VG Magdeburg

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Zitieren als:
VG Magdeburg, Urteil vom 01.07.2014 - 5 A 419/13 MD - asyl.net: M22364
https://www.asyl.net/rsdb/M22364
Leitsatz:

Nachstellungen durch die Taliban stellen keine politische Verfolgung dar, wenn sie bezwecken, den Aufenthalt naher Angehöriger herauszufinden..

Es besteht jedoch Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes wegen der Gefahr eines ernsthaften Schadens.

Schlagwörter: politische Verfolgung, Afghanistan, Taliban, Flüchtlingsanerkennung, subsidiärer Schutz, Asylrelevanz, unmenschliche Behandlung, ernsthafter Schaden, nichtstaatliche Verfolgung,
Normen: AsylVfG § 3 Abs. 1, AsylVfG § 3, AsylVfG § 3b Abs. 1 Nr. 5, AsylVfG § 3b, RL 2011/95/EU Art. 10 Abs. 1 Bst. 3,
Auszüge:

[...]

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG, da er sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslands befindet. In § 3a Abs. 3 AsylVfG ist nunmehr auch gesetzlich geregelt, dass eine Verknüpfung zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG i.V.m. § 3b AsylVfG und den Verfolgungshandlungen Im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG i.V.m § 3a Abs. 1 und 2 AsylVfG bestehen muss. Das Gericht geht zwar auf Grund der geschilderten Umstände davon aus (siehe unten), dass der Kläger von den Taliban bedroht wird. Diese Bedrohung knüpft jedoch nicht an Verfolgungsgründe im Sinne des § 3b Abs. 1 AsylVfG an. Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Buchst. e) QRL insbesondere zu verstehen, dass der Antragsteller in einer Angelegenheit, die die in Art. 8 der Richtlinie genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Antragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist. Was unter einer Verfolgungshandlung zu verstehen ist, definieren § 3a AsylVfG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 und 2 QRL, wobei nach § 3a Abs. 3 AsylVfG i.V.m. Art 9 Abs. 3 eine Verknüpfung zwischen den Verfolgungsgründen und den Verfolgungshandlungen bestehen muss.

Dies zugrunde gelegt, kann von einer Verfolgung aufgrund seiner "politischen Überzeugung" des Klägers nicht ausgegangen werden. Er selbst war politisch nie aktiv. Die drohenden Nachstellungen durch die Taliban beruhen nach den eigenen Angaben des Klägers auf dem Umstand, dass dieser den Aufenthaltsort seines verschollenen Bruders nicht mitzuteilen wusste. Eine Anknüpfung an die politische Gesinnung des Klägers kann damit nicht festgestellt werden. Ein Anspruch des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht daher nicht. [...]