OVG Thüringen

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Zitieren als:
OVG Thüringen, Beschluss vom 28.10.2014 - 3 ZO 647/14 - asyl.net: M22617
https://www.asyl.net/rsdb/M22617
Leitsatz:

Der Ausschluss der Beschwerde nach § 80 AsylVfG greift auch in dem Fall der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Abschiebung auf Grundlage einer Androhung nach dem Asylverfahrensgesetz.

Die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO hat auch der im Ausland lebende Antragsteller grundsätzlich persönlich abzugeben (im Anschluss an: BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 214/10 -).

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Asylverfahrensrecht, Ausschluss der Beschwerde, Beschwerde, Prozesskostenhilfe, Rechtswidrigkeit, Abschiebung, Abschiebungsandrohung, Beschwerdeausschluss,
Normen: AsylVfG § 80, ZPO § 114, ZPO § 117, AsylVfG § 34 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde ist nicht statthaft. Gemäß § 80 AsylVfG ist die Beschwerde gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz ausgeschlossen. Eine solche Rechtsstreitigkeit liegt hier - entgegen der Auffassung des Klägers - vor.

Der Anwendungsbereich dieser Norm ist eröffnet. Der Beschwerdeausschluss gemäß § 80 AsylVfG erstreckt sich auch auf sämtliche Nebenverfahren eines Verfahrens nach dem Asylverfahrensgesetz, insbesondere auch auf eine erfolgte Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren (Beschluss des Senats vom 7. Januar 1999 - 3 SO 970/98 - juris; zuletzt auch: Sächsisches OVG, Beschluss vom 6. Juni 2014 - A 5 D 44/14 - juris).

Es liegt auch eine Rechtstreitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz vor. Nicht entscheidend ist dabei zunächst, die Maßnahme welcher Behörde in Streit ist, also eine solche des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder die einer Ausländerbehörde. Die Vorschrift knüpft vielmehr daran an, ob die streitige Maßnahme ihre rechtliche Grundlage im Asylverfahrensgesetz findet. Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht (zu § 78 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 25. September 1997 - 1 C 6.97 - NVwZ 1998, 299) und dem folgend der Senat (Beschlüsse des Senats vom 14. November 1997 - 3 ZEO 1229/97 - und vom 17. Februar 2005 - 3 EO 1424/04 - beide zitiert nach juris) und der vom Kläger zitierte Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 1999 - 11 S 215/99 - juris) ausgeführt, dass zwischen den Maßnahmen in der asylrechtlichen Entscheidungsphase einerseits und in der sich anschließenden Vollzugsphase andererseits zu unterscheiden ist. Diese Vollstreckungsphase ist nicht lediglich Annex der Asylentscheidung und wird, jedenfalls soweit die Ausländerbehörde selbständige Entscheidungen zu treffen hat und diese asylverfahrensgesetzlich nicht bestimmt sind, durch die allgemeinen aufenthaltsgesetzlichen Regelungen geformt. Dementsprechend ist der Senat in Rechtsstreitigkeiten, in denen der Ausländer nach bestandskräftiger Ablehnung seines Asylantrags von der Ausländerbehörde die Aussetzung der im Bescheid des Bundesamtes angedrohten Abschiebung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO begehrte (vgl. Beschluss des Senats vom 14. November 1997 - 3 ZEO 1229/97 - a.a.O.) oder dieser sich gegen weitere vorbereitende Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht - wie der Verfügung an den Ausländern, einen gültigen Pass bzw. Passersatz vorzulegen - wendete (vgl. Beschluss des Senats vom 17. Februar 2005 - 3 EO 1424/04 - a.a.O.), also Maßnahmen in Streit waren, die allein nach ausländer- bzw. aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen zu messen waren, davon ausgegangen, dass es sich nicht um Maßnahmen nach dem Asylverfahrensgesetz handelt.

Anders verhält es sich jedoch im vorliegenden Fall. Der Kläger hat sich mit seiner Klageschrift vom 20. Juli 2010 und in einem klageergänzenden Schriftsatz vom 25. März 2014 in erster Linie gegen die Abschiebungsandrohung gewandt, soweit darin Israel als Land der Abschiebung bezeichnet ist. Der Kläger will geklärt wissen, "ob die der Abschiebung zu Grunde liegende Ausreisepflicht als Vollstreckungsgrundlage der Abschiebung rechtmäßig war". Die vom Bundesamt getroffene Abschiebungsandrohung findet jedoch ihre Rechtsgrundlage in § 34 Abs. 1 AsylVfG, sodass insoweit eine Rechtsstreitigkeit nach diesem Gesetz zu bejahen ist.

Dies muss auch für die weiterhin vom Kläger aufgeworfene Frage gelten, ob die Art und Weise der Durchführung durch die Ausländerbehörde rechtmäßig war. Der Kläger will damit gerichtlich nicht die Rechtmäßigkeit einer selbstständigen, allein auf das Aufenthaltsgesetz gestützten Entscheidung der Ausländerbehörde geklärt wissen. Seine Feststellungsklage zielt vielmehr darauf, die Vereinbarkeit der Durchführung der Abschiebung mit der auf dem Asylverfahrensgesetz beruhenden Abschiebungsentscheidung des Bundesamtes prüfen zu lassen. Damit ist letztlich der gesamte Rechtsstreit durch das Asylverfahrensgesetz geprägt. Das gilt umso mehr, als der Kläger mit seiner Klage im Kern auch zielstaatsbezogene und vorrangig vom Bundesamt zu berücksichtigende Belange gegen seine Abschiebung geltend macht.

Selbst wenn man zugunsten des Klägers von der Statthaftigkeit seiner Beschwerde entgegen den obigen Ausführungen ausgehen sollte, kann seine Beschwerde keinen Erfolg haben. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht bereits entgegen, dass der Kläger bislang nicht höchstpersönlich die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem durch § 1 Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6. Januar 2014 (BGBl. I S. 34) festgelegten Formular abgegeben oder eine gleichgestellte Unterlage abgegeben hat.

Der Formularzwang gilt auch für Anträge auf Verfahrenskostenhilfe von Verfahrensbeteiligten, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in einem anderen Staat haben. § 117 Abs. 4 ZPO sieht für sie keine Ausnahmen vor, wie dies im Umkehrschluss aus den Sonderregelungen für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach § 1076 ZPO zu schlussfolgern ist (vgl. hierzu im Einzelnen: BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 214/10 -). Die Erklärung ist höchstpersönlich abzugeben; sie kann nicht durch einen Vertreter - wie dem Bevollmächtigten - unterzeichnet werden. [...]