AG Hannover

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Zitieren als:
AG Hannover, Beschluss vom 11.06.2015 - 43 XIV 25/15 - asyl.net: M22994
https://www.asyl.net/rsdb/M22994
Leitsatz:

Zur Unverzüglichkeit der Vorführung vor den zuständigen Richter nach einer Festnahme.

Schlagwörter: unerlaubter Aufenthalt, Freiheitsentziehung, Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Vorführung, Amtsrichter, Bereitschaftsrichter, Unverzüglichkeit, Haftbeschluss, Haftantrag, Bereitschaftsdienst, Anhörung,
Normen: FamFG § 427, FamFG § 428 Abs. 2, GG Art. 104 Abs. 2 S. 2, FamFG § 428 Abs. 1 S. 1, AufenthG § 62 Abs. 5 S. 2,
Auszüge:

[...]

Der gemäß § 428 Abs. 2 FamFG statthafte Antrag ist zulässig und in der Sache auch begründet. Das Amtsgericht ist der Ansicht, dass die Ingewahrsamnahme in der Zeit vom 15.07.2012, 15.00 Uhr bis zur gerichtlichen Vorführung am 16.07.2015 rechtswidrig gewesen ist.

Der Betroffene rügt zu Recht, dass seine Vorführung vor den zuständigen Richter nach Maßgabe des Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG, § 428 Abs. 1 Satz 1 FamFG, § 62 Abs. 5 Satz 2 AufenthG nicht unverzüglich erfolgt sei. Nach der Festnahme am 15.07.2012 um 15.00 Uhr hätte der Betroffene noch an diesem Tag dem zuständigen Bereitschaftsrichter des Amtsgerichts Hannover vorgeführt werden können. Unverzüglichkeit der Vorführung vor den zuständigen Richter bedeutet eine Vorführung ohne jede nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigte Verzögerung.

Die Verzögerungen bis zur Vorführung des Betroffenen am 16.07.2012 sind nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt gewesen. Nach der Stellungnahme der zuständigen Ausländerbehörde ist ihr die Festnahme entweder erst am 16.07.2012, 9.20 Uhr, angezeigt worden, oder es ist zuvor eine telefonische Mitteilung durch die Polizei über die Festnahme erfolgt. In der Folge ist die Verzögerung entweder bei der Polizei oder der Behörde eingetreten. Ein Haftantrag hätte umgehend ohne diese vertretbare Verzögerung noch am 15.07.2012 gefertigt und an das Amtsgericht Hannover übersandt werden können.

Deshalb war im vorliegenden Fall die weitere Verzögerung ab 15.00 Uhr des 15.07.2012 nicht mehr aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Gerade für derartige Fälle, wie dem hier vorliegenden, wurde ein richterlicher Rufbereitschaftsdienst bis 21.00 Uhr beim Amtsgericht Hannover eingerichtet. Dieser Bereitschaftsdienst ist dann auch zur Anhörung und Entscheidung berufen. Eine Anhörung hätte noch am 15.07.2012 bis 21:00 Uhr erfolgen können. [...]