VG Karlsruhe

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Zitieren als:
VG Karlsruhe, Beschluss vom 26.02.2014 - 6 K 41/14 - asyl.net: M21776
https://www.asyl.net/rsdb/M21776
Leitsatz:

1. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Ablehnungsentscheidung setzt voraus, dass diese die Rechtsposition des Betroffenen hinsichtlich der Vollziehung der Ausreiseverpflichtung negativ berühren kann. Dies ist nicht der Fall, wenn die Ausreisepflicht wegen unerlaubter Einreise sofort vollziehbar ist.

2. Zum vorläufigen Rechtsschutz gegen die Zielstaatsbenennung in der Abschiebungsandrohung (hier Nigeria) bei erteilter Duldung.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: einstweilige Anordnung, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Suspensiveffekt, aufschiebende Wirkung, Ausreisepflicht, unerlaubte Einreise, vorläufiger Rechtsschutz, Zielstaatsbezeichnung, Abschiebungsandrohung, Nigeria,
Normen: AufenthG § 14, AufenthG § 58 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, VwGO § 123,
Auszüge:

[...]

Die Ausreisepflicht des Antragstellers ist jedoch schon deswegen vollziehbar, weil er nach Aktenlage – was nicht bestritten wird – unerlaubt (§ 14 AufenthG) eingereist ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Da er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, sondern bislang nur geduldet wird, scheidet eine Erlaubnis- oder Duldungsfiktion gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG aus. Denn mit der fiktiven Erlaubnis bzw. Duldung kann nur ein rechtmäßiger Aufenthalt fortgesetzt werden (vgl. hierzu Samel, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 81 Rdnr. 27). Für eine Fortbestandsfiktion gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG fehlt es ohnehin an einem vorherigen Aufenthaltstitel, dessen weitere Wirkung fingiert werden könnte.

Vorläufigen Rechtsschutz kann der Antragsteller in dieser Situation nur unter den Voraussetzungen des § 123 VwGO im Wege der einstweiligen Anordnung erhalten. Einen entsprechenden Antrag hat er aber nicht gestellt. Angesichts der gegenwärtig noch bis zum 23.03.2014 erteilten Duldung wäre derzeit auch ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich.

b) Soweit der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung gerichtet ist, ist er zulässig, insbesondere statthaft (§§ 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG), aber unbegründet.

Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung gebührt dem öffentlichen Interesse an der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung der Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers. In die insoweit durchzuführende Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs einzubeziehen. Hierbei überwiegt das Interesse des Betroffenen an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs in der Regel das öffentliche Vollzugsinteresse, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt demgegenüber, wenn sich der Rechtsbehelf als voraussichtlich erfolglos erweist.

Gemessen hieran fällt die Abwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die Abschiebungsandrohung ist voraussichtlich rechtmäßig, jedenfalls aber keinen Bedenken von solchem Gewicht ausgesetzt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Sofortvollzugsinteresse überwiegen würde.

aa) Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung ist § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach ist die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Dem Erlass der Abschiebungsandrohung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten, auf welche sich der Antragsteller beruft, nicht entgegen (§ 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Dies gilt mit Blick auf die erteilte Duldung entsprechend für Duldungsgründe gemäß § 60a AufenthG (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.04.2013 – OVG 12 S 25.13, Rdnr. 5; Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 28.04.2010 – 3 Bf 309/08.Z, Rdnrn. 6 ff.; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.01.2005 – 18 B 2801/04, Rdnrn. 7 ff. <Juris>; Funke-Kaiser, a.a.O., § 59 Rdnr. 52).

bb) Der Antragsteller kann sich daher ausschließlich darauf berufen, dass die Antragsgegnerin Nigeria als Zielstaat der Abschiebung genannt und nicht etwa nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG als Staat bezeichnet wird, in den er nicht abgeschoben werden darf (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.09.2007 – 10 C 8.07, Rdnr. 20 <Juris>). [...]