gerade nicht vorgenommen. Vielmehr ist sie von der Einschätzung der Ausländerbehörde, eine Sicherheitsbegleitung sei nicht erforderlich, abgerückt, ohne dies – entgegen Ziffer 1.2.2 der Rückführungsbestimmungen – der Ausländerbehörde mitzuteilen. Sie hat sich auf die – unzutreffenden – Eintragungen im INPOL zu einer möglichen Gewaltbereitschaft und die Angaben der PI ... verlassen und keine weiteren Nachforschungen angestellt. Das Gericht zieht dabei nicht in Zweifel, dass aus Sicht des anordnenden Polizeibeamten eine Sicherheitsbegleitung im Falle von in der Vergangenheit tatsächlich begangenen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit und einer möglichen Betäubungsmittelabhängigkeit angezeigt scheinen mag. Stellt sich jedoch im Nachhinein heraus, dass eine derartige Einschätzung auf falscher Tatsachengrundlage getroffen wurde, kann dies nicht dazu führen, dass der Ausländer, der auf die Eintragungen im INPOL keinen Einfluss nehmen kann, auch in diesem Fall für die Kosten der Sicherheitsbegleitung aufkommen muss.
Die Beigeladene hat auch auf Nachfragen des Gerichts nicht nachvollziehbar dargelegt, dass eine Sicherheitsbegleitung des Klägers allein wegen seiner Betäubungsmittelabhängigkeit erforderlich gewesen wäre. In ihren Stellungnahmen gegenüber der Ausländerbehörde im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren hat die Beigeladene jeweils maßgeblich mit darauf abgestellt, dass Erkenntnisse zu einer möglichen Gewaltbereitschaft des Klägers vorlägen. Die PI ... hat in ihrer Stellungnahme an den Beklagten allein auf die Eintragungen wegen Gewalttaten hingewiesen. Auch im gerichtlichen Verfahren hat die Beigeladene darauf hingewiesen, dass die Prognose, dass während der Rückführung mit Widerstand zu rechnen gewesen sei, gerechtfertigt gewesen sei, weil der Kläger durch gefährliche Körperverletzung in Erscheinung getreten sei und Betäubungsmittelkonsument gewesen sei. Erst im weiteren gerichtlichen Verfahren und auf Hinweis des Gerichts im Prozesskostenhilfebeschluss, dass eine Gewaltbereitschaft wohl nicht zu bejahen sei, teilte die Beigeladene mit, die unbestrittene Suchtkrankheit allein habe die Betreuungsnotwendigkeit in Form einer Begleitung gerechtfertigt. Eine nachvollziehbare Begründung für diese Behauptung lieferte die Beigeladene jedoch nicht.
c) Weil nach alldem keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Kläger auch unter Berücksichtigung der Ausnahmesituation einer Abschiebung ausfällig werden oder gar zu einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs werden könnte, bestand auch im Hinblick auf die Hepatitis-C-Erkrankung des Klägers keine Notwendigkeit, diesen bei seiner Abschiebung mit drei Polizeibeamten zu begleiten. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass eine Sicherheitsbegleitung des Klägers zu seinem eigenen Schutz erforderlich gewesen wäre. [...]