VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Beschluss vom 03.04.2014 - 11 L 235/14.A - asyl.net: M21872
https://www.asyl.net/rsdb/M21872
Leitsatz:

Ohne die qualifizierten Verfahrenserfordernisse - das persönliche Gespräch und die Belehrung - nach der Dublin III-VO ist eine Abschiebungsanordnung als offensichtlich rechtswidrig einzuschätzen, da sie die normierten Verfahrensgarantien nicht einhält.

Schlagwörter: Dublinverfahren, Dublin III-Verordnung, Verfahrensgarantien, persönliches Gespräch, Informationspflicht, Belehrung, EURODAC, EURODAC-Verordnung,
Normen: VO 2725/2000 Art. 4, 2725/2000 Art. 18, VO 604/2013 Art. 3 Abs. 4, AsylVfG § 25, VO 343/2003 Art. 3 Abs. 4, VO 604/2013 Art. 4, VO 604/2013 Art. 5,
Auszüge:

[...]

Wie dem beigezogenen Verwaltungsvorgang zu entnehmen ist, wurde der Antragsteller am 26.11.2013 gemäß Art. 4 i.V.m. Art. 18 EURODAC-VO und gemäß Art. 3 Abs. 4 der Dublin-Verordnung in französischer und deutscher Sprache belehrt und zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsylVfG in französischer Sprache befragt. Die erstgenannte Belehrung erfolgte noch auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 vom 11.12.2000 und nicht bereits auf der aktuellen Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.06.2013, die ihrerseits auf die Dublin III-VO Bezug nimmt und gleichzeitig mit dieser Verordnung In Kraft getreten ist. Die zweitgenannte Belehrung beruhte ebenfalls noch auf § 3 Abs. 4 Dublin II-VO, wonach der Asylbewerber schriftlich und in einer ihm hinreichend bekannten Sprache (lediglich) über die Anwendung dieser Verordnung, ihre Fristen und ihre Wirkung unterrichtet wird. Demgegenüber ist in Art. 4 Art. 1 Dublin III-VO geregelt, dass die zuständigen Behörden einen Antragsteller nicht nur über die Anwendung dieser Verordnung, sondern insbesondere über eine Vielzahl von Aspekten des Überstellungsverfahrens zu unterrichten haben. So ist ein Antragsteller unter anderem über die Ziele der Verordnung und die Folgen einer weiteren Antragstellung in einem anderen Mitgliedstaat (lit. a)), die Kriterien für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats sowie die Rangfolge derartiger Kriterien in den einzelnen Schritten des Verfahrens (lit. b)) und die Möglichkeit zur Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen eine Überstellungsentscheidung und gegebenenfalls zur Beantragung einer Aussetzung der Überstellung (lit. d)) zu informieren. Diese Informationen sind dem Antragsteller am 26.11.2013 sowohl bei den ihm erteilten Belehrungen als auch bei seiner Befragung zur Vorbereitung der Anhörung vorenthalten worden, so dass die durchgeführte Befragung letztlich auch nicht als persönliches Gespräch i.S.v. Art. 5 Abs. 1 Dublin III-VO gewertet werden kann.

Der vorstehend aufgezeigte Verstoß gegen die in Art. 4 und Art. 5 Dublin III-VO normierten Verfahrensgarantien hat zur Folge, dass sich das Überstellungsverfahren und damit auch die Abschiebungsandrohung als offensichtlich rechtswidrig erweist und der Vollzug der Ausreisepflicht des Antragstellers dementsprechend bis zur Entscheidung In dem Hauptsacheverfahren 11 K 566/14.A auszusetzen ist. [...]