Zwar sind im kenianischen Strafgesetzbuch für homosexuelle Handlungen bis zu vierzehn Jahre Haft vorgesehen. Es gibt jedoch keine Erkenntnisse darüber, dass diese Strafen tatsächlich verhängt und exekutiert werden.
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Im Übrigen spricht nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung durchaus einiges dafür, dass der Kläger aus Nairobi stammt und schwul ist. Indessen könnte er nur dann als Asylberechtigter anerkannt und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden, wenn seine Furcht begründet wäre, dass er in seinem Herkunftsland Bedrohungen seines Lebens, seiner Freiheit oder anderer in Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2012/95/EU - im Folgenden: Richtlinie - geschützter Rechtsgüter wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung ausgesetzt ist. Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Verfolgung in diesem Sinne kann zum einen vom Staat ausgehen, zum anderen von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staates beherrschen. Sie kann aber auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder die genannten Gruppierungen einschließlich internationaler Organisationen nicht in der Lage oder Willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative.
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keine drohende politische Verfolgung in Kenia wegen seiner Homosexualität zu erwarten. Es ist schon nicht erkennbar, dass er zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95 EU gehört, deren Mitglieder in Kenia aufgrund ihrer homosexuellen Ausrichtung verfolgt werden. Zwar werden in den Artikeln 162, 163 und 165 StGBKen Tatbestände normiert, die in Anknüpfung an homosexuelle Handlungen Freiheitstrafen bis zu 14 Jahren vorsehen. Jedoch gibt es keine Erkenntnisse darüber, dass diese Strafen tatsächlich auch verhängt und exekutiert werden. Dies ist allerdings Voraussetzung für die Abgrenzbarkeit einer relevanten sozialen Gruppe (vgl. EUGH, Urt. vom 7. November 2013, C-199/12 u.a.-; zit. nach juris).
Vorliegend überwiegt der Eindruck, dass Homosexualität gesellschaftlich tatsächlich in weiten, insbesondere religiösen Kreisen verpönt ist und es immer wieder zu Ausschreitungen gegen LGBT-Angehörige kommt, andererseits aber in den großen Städten wie Nairobi Schwulenszenen entstanden sind, von denen der Kläger nach seinem letzten Schriftsatz für Nairobi sogar selber berichten konnte und es dem Gericht auch andernorts bekannt geworden ist (vgl. Urteil vom 19. Februar 2013 - VG 6 K 1657/12.A). Ferner setzen sich Menschenrechtsgruppen wie die Kenian Human Rights Commission - KHCR - und Gay and Lesbian Coalition of Kenya - GALCK - in verschiedenen Unterorganisationen für die Rechte dieser Personen öffentlichkeitswirksam ein (The Outlawed Amongst Us, a.a.O. S. 5 ff.; US State Department, Human Rights Report Kenya 2012, Mai 2013, S. 49). [...]