1. Im Iran herrscht keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung von Frauen, die ein nicht-eheliches Kind haben.
2. Ebenso begründet der rein formale Glaubensübertritt zum Christentum im Iran noch keine relevante Verfolgung, sofern bei einer entsprechenden Prognose nicht davon ausgegangen werden kann, dass die betreffende Person sich nach ihrer Rückkehr in den Iran religionsbezogen verhalten wird.
[...]
2.2. Den Angaben der Klägerin zu 1) zum Verhältnis zum Vater ihres Kindes, der Klägerin zu 2), kann nicht entnommen werden, dass sie und ihr Kind den Iran vorverfolgt verlassen haben. Unterstellt, dieser Mann habe die Klägerin zu 1) tatsächlich mit seiner Stellung als Mitglied des Geheimdienstes bedroht und unter Druck gesetzt für den Fall, dass die Klägerin zu 1) seine Vaterschaft bekannt machen wollte, hat dies jedenfalls nicht zum Verlassen des Heimatlandes geführt. Den Angaben der Klägerin zu 1) zufolge, hat sie zwar ihren Geburtsort ... verlassen, um diesen Drohungen zu entgehen, hat sich aber mit ihrer Mutter in deren Geburtsort ... begeben, wo sie ihr Kind geboren hat und unbehelligt von diesem Mann bis zur Ausreise gelebt hat.
Ihre Ausreise erfolgte demnach auch aus anderen Gründen. [...]
Zu den Angaben der Klägerin zu 1) hinsichtlich ihrer Schwierigkeiten wegen der unehelichen Geburt der Klägerin zu 2), hat das Auswärtige Amt in der Auskunft vom 19.11.2014 dargelegt, dass sich die Stellung der Frauen in der islamischen Gesellschaft spürbar verbessert habe. So hätten Frauen keine Probleme, ihren eigenen Haushalt zu begründen und/oder sich als Alleinerziehende in die Gesellschaft zu integrieren. Im Falle der Geburt eines nichtehelichen Kindes könne von einer Änderung der geschilderten Stellung und Wertigkeit der Frau in der iranischen Gesellschaft nicht ausgegangen werden. Ein Kind, dessen Vater nicht bekannt ist, werde als "Farzand Tabiei" (Kind der Natur) standesamtlich registriert und erhalte auch eine Geburtsurkunde, die auf den Namen der Mutter lautet. Sanktionen oder Repressionen gegenüber einer Frau, die ein nicht-eheliches Kind zur Welt bringt, seien allenfalls im familiären oder privaten Bereich zu suchen. Hierin unterscheide sich die Islamische Republik Iran nicht von anderen Staaten in der Welt. Ausdrücklich werde im iranischen Strafgesetzbuch geregelt, dass eine schwangere Frau, die keinen Ehemann hat, nicht einer Hadd-Strafe unterliege, außer, wenn mit einem der in diesem Gesetz genannten sehr aufwendigen und für den Kläger risikoträchtigen Beweismittel - im Falle einer mangelnden Beweisführung droht dem oder den Kläger/innen die Auspeitschung - ein illegaler Geschlechtsverkehr bewiesen werde.
Es gebe in der islamischen Republik keine rechtliche oder praktische "Notwendigkeit", die Existenz eines nicht-ehelichen Kindes zu verschleiern. Der für die verspätete Anmeldung Verantwortliche erhalte (je nach Zeitraum) ein empfindliches Bußgeld.
Unter Berücksichtigung dieser Auskunftslage sind die von der Klägerin geschilderten Schwierigkeiten ihrem persönlichen Umfeld zuzurechnen und damit nicht asylrelevant. Auch die Befürchtung, wegen der Geburt des Kindes Bestrafung erwarten zu müssen, sind nicht real. Dass die Klägerin bei dem unerlaubten Geschlechtsverkehr von der erforderlichen Anzahl von Zeugen (vier rechtschaffene männliche Zeugen oder drei rechtschaffene männliche und zwei rechtschaffene weibliche Zeugen) beobachtet worden wäre, wurde nicht vorgetragen.
2.3. Soweit sich die Klägerin zu 1) darauf beruft, in der Bundesrepublik Deutschland zum christlichen Glauben konvertiert zu sein, hilft das der Klage nicht zum Erfolg. Aufgrund der aktuellen asylrelevanten Lage, welche sich aus den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln ergibt, besteht nach Ansicht des Gerichts im Iran für christliche Konvertiten, die ihren Glauben in Gemeinschaft mit anderen ausüben, die beachtliche Gefahr von Verfolgungshandlungen. Insgesamt betrachtet ist eine religiöse Betätigung von muslimischen Konvertiten im Iran selbst im häuslich privaten oder nachbarschaftlich kommunikativen Bereich nicht mehr gefahrlos möglich (Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 9.7.2014, Az: W 6 K 14.30301 - juris mit weiteren Hinweisen auf die Rspr. und Literatur).
Es liegen jedoch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass ein im Zufluchtsland nur formal vollzogener Glaubensübertritt zum Christentum im islamischen Heimatland des schutzsuchenden Ausländers mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Verfolgungsmaßnahmen führt, wenn er dort seine christliche Glaubenszugehörigkeit verheimlichen, verleugnen oder aufgeben würde. Ob der Ausländer nach Rückkehr in sein Heimatland anknüpfend an die Religion Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt ist, setzt eine Prognose voraus, wie sich der Betreffende hinsichtlich seiner Religion im Heimatland verhalten wird. Dabei bietet nur eine dauerhafte und ernsthafte religiöse Überzeugung eine tragfähige Grundlage dafür, ein religionsbezogenes (Verfolgungsmaßnahmen auslösendes) Verhalten des Ausländers vorherzusagen. Denn es ist nicht anzunehmen, dass der Ausländer nach Rückkehr in sein Heimatland einer Religion entsprechend lebt, die er in seinem Zufluchtsland nur vorgeblich, oberflächlich oder aus asyltaktischen Gründen angenommen hat.
Tritt ein Erwachsener zu einer neuen Religion über, muss er die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein beschreiben. Nach dem aus der Gesamtheit des verwaltungs- und gerichtlichen Verfahrens gewonnenen Eindrucks muss sich der Schutzsuchende aus innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis gelöst und dem anderen Glauben zugewandt haben. Hat er eine christliche Religion angenommen, genügt es im Regelfall nicht, dass der Schutzsuchende lediglich formal zum Christentum übergetreten ist, indem er getauft wurde. Von einem Erwachsenen, der sich zum Bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im Regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner Persönlichkeit und seiner intellektuellen Disposition (vgl. VG Gelsenkirchen, U. v. 10.7.2014 - 5a K 60 97/12 A -).
Die Klägerin zu 1) hatte in der mündlichen Verhandlung eingehend Gelegenheit, sich zu ihrem neuen Glauben zu äußern. Sie konnte das Gericht nicht davon überzeugen, dass der geltend gemachte Glaubenswechsel vom Islam zum Christentum bereits ernsthaft und dauerhaft vollzogen ist, Bei der Anhörung der Klägerin zu 1) am 25.10.2011 hat sie noch nichts von einer Hinwendung zum Christentum gesagt. Die am 11.2.2012 attestierte Taufe erfolgte, ohne dass die Klägerin vorher mit den Grundzügen des christlichen Glaubens eingehend vertraut gemacht worden wäre. Trotz des vorgetragenen wöchentlichen Bibelunterrichts bei einer Pfarrerin konnte die Klägerin zu 1) als wesentlichen Glaubensinhalt nur wiedergeben, dass demjenigen, der Gutes tut, auch Gutes widerfahren werde und demjenigen, der Schlechtes tut, Schlechtes widerfahren werde und dass Gott stets bei den Menschen sei. Die Antwort auf die Frage, wie der Glaube ihr Leben verändert hat, beschränkt sich darauf, dass sich ihr Blick auf die Welt geändert habe und sie jetzt keine Angst mehr habe. Auch die Frage nach den wichtigsten christlichen Festen und den zehn Geboten konnte nur unzureichend beantwortet werden. Die Klägerin zu 1) hat wiederholt darauf hingewiesen, dass sie noch im Begriff ist, sich mit dem christlichen Glauben auseinander zu setzen, sie lerne noch.
Die inneren Beweggründe, die die Klägerin zu 1) veranlasst haben, sich und ihre Tochter taufen zu lassen, sind hauptsächlich in dem Wunsch der Klägerin zu 1) zu sehen, sich und ihre Tochter zu integrieren. (Dass dies der Klägerin zu 1) ein ernsthaftes Anliegen ist, zeigt der Umstand, dass sie in der mündlichen Verhandlung weitgehend in deutscher Sprache ihr Anliegen vortrug.) Dazu gehört nach ihrer Ansicht die Zugehörigkeit zu dem in Deutschland üblichen Glauben. Dies reicht nicht aus für die Annahme, die Klägerin zu 1) sei durch die neue Religion in ihrer religiösen Identität geprägt. Nur eine dauerhafte und ernsthafte religiöse Überzeugung bildet die tragfähige Grundlage dafür, ein religionsbezogenes (Verfolgungsmaßnahmen auslösendes) Verhalten des Ausländers vorherzusagen. Hiervon kann derzeit nicht ausgegangen werden. Der Umstand allein, dass sich die Klägerin zu 1) in ihrer derzeitigen Kirchengemeinde gut aufgenommen fühlt, belegt die erforderliche Manifestation der Loslösung vom Islam nicht. Dies muss die Klägerin zu 2) gegen sich gelten lassen, da ihr aufgrund ihres Alters die religiöse Überzeugung ihrer Mutter zuzurechnen ist. Der Umstand, dass sie gerne in den evangelischen Kindergarten geht, ändert hieran nichts.
2.4. Auch der Umstand, dass die Klägerinnen den Iran illegal verlassen haben und in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, löst im Falle ihrer Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus (vgl. BayVGH, B.v. 25.2.2013 - 14 ZB 13.323 -). [...]