VG Düsseldorf

Merkliste
Zitieren als:
VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.04.2014 - 13 L 728/14.A - asyl.net: M21857
https://www.asyl.net/rsdb/M21857
Leitsatz:

Keine Verfolgungsgefahr wegen Homosexualität in Ghana allein aufgrund der Einstufung als Straftat bzw. Vergehen - kein Hinweis auf Anwendung dieser Vorschriften.

Schlagwörter: offensichtlich unbegründet, Ghana, homosexuell, Homosexualität, Strafbarkeit, sicherer Herkunftsstaat, sicheres Herkunftsland,
Normen: AsylVfG § 36 Abs. 4 S. 1, AsylVfG § 36, AsylVfG § 3,
Auszüge:

[...]

hinsichtlich der Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch hinsichtlich des Asylbegehrens (Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Bescheides) zu beanstanden. Das Gericht folgt nach dem Sach- und Erkenntnisstand im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) der Auffassung des Bundesamtes, wonach dem Antragsteller im Falle der Ausreise nach Ghana, einem sicheren Herkunftsland, keine politische Verfolgung droht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird entsprechend § 77 Absatz 2 AsylVfG auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes vom 17. März 2014, insbesondere auf Seiten 5 und 6 verwiesen. Anhaltspunkte im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 Satz 2 i.V.m. § 29a Absatz 1 2. Halbsatz AsylVfG, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass dem Antragsteller, der nach eigenen Angaben Staatsangehöriger der Republik Ghana ist, entgegen der gesetzlichen Vermutung bei einer Ausreise nach Ghana politische Verfolgung droht, hat dieser weder im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht, noch sind solche Gründe sonst ersichtlich. Das Gericht folgt insbesondere der Einschätzung, dass die vom Antragsteller vorgetragenen Umstände, dass er in den Verdacht geraten sei, homosexuell zu sein, und dass er von Angehörigen einer Gruppe namens B. M. angegriffen worden sei, die versucht hätten, ihn umzubringen und seinen Freund getötet hätten, unglaubhaft sind. Der Antragsteller hat es bei der Schilderung des angeblichen Überfalls an jeglichen lebensnahen Einzelheiten fehlen lassen, die den Eindruck von tatsächlich Erlebtem vermitteln könnten. Auch erscheint nicht im Ansatz nachvollziehbar, warum die Angreifer den Antragsteller und dessen Freund – wenn sie sie töten wollten – zunächst noch fotografiert haben sollten. Soweit der Antragsteller zum Nachweis des körperlichen Übergriffs auf eine kahle Stelle auf seiner Kopfhaut verweist, ist dies zur Darlegung des angeblich erlittenen Übergriffs schon deshalb ungeeignet, weil das Vorhandensein einer Narbe hinsichtlich der Ursache der Verletzung unergiebig ist. Dem ist der Antragsteller im vorliegenden gerichtlichen Verfahren bislang nicht substantiiert entgegengetreten.

Darüber hinaus ist in jedem Fall davon auszugehen, dass der Antragsteller sich an einem anderen Ort in Ghana ohne begründete Furcht vor Verfolgung aufhalten kann, § 3e Absatz 1 AsylVfG. Es ist nichts Substantiiertes dafür dargelegt, dass der Antragsteller sich nicht auch außerhalb von A. niederlassen könnte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller angesichts der angeblichen Morddrohung keinen Schutz von staatlichen Stellen erhalten könnte. Hierzu fehlen schon substantiierte Angaben des Antragstellers, die sein Bemühen um einen solchen Schutz erkennen ließen. Da er in A. nur noch die Frau seines verstorbenen (Zieh-)Vaters kennt, die ihn aber nach eigenen Angaben von dessen Erbe ausgeschlossen und aus dem Haus geworfen hat, gibt es auch keinen nachvollziehbaren Grund dafür, warum er seinen Aufenthalt gerade in A. nehmen müsste.

Schließlich ist, selbst unterstellt der Antragsteller - der allerdings selbst angibt, nicht homosexuell zu sein - würde in den Augen potentieller Verfolger wegen des Kontakts zu einer homosexuellen Person selbst als homosexuell gelten, hieraus nicht abzuleiten, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in die Republik Ghana mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unter Verfolgung leiden würde.

Davon ist allein aufgrund der im ghanaischen Strafgesetzbuch (Section 104) enthaltenen Strafandrohung für nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr zwischen Personen des gleichen Geschlechts sowie der Einstufung als Ordnungswidrigkeit bzw. Vergehen im Falle der Einvernehmlichkeit nicht auszugehen. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten gemäß § 3a Abs. 1 AsylVfG solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Hierzu gehört gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylVfG auch die diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung.

Von der demnach für die Annahme einer Verfolgungshandlung erforderlichen bestimmten Schwere einer Grundrechtsverletzung ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aber nicht schon bei jeder Verletzung der Grundrechte eines homosexuellen Asylbewerbers auszugehen (EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-199/12 -, juris Rn. 53).

Namentlich genügt danach nicht das bloße Bestehen von Rechtsvorschriften, nach denen homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind. Vielmehr ist es insoweit erforderlich, dass diese Strafe auch tatsächlich in der Praxis verhängt wird (EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-199/12 -, juris Rn. 56 ff.).

Solche positiven Feststellungen können indes nicht getroffen werden. Ausweislich des aktuellen Lageberichts sind dem Auswärtigen Amt in den letzten Jahren weder Verurteilungen aufgrund dieser Vorschriften bekannt geworden, noch gab es entsprechende Hinweise durch Menschenrechtsorganisationen (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Ghana vom 17. Januar 2014, S. 10). [...]