Ab dem Zeitpunkt eines Asylfolgeantrags kommt eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG nicht mehr in Betracht, da die Regelung Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 AsylbLG nicht erfasst. Auf ausländerrechtlich fortbestehende Mitwirkungs- oder Ausreisepflichten kommt es leistungsrechtlich nicht an.
(Amtlicher Leitsatz)
[...]
Zwischen den Beteiligten streitig ist lediglich die Berechtigung des Antragsgegners, die Grundleistungen des Antragstellers nach § 3 AsylbLG wegen dessen fehlender Mitwirkung bei der Passbeschaffung gem. § 1a Nr. 2 AsylbLG zu kürzen. Anhaltspunkte für andere Umstände, die einem Leistungsanspruch des Antragstellers in ungeminderter Höhe entgegenstehen könnten, sind weder aus dem Akteninhalt ersichtlich noch vom Antragsgegner vorgetragen. Dem Antragsteller stehen nach summarischer Prüfung die ungeminderten Leistungen i.H.v. EUR 354.- monatlich zu.
Der Antragsteller unterfällt bereits nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1a AsylbLG. Danach beschränkt sich die dortige Anspruchseinschränkung auf Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 sowie ihre Familienangehörigen nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG. Nach dem eindeutigen Wortlaut nicht erfasst sind somit Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 AsylbLG, also Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die einen Folgeantrag nach § 71 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) oder einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG stellen. Mit dieser zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Vorschrift hat der Gesetzgeber zum einen auf den Umstand reagiert, dass Asylfolgeantragsteller erst nach der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in den Besitz einer Aufenthaltsgestattung gelangen und damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG leistungsberechtigt werden. Darüber hinaus soll mit der Regelung der mehrfachen, häufig missbräuchlichen Folgeantragstellung begegnet werden. Asylfolgeantragsteller sollen damit den Asylerstantragstellern gleichgestellt werden (Hohm, AsylbLG, § 1 Rdnr. 95 unter Verweis auf BT-Drucks. 15/420 S. 120 f.). Diese Gleichstellung spiegelt sich auch im Wortlaut des § 1a AsylbLG wider, indem weder Asylerst- noch Asylfolgeantragsteller in dessen persönlichen Anwendungsbereich aufgenommen sind. Bestätigt wird dies durch die Gesetzesentwicklung. Im Rahmen der Neuregelung des leistungsberechtigten Personenkreises des AsylbLG zum 1. Januar 2005 war zunächst vorgesehen, die nun in § 1 Abs. 1 Nr. 7 AsylbLG enthaltene Bestimmung in dessen Nr. 4 zu regeln. Daher sollte durch Art. 8 Nr. 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern die in § 1a Halbsatz 1 AsylbLG enthaltene Angabe "Nr. 4" gestrichen werden (vgl. Hohm, a.a.O., § 1a Rdnr. 9). Diese Änderung unterblieb, da die Asylfolge- und -zweitantragsteller nunmehr in § 1 Abs. 1 Nr. 7 AsylbLG erfasst sind. Damit wird der gesetzgeberische Wille deutlich, Ausländer ab dem Zeitpunkt der Stellung eines Asylfolgeantrags nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 1a AsylbLG einzubeziehen (Deibel, ZAR 2004, 321, 323; Decker, ZFSH/SGB 2003, 195, 200; Hohm, a.a.O., Rdnr. 35; ders. in Schellhorn/Schellhorn/ Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 1a AsylbLG Rdnr. 4; Oppenheimer in jurisPK-AsylbLG, § 1a Rdnr. 15; Birk in LPKSGB XII, 9. Aufl., § 1a AsylbLG, Rdnr. 2). Dies gilt selbst dann, wenn einem Asylfolgeantragsteller von der Ausländerbehörde während des beim BAMF anhängigen Asylfolgeverfahrens Duldungen erteilt bzw. fortlaufend verlängert werden (SG Hildesheim, Beschluss vom 27. Dezember 2012 - S 42 AY 9/12 ER - <juris> m.w.N.). Leistungsrechtlich spielt es daher keine Rolle, ob der Antragsteller ausländerrechtlich trotz des Asylfolgeantrag zu weiteren Mitwirkungshandlungen verpflichtet bleibt.
Der Antragsteller hat vorgetragen, am 5. August 2013 einen Asylfolgeantrag gestellt zu haben, was vom Antragsgegner nicht in Abrede gestellt wird. Dass über diesen bereits entschieden worden wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch vom Antragsgegner nicht geltend gemacht. Dieser verweist vielmehr lediglich darauf, dass der Asylfolgeantrag die ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten nicht suspendiere. Aus o.g. Gründen ist dies leistungsrechtlich jedoch nicht von Bedeutung. [...]