VG Potsdam

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Zitieren als:
VG Potsdam, Beschluss vom 03.04.2014 - 6 L 199/14.A - asyl.net: M21772
https://www.asyl.net/rsdb/M21772
Leitsatz:

In Fällen der Ablehnung eines asylrechtlichen Zweitantrages ist vorläufiger Rechtschutz nur nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig.

Prüfmaßstab ist in diesen Fällen § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Zweiantrag, vorläufiger Rechtsschutz, Tschad, Italien, Asylverfahren, subsidiärer Schutz,
Normen: AsylVfG § 71a, AsylVfG § 34 AsylVfG § 36, VwGO § 80 Abs. 5,
Auszüge:

[...]

Der Eilrechtsschutzantrag ist auch gegen die anwaltliche Formulierung bei sachgemäßer Auslegung (§ 88 VwGO) dahin zu verstehen, dass es dem Antragsteller um eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der genannten Klage geht. Das Bundesamt hat den in Deutschland angebrachten Asylantrag des Antragstellers nämlich als Zweitantrag i.S.v. § 71a AsylVfG zu dem bereits in Italien angebrachten Asylantrag behandelt und auf dieser Grundlage eine Abschiebungsandrohung erlassen. Diese hat entsprechend § 71a Abs. 4 AsylVfG i.V.m. §§ 34, 36 AsylVfG zur Folge, dass die hiergegen gerichtete Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. § 75 Satz 1 AsylVfG). Es liegt insbesondere kein Fall des § 71 Abs. 5 AsylVfG, also kein Folgeantrag hinsichtlich eines früher in Deutschland angebrachten ersten Asylantrages vor. Statthafter Eilrechtsschutzbehelf kann daher im vorliegenden Fall nur derjenige nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO sein wie in allen übrigen Fällen einer auf §§ 34, 36 AsylVfG gestützten Abschiebungsandrohung.

Der solchermaßen statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der einwöchigen Antragsfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG angebrachte Antrag bleibt indes in der Sache ohne Erfolg. Denn der angegriffene Bundesamtsbescheid vom 19. Februar 2014 begegnet keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG; zum Prüfungsmaßstab vgl. VG Berlin, Beschluss vom 3. Februar 2014 - VG 33 L 562.13.A -, juris, Rn. 14).

Angesichts des vom Antragsteller selbst vorgebrachten, nach seinen Angaben erfolglos gebliebenen Asylantrages in Italien – einem den einschlägigen europarechtlichen Bestimmungen zum Flüchtlingsschutz unterliegenden sicheren Drittstaat –, welcher mit Blick auf die vom Antragsteller im Verwaltungsverfahren vorgelegten italienischen Ausweisdokumente unzweifelhaft im Jahr 2011 gestellt worden war, erweist sich die Annahme des Bundesamtes schon im summarischen Verfahren als richtig, dass es sich beim 2013 in Deutschland angebrachten Asylantrag um einen Zweitantrag i.S.v. § 71a Abs. 1 AsylVfG handelt. Es ist überdies nicht ernstlich zweifelhaft, dass im Falle des Antragstellers die für einen Erfolg versprechenden Zweitantrag erforderlichen Wiederaufgreifensvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (§ 71a Abs. 1 1. Hs. AsylVfG) fehlen. Denn sein gesamtes im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren auf den Tschad bezogenes Vorbringen betrifft allein und ausschließlich Umstände, die er bereits im italienischen Asylverfahren entweder vorgebracht hat oder hat vorbringen können und sollen. Es bleibt sein Geheimnis, aus welchen Gründen der "nationalen Besonderheiten" etwas anderes gelten sollte. Immerhin war er – genauso wie in Deutschland – bereits in Italien gehalten, seine "guten Gründe" für die Zufluchtgewährung von sich aus umfassend, nachvollziehbar und glaubhaft sowie unter Vorlage aller zumutbar erreichbarer Dokumente darzulegen (vgl. Art. 11 der seinerzeit geltenden Richtlinie 2005/85/EG vom 1. Dezember 2005, ABl. EU L 326/13 - "Aufnahmerichtlinie" -). Dass und inwieweit dem Antragsteller solches Vorbringen in Italien verwehrt blieb, hat er nicht nachvollziehbar vorgebracht; insbesondere bleibt er jeden Vortrag zu etwaigen Bemühungen schuldig, sich dieserhalb in Italien um Hilfe bei staatlichen oder nichtstaatlichen Stellen bemüht zu haben. Wenn er im Verwaltungsverfahren sogar angibt, mit anwaltlicher Hilfe in den Besitz der italienischen Ausweispapiere gelangt zu sein, spricht Überwiegendes dafür, dass er seine Fluchtgründe in Italien sehr wohl hat anbringen können.

Soweit der Antragsteller mit zwei im Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen, die bisher allerdings auch nur in Kopie vorliegen, die politischen Aktivitäten seines Vaters darzulegen sucht, womit er offenbar auf eine von diesem abgeleitete eigene Gefährdung hinweisen will, liegen ersichtlich keine neuen Beweismittel (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) vor, die der Antragsteller nicht bereits in Italien hätte vorlegen können. Aus der Kopie ergibt sich nämlich, dass sie bereits 2010 gefaxt worden waren. Der Antragsteller hat auch nichts dazu angegeben, wann er diese Unterlagen woher von wem unter welchen Umständen erhalten haben will. Daher kommt ihnen jedenfalls im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren keine ihm günstige Bedeutung zu.

Zuletzt teilt das Gericht die Auffassung des Bundesamts im angegriffenen Bescheid, wonach für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG hier nichts ersichtlich ist. Auf die Begründung des Bundesamtsbescheides wird insgesamt Bezug genommen.

Nach allem unterliegt die Ausreiseaufforderung samt Abschiebungsandrohung keinen rechtlichen Bedenken; sie beruht auf § 71a Abs. 4 AsylVfG i.V.m. §§ 34 Abs. 1 Nr. 3, 36 Abs. 1 AsylVfG und § 59 AufenthG. [...]