VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Urteil vom 17.11.2014 - 8 K 948/14 - asyl.net: M22652
https://www.asyl.net/rsdb/M22652
Leitsatz:

Es ist bei der auf Ermessensfehler beschränkten Überprüfung nicht zu beanstanden, dass die Einbürgerungsbehörde die Einbürgerung (auch) nach § 8 StAG abgelehnt hat, weil der Ausländer lediglich im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG ist. Es handelt sich dabei um eine Aufenthaltserlaubnis, die regelmäßig nur für einen befristeten Aufenthalt erteilt wird. Die Einbürgerung wird dadurch auf Personen beschränkt, deren Aufenthaltsrecht auf Dauer angelegt ist.

Der Ausschluss greift unabhängig von der Dauer des Inlandsaufenthaltes und davon, ob sich durch zahlreiche Verlängerungen die Aufenthaltserlaubnis faktisch zu einem Daueraufenthalt verfestigt hat, dessen Beendigung nicht oder nicht in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten steht.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: befristete Aufenthaltserlaubnis, Ermessenseinbürgerung, Einbürgerung, Daueraufenthalt, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, Aufenthaltsdauer,
Normen: StAG § 8, AufenthG § 25 Abs. 3,
Auszüge:

[...]

Nach § 8 StAG kann ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, bei Vorliegen der weiteren in Abs. 1 Nr. 1 bis 4 der Norm genannten Voraussetzungen auf seinen Antrag eingebürgert werden. Die Klägerin besitzt eine Aufenthaltserlaubnis und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet.

Unabhängig vom Vorliegen der weiteren in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StAG genannten Voraussetzungen steht die Einbürgerung allerdings im grundsätzlich weiten Ermessen der Einbürgerungsbehörde. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei der Ausübung des Ermessens darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der beantragten Einbürgerung besteht. Die Behörde hat zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfindet. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Behörde rechtsfehlerhaft gehandelt, insbesondere von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 113 Abs. 4, § 114 VwGO). Die Verwaltungsgerichte dürfen nicht eigenes Ermessen an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen, wenn ihnen eine dem Bewerber günstigere Ermessensausübung den Umständen des konkreten Falles angemessener erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2010 – 5 C 8/09 –, juris Rn. 25).

Bei der auf Ermessensfehler beschränkten Überprüfung der Entscheidung der Beklagten ist nicht zu beanstanden, dass diese die Einbürgerung (auch) nach § 8 StAG abgelehnt hat, weil die Klägerin lediglich im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG ist. Die Beklagte hat bei ihrer Ermessensentscheidung Nr. 8.1.2.4 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz (VAH) berücksichtigt. Die Verwaltungsvorschrift bindet zwar die Verwaltungsgerichte nicht, steuert aber das Ermessen der Einbürgerungsbehörden im Interesse eines gleichheitskonformen Ermessensgebrauchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2010 – 5 C 8/09 –, juris Rn. 33).

Hiernach ist es nicht zu beanstanden, dass (abgesehen von den hier nicht relevanten Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 und § 23a Abs. 1 AufenthG) nach Nr. 8.1.2.4 VAH i.V.m. Nr. 10.1.1.2 VAH Aufenthaltserlaubnisse für Aufenthaltszwecke nach den §§ 16, 17, 20, 22, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG für eine Einbürgerung nicht ausreichend sind. Es handelt sich dabei um Aufenthaltserlaubnisse, die regelmäßig nur für einen befristeten Aufenthalt erteilt werden. Die Einbürgerung wird dadurch auf Personen beschränkt, deren Aufenthaltsrecht auf Dauer angelegt ist (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 7. Januar 2013 – 13 PA 243/12 –, juris Rn. 3; Berlit, in: Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Oktober 2009, § 8, Rn. 280 ff.).

Daran ändert es auch nichts, dass die Klägerin mittlerweile seit mehr als 18 Jahren in Deutschland lebt und sich ihr Aufenthalt ungeachtet des nach wie vor befristeten Aufenthaltstitels durch zahlreiche Verlängerungen dieses Titels faktisch zu einem Daueraufenthalt verfestigt haben dürfte. Der Ausschluss greift unabhängig von der Dauer des Inlandsaufenthaltes und davon, ob sich durch zahlreiche Verlängerungen namentlich die nach §§ 22, 23 Abs. 1, 23 a, 24 oder 25 Abs. 3 und 4 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnisse faktisch zu einem Daueraufenthalt verfestigt haben, deren Beendigung nicht oder nicht in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten steht. Die Überführung der aus humanitären Gründen im weitesten Sinne erteilten Aufenthaltserlaubnisse in eine zu anderen Zwecken erteilte Aufenthaltserlaubnis oder eine Niederlassungserlaubnis richtet sich allein nach dem allgemeinen Aufenthaltsrecht. Der (nicht freizügigkeitsberechtigte) Ausländer muss tatsächlich im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder qualifizierten Aufenthaltserlaubnis sein. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Einbürgerung, nicht der der Antragstellung. Unerheblich ist, ob dem Ausländer eine qualifizierte Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis erteilt werden könnte oder er gar einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bzw. qualifizierten Aufenthaltserlaubnis hätte. Die Einbürgerungsbehörde ist an die Tatbestandswirkung von Entscheidungen der Ausländerbehörde sowie die Feststellungswirkung etwa ergangener ausländerbehördlicher Verwaltungsakte zum Eintritt gesetzlicher Erlöschungsvoraussetzungen gebunden (vgl. Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 14. August 2012 – 2 K 283/11 –, juris Rn. 22; Berlit, in: Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Juli 2012, § 10, Rn. 172 ff., insbesondere Rn. 193 ff.). [...]