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OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.12.2014 - 19 E 1189/14 - asyl.net: M22723
https://www.asyl.net/rsdb/M22723
Leitsatz:

Der Umstand, dass eine viele Jahre zurückliegende Strafverurteilung oberhalb der heutigen Bagatellstrafgrenze nur deshalb noch im Bundeszentralregister erfasst ist, weil kurz vor Ablauf der Tilgungsfrist eine Verurteilung wegen einer Bagatellstraftat erfolgt ist, so dass die erste Verurteilung aufgrund der Tilgungsregel des § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG nicht nach Ablauf der ursprünglichen Tilgungsfrist getilgt werden kann, begründet keinen besonderen Härtefall im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG.

Schlagwörter: Einbürgerung, besonderer Härtefall, besondere Härte, Straftat, Bundeszentralregister, Bagatellgrenze, Bagatellstraftat, Tilgungsfrist, Ermessen,
Normen: StAG § 8 Abs. 1, StAG § 8 Abs. 2, BZRG § 47 Abs. 3 S. 1,
Auszüge:

[...]

Unzutreffend ist die Auffassung des Klägers in der Beschwerdebegründung, der Beklagte habe seinem Antrag im Rahmen einer Ermessensentscheidung stattgeben müssen, weil die erste der beiden genannten Verurteilungen länger als 10 Jahre zurückliege. Dem Beklagten ist kein Ermessen eröffnet, insbesondere nicht nach § 8 Abs. 1 StAG. Auch dies hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt. Zu ergänzen ist insoweit lediglich, dass der Beklagte auch nicht nach § 8 Abs. 2 StAG zur Vermeidung einer besonderen Härte von der Mindestvoraussetzung der Straffreiheit in § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG absehen kann. Ein besonderer Härtefall im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG muss durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt, gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 2013 - 5 PKH 13/12 -, juris, Rdn. 7; Urteil vom 20. März 2012 - 5 C 5.11 -, BVerwGE 142, 145, juris, Rdn. 39; VG Ansbach, Urteil vom 5. Juni 2014 - AN 4 K 13.01856 -, juris, Rdn. 22 m. w. Nachw.).

Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Keine besondere Härte liegt insbesondere in dem Umstand, dass seine viele Jahre zurückliegende Strafverurteilung oberhalb der heutigen Bagatellstrafgrenze nur deshalb noch im Bundeszentralregister erfasst ist, weil er kurz vor Ablauf der Tilgungsfrist erneut, dieses Mal wegen einer Bagatellstraftat, verurteilt wurde. Dieser Umstand ist weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte er durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Vielmehr wären beide Straftaten auch dann erst im Jahre 2020 tilgungsreif, wenn der Beklagte den Kläger einbürgerte. Die Tilgungsregel des § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG trifft jeden verurteilten Straftäter gleichermaßen, nicht nur den ausländischen Strafverurteilten, der seine Einbürgerung beantragt hat. Auch in dem vom Kläger angeführten "Stigma der Steuerhinterziehung" liegt keine Härte, die durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen ist. Entsprechendes gilt für die weiteren von ihm angeführten Umstände (Einbürgerung seiner gesamten Familie, keine Verwandten mehr in Indien außer seinem kranken Vater, Arbeitsplatz, Eigentumserwerb). [...]