LG Lüneburg

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Zitieren als:
LG Lüneburg, Beschluss vom 21.07.2014 - 26 Qs 164/14 - asyl.net: M22162
https://www.asyl.net/rsdb/M22162
Leitsatz:

Verfügt der Angeklagte nicht über Kenntnisse bezüglich der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage, wie sich Art. 31 GFK zur Anwendbarkeit des § 95 AufenthG verhält, ist ihm für eine sachgerechte Verteidigung ein Pflichtverteidigerin beizuordnen.

Schlagwörter: Asylverfahrensgesetz, Aufenthaltsgesetz, Aufenthaltsrecht, Asylrecht, Unionsrecht, Sprachkenntnisse, Deutschkenntnisse, mangelnde Sprachkenntnisse, Ausländerstrafrecht, Pflichtverteidigung, unerlaubte Einreise, unerlaubter Aufenthalt,
Normen: StPO § 140 Abs. 2, AufenthG § 95 Abs. 2 Nr. 1, AufenthG § 95 Abs. 2 Nr. 2, GFK Art. 31,
Auszüge:

[...]

Zu beurteilen ist im vorliegenden Fall in rechtlicher Hinsicht, ob das dem Angeklagten vorgeworfene Verhalten unter den Straftatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AufenthG fällt. Für eine sachgerechte Verteidigung und die Vorbereitung auf die Hauptverhandlung bedarf es einer fachlichen Bewertung dieser Strafrechtsnorm vor dem Hintergrund einer europarechtskonformen Auslegung beziehungsweise vor dem Hintergrund der Frage, wie sich diese Norm zu Art. 31 GFK verhält. Hierzu bedarf es neben der Anwendbarkeit des § 95 AufenthG vor. allem eingehende Kenntnisse der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der Kommentarliteratur zum Aufenthaltsgesetz. Dass der Angeklagte selbst über solche Kenntnisse verfügt und dadurch eine rechtliche Bewertung dieser Strafnorm vornehmen kann, ist insbesondere vor dem Hintergrund seiner mangelnden Sprachkenntnisse nicht zu erwarten (LG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 30.04.2014, 22 Qs 72/14; LG Stuttgart, Beschluss vom 29.03.2012, 5 Qs 13/12; beide Entscheidungen betreffen einen vergleichbaren Sachverhalt).

Insgesamt ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers - auch bereits im Beschwerdeverfahren - deshalb geboten. [...]