VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Beschluss vom 19.11.2014 - 20 L 2087/14.A - asyl.net: M22514
https://www.asyl.net/rsdb/M22514
Leitsatz:

Eine Abschiebungsanordnung eines in einem EU-Mitgliedstaat anerkannten Flüchtlings in diesen Staat gem. § 26a AsylVfG scheidet aus, da sich § 26a AsylVfG nur auf sichere Drittstaaten im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG bezieht.

Schlagwörter: Flüchtlingsanerkennung, Abschiebungsanordnung, Bulgarien, Dublinverfahren, sichere Drittstaaten, Umdeutung, Unbeachtlicher Asylantrag,
Normen: AsylVfG § 34a, AsylVfG § 27a, AsylVfG § 26a, GG Art. 16a Abs. 2 S. 1, AsylVfG § 35,
Auszüge:

[...]

Gemessen an diesen Kriterien war vorliegend die aufschiebende Wirkung anzuordnen, weil sich bei summarischer Prüfung die Abschiebungsanordnung nach Bulgarien in dem angefochtenen Bescheid voraussichtlich bereits deshalb als rechtswidrig erweisen wird, weil die Antragsgegnerin diese fehlerhaft auf § 34a AsylVfG gestützt hat.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob in Fällen der vorliegenden Art, in denen einem Antragsteller bereits in einem anderen Mitgliedstaat der EU - wie hier in Bulgarien - die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde, die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II- bzw. Dublin III-VO anwendbar sind. Denn die Antragsgegnerin hat über das Asylgesuch der Antragsteller im nationalen Verfahren entschieden. Eine Abschiebungsanordnung nach Bulgarien als zuständigen Staat gemäß § 34a Abs. 1 i.V.m. § 27a AsylVfG scheidet daher von vorneherein aus. Ebenso scheidet eine Abschiebungsanordnung nach Bulgarien als sicherer Drittstaat gemäß gemäß § 34a Abs. 1 i.V.m. § 26a AsylVfG aus, da sich § 26a AsylVfG nur auf sichere Drittstaaten im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG bezieht.

Fälle der vorliegenden Art haben ihre verfahrensrechtliche Regelung in §§ 29, 35 AsylVfG gefunden. Gemäß § 29 AsylVfG ist ein Asylantrag unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass der Ausländer bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen Staat oder in einen anderen Staat, in dem er vor politischer Verfolgung sicher ist, möglich ist. In diesen Fällen ergeht eine Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylVfG bezogen auf den Staat, in dem der Ausländer vor Verfolgung sicher ist. Ob grundsätzlich eine Umdeutung einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG in eine Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylVfG möglich ist, ist fraglich. Hier scheidet eine solche Umdeutung aber in jedem Falle deshalb aus, weil die Dreimonatsfrist des § 29 Abs. 2 AsylVfG für die Rückführung abgelaufen ist, denn die Antragsteller haben den erneuten Asylantrag in der Bundesrepublik bereits am 04.07.2014 gestellt. Zudem hat die Antragsgegnerin weder eine Grundentscheidung nach § 29 AsylVfG getroffen noch die gemäß § 31 Abs. 3 AsylVfG erforderliche Entscheidung über die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 AufenthG.

Welche Auswirkungen der Umstand, dass den Antragstellern in Bulgarien bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde, auf den materiellen Prüfungsumfang ihrer in der Bundesrepublik erneut gestellten Begehren hat bzw. ob die Antragsteller überhaupt einen Anspruch auf eine erneute Statusentscheidung haben, ist unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung einer Prüfung im Hauptsacheverfahren vorzubehalten. [...]