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LG Traunstein

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Zitieren als:
LG Traunstein, Beschluss vom 17.04.2015 - 4 T 1283/15 - asyl.net: M22823
https://www.asyl.net/rsdb/M22823
Leitsatz:

Sofern eine (Dublin-)Überstellung innerhalb des Zeitraumes einer beantragten einstweiligen Anordnung möglich ist, vereitelt die Anordnung im Ergebnis die Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die Gewährung von rechtlichem Gehör zur Dauer der erforderlichen Zurückschiebung.

Schlagwörter: Überstellungshaft, Sicherungshaft, Abschiebungshaft, Zurückschiebungshaft, Haftantrag, Dublin III-Verordnung, Dublinverfahren, Bulgarien, Haftgründe, Fluchtgefahr, Überstellung, rechtliches Gehör, einstweilige Anordnung,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, VO 604/2013 Art. 28 Abs. 2, VO 604/2013 Art. 2 Bst. a,
Auszüge:

[...]

a) Die beteiligte Ausländerbehörde führte in ihrem Haftantrag vom 13.03.2015 aus, dass der Betroffene im Verfahren nach der Dublin III-Verordnung nach Bulgarien überstellt werden soll, da Bulgarien für das Asylverfahren zuständig ist und stützte den Haftantrag auf die Haftgründe des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG.

Die Haftanordnung hätte nicht ergehen dürfen, weil die Voraussetzungen für die Inhaftnahme des Betroffenen zum Zweck einer Überstellung nach Art. 28 Abs. 2 Dublin III-Verordnung nicht vorlagen. Nach der Entscheidung des BGH vom 26.06.2014 (Az. BGH V ZB 31/14) hätte unter Geltung des hier anwendbaren Art. 28 der Dublin III-Verordnung die Haft zur Sicherstellung einer Überstellung des Ausländers in den für dessen Schutzantrag zuständigen Mitgliedstaat nach den Vorschriften des nationalen Ausländerrechts über die Zurück- oder Abschiebung nicht angeordnet werden dürfen, weil es an den durch Art. 2 Buchstabe n Dublin III-Verordnung für die Annahme der Fluchtgefahr geforderten objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien fehlt und der generalklauselartig formulierte Haftgrund in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG diesen Anforderungen deshalb nicht genügt (vgl. BGH vom 26.06.2014, V ZB 31/14).

b) Im Hinblick auf den Antrag der beteiligten Ausländerbehörde vom 13.03.2015 hätte seitens des Amtsgerichts München noch keine endgültige Entscheidung erlassen werden dürfen. Beantragt wurde die Anordnung von Haft zur Sicherung der Zurückschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung, da in dem Antrag vom 13.03.2015 das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft noch nicht vorlag und auch die Dauer der erforderlichen Zurückschiebung noch nicht konkret dargelegt werden konnte. Für eine endgültige Entscheidung durch das Amtsgericht München lagen daher die Voraussetzungen noch nicht vor. Sie war zudem noch nicht beantragt.

c) Die beantragte einstweilige Anordnung für die Dauer von sechs Wochen lässt sich vorliegend nicht mit den Verfahrensrechten des Betroffenen insbesondere dessen Anspruch auf rechtliches Gehör in Einklang bringen. Nach dem Haftantrag vom 13.03.2015 wurde davon ausgegangen, dass eine Überstellung nach Bulgarien innerhalb von sechs Wochen und somit innerhalb des Zeitraums der beantragten einstweiligen Anordnung möglich ist. Eine einstweilige Anordnung für die Dauer von sechs Wochen vereitelt im Ergebnis die Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Gewährung von rechtlichem Gehör zur Dauer der erforderlichen Zurückschiebung; Erfordernis des dargelegten Einvernehmens der Staatsanwaltschaft). Ein weiteres Schreiben, in dem die fehlenden Angaben nachgeholt wurden ist bislang bei Gericht nicht eingegangen. [...]