Eine Anhörung, die vorrangig der Ermittlung des zuständigen Staates zur Prüfung des Asylbegehrens dient und nur eine knappe Befragung zu dem Verfolgungsschicksal und dem Asylantrag umfasst, genügt nicht den Anforderungen der nach § 71a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG gebotenen Prüfung, ob nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 AufenthG vorliegen.
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Zwar dürfte es sich vorliegend um einen Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG handeln. Aber auch bei Heranziehung von § 71a AsylVfG und Ablehnung eines Wiederaufgreifensgrund liegen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsandrohung vor.
So hat das Bundesamt in dem angegriffenen Bescheid im Rahmen der ihm nach § 71a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG aufgegebenen Prüfung das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 AufenthG verneint und dabei auf den detailarmen Vortrag der Antragstellerin zu 1.) verwiesen. Dabei hat das Bundesamt aber unberücksichtigt gelassen, dass die Anhörung am 18. April 2012 vorrangig der Ermittlung des zuständigen Staates zur Prüfung des Asylbegehrens diente und die Befragung zu dem Verfolgungsschicksal und den Gründen für den Asylantrag sehr knapp erfolgte und lediglich auf einer DIN A4-Seite dokumentiert ist. Zur politischen Verfolgung wurden nur zwei Fragen und zwei Nachfragen gestellt. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach § 15 Abs. 1 S. 1 AsylVfG die Asylbewerber persönlich zur Aufklärung des Sachverhaltes verpflichtet sind und es gem. § 25 Abs. 1 S. 1 AsylVfG ihre Obliegenheit ist, selbst die Tatsachen vorzutragen, die seine Furcht vor Vorverfolgung begründen, wären doch gezieltere Nachfragen erforderlich gewesen, beispielsweise zu den Umständen und Gründen, warum ihr ältester Sohn abgeholt bzw. ihr Ehemann inhaftiert wurde, oder warum sie (unabhängig von der erst danach erwähnten Erkrankung) Angst um ihren jüngeren Sohn hat, und schließlich zu einer eigenen Bedrohung. Es bleibt dem Klageverfahren vorbehalten, diese Fragen nachträglich zu stellen. Ebenso wird im Klageverfahren der Frage nach zu gehen sein, ob die in der Bundesrepublik Deutschland begonnene Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung der Antragstellerin zu 1.) ohne Gefahr für ihre Gesundheit in der Russischen Föderation fortgesetzt werden kann. Im Rahmen des Klageverfahrens wird auch aufzuklären sein, ob unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls und insbesondere der fehlenden Fähigkeit der (alleinerziehenden) Antragstellerin zu 1.), sich um ihre Angelegenheiten und die ihrer minderjährigen Tochter, der Antragstellerin zu 2.), zu kümmern, so dass sie unter Betreuung gestellt wurde, die Existenz der Antragstellerinnen in der Russischen Föderation gesichert ist. [...]