VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Urteil vom 31.03.2015 - 24 K 4.14 - asyl.net: M22843
https://www.asyl.net/rsdb/M22843
Leitsatz:

Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG kann nach § 9 BeschV auch erstmalig ohne Zustimmung der Bundesagentur erteilt werden, wenn der Ausländer zuvor seit zwei Jahren rechtmäßig eine Beschäftigung ausgeübt oder sich seit drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, unabhängig davon, ob es sich um eine qualifizierte Beschäftigung handelt. Die Zeiten einer anderen Aufenthaltserlaubnis sind nach § 9 BeschV anrechenbar.

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung, Aufenthaltstitel, Bundesagentur für Arbeit, Voraufenthalt, Anrechnung, Aufenthaltszweck,
Normen: AufenthG § 18 Abs. 2, BeschV § 9 Abs. 1 Nr. 2,
Auszüge:

[...]

Der Kläger hat aber Anspruch darauf, dass über seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nach Ermessen des Beklagten entschieden wird. Danach kann einem Ausländer ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 [AufenthG] oder zwischenstaatlicher Vereinbarung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur zulässig ist.

Diese Voraussetzungen liegen vor, da die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Beigeladenen zulässig ist. Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschV. Danach bedarf es keiner Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung bei Ausländerinnen und Ausländern, die eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen und sich seit drei Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Antrages am 2. Juli 2013 besaß der Kläger eine bis zum 8. August 2013 gültige Aufenthaltserlaubnis. Eine Zustimmung der Beigeladenen war aufgrund des über dreijährigen, erlaubten Voraufenthalts des Klägers nicht erforderlich.

Ohne Erfolg machte der Beklagte geltend, dass § 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschV nicht anwendbar sei, weil der Aufenthaltstitel des Klägers inzwischen erloschen sei. Diese Rechtsauffassung verkennt den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschV, der darin liegt, dass ein Ausländer, der über eine Aufenthaltserlaubnis verfügt und sich seit drei Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestaltung im Bundesgebiet aufhält, ohne Zustimmung der Beigeladenen eine Beschäftigung aufnehmen darf und über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach Ermessen zu entscheiden ist. Auf den Zweck der zum Zeitpunkt der Beantragung bereits vorliegenden Aufenthaltserlaubnis kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht an. Insbesondere gilt § 9 Abs. 1 BeschV nicht nur für bereits erteilte Aufenthaltserlaubnisse nach § 18 AufenthG. Dies ergibt sich auch aus § 9 Abs. 3 BeschV, nach dem auf die Aufenthaltszeit nach Abs. 1 Nr. 2 Zeiten eines Aufenthalts nach § 16 des Aufenthaltsgesetzes nur zur Hälfte und nur bis zu zwei Jahren angerechnet werden. Dies zeigt, dass eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG anrechenbar ist. Selbst wenn man wegen des anderweitigen Zwecks und der im Ermessen des Beklagten stehenden Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nicht von einer Verlängerung im Sinne von § 8 Abs. 1 AufenthG ausginge, wofür spricht, dass § 31 AufenthG einen gebundenen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unter bestimmten, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen vorsieht, sondern einer erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG, führt der erlaubte dreijährige Voraufenthalt dazu, dass eine Zustimmung der Beigeladenen nicht mehr erforderlich ist. Dass die Aufenthaltserlaubnis am 9. August 2013 erloschen ist, steht dem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht entgegen, da der Beklagte nicht durch ein Hinauszögern seiner Entscheidung das Entfallen der Anspruchsvoraussetzungen herbeiführen kann. Im Übrigen bräuchte der Kläger keine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn er zum Zeitpunkt der Entscheidung noch im Besitz eines anderen Aufenthaltstitels wäre, der ihn ohnehin zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt. [...]