Auch nach Inkrafttreten der verschärften Strafbestimmungen am 10. März 2014 ist es in Uganda nicht zu strafgerichtlichen Verurteilungen wegen homosexueller Handllungen gekommen. Staatliche Stellen tolerieren keine Übergriffe nichtstaatlicher Akteure gegen Homosexuelle.
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist die Klägerin nicht vorverfolgt aus Uganda ausgereist.
Das Gericht geht aufgrund der Stellungnahme der Beratungsstelle vom 10. April 2014 von der Homosexualität der Klägerin aus. Als Homosexuelle gehört sie einer sozialen Gruppe i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG an, die aufgrund der strafrechtlichen Bestimmungen in Uganda eine abgegrenzte Gruppe bildet, die von der sie umgebenden Gesellschaft aus andersartig betrachtet wird (vgl. EuGH U.v. 7.11.2013 - C-199/12 - juris). In Uganda droht einer Person, die einer Straftat überführt ist, die mit "Geschlechtsverkehr wider der Natur" bezeichnet wird, gemäß Sektion 145 des Strafgesetzbuchs von 1950 (Penal Code Act 1950) eine Freiheitsstrafe, die im Höchstfall lebenslang ist. Das bloße Bestehen von Rechtsvorschriften, nach denen homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, genügt jedoch nicht für die Annahme einer relevanten Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylVfG. Vielmehr ist erforderlich, dass eine Freiheitsstrafe tatsächlich auch verhängt wird, um eine Verfolgungshandlung in diesem Sinne anzunehmen (vgl. EuGH a.a.O.). Dies war jedoch bis zum Zeitpunkt der Ausreise der Klägerin im August 2011 nicht der Fall. Nach der eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16. Juli 2014 hat es zumindest seit Unabhängigkeit Ugandas im Jahr 1962 soweit feststellbar keine Verurteilungen auf Grundlage dieser Strafbestimmung gegeben (so auch die Auskunft vom 23.3.2011 an das Bundesamt). Auch eine sonstige staatliche Verfolgung der Klägerin lag nicht vor. Das Vorbringen, Vertreter des Local Council hätten sie aufgefordert, mit ihrer Tätigkeit aufzuhören und sie bedroht, ist zum einen für das Gericht nicht glaubhaft, da nicht ersichtlich ist, weshalb trotz Kenntnis ihrer Homosexualität bereits im Jahr 2007, 2011 Maßnahmen gegen sie ergriffen werden sollten, und würde selbst bei Wahrunterstellung keine relevante Verfolgungsmaßnahme im Sinne des § 3 AsylVfG darstellen.
Soweit die Klägerin vorbringt, sie sei von unbekannten Dritten bedroht worden und auch ihr Verkaufsstand sei von Unbekannten niedergebrannt worden, vermag dies keine relevante Verfolgung zu begründen. Zwar wird Homosexualität quer durch alle gesellschaftlichen Schichten in Uganda stark abgelehnt. Bei offen gelebter Homosexualität sind Übergriffe nicht staatlicher Akteure deshalb nicht auszuschließen. Staatliche Stellen tolerieren jedoch keine Übergriffe nicht staatlicher Akteure gegen Homosexuelle. Staatliche Stellen sind zum Schutz Homosexueller vor solchen Übergriffen grundsätzlich in gleichen Umfang in der Lage, wie sie in der Lage sind, Schutz gegenüber Kriminalität im Allgemeinen zu gewähren (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Karlsruhe v. 3.4.2014). Hinsichtlich der Bedrohungen durch Dritte und hinsichtlich des vorgebrachten Niederbrennens ihres Verkaufsstands hat sich die Klägerin jedoch nach eigenen Angaben nicht an staatliche Behörden, insbesondere die Polizei gewandt, die zu ihrem Schutz Willens und in der Lage waren.
Die Klägerin hat auch bei Rückkehr nach Uganda nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit relevanter Verfolgung zu rechnen. Zum einen ist es auch nach Inkrafttreten der verschärften Strafbestimmungen hinsichtlich homosexueller Handlungen am 10. März 2014 nicht zu strafgerichtlichen Verurteilungen wegen homosexueller Betätigung gekommen (Auskunft des Auswärtigen v. 3.4.2014 an das VG Karlsruhe). Auch nach der eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16. Juli 2014 sind seit Inkrafttreten des Anti-Homosexuality-Act am 10. März 2014 keine Anklageerhebungen oder gar Verurteilungen auf der Grundlage des neuen Gesetzes erfolgt. Die ugandische Regierung hat nach dieser Auskunft in der öffentlichen Erklärung am 7. Juli 2014 festgestellt, dass es - entgegen dem Wortlaut des Anti-Homosexuality Acts - nicht ihre Absicht sei, Homosexualität als solche zu kriminalisieren. Des Weiteren hat Ugandas Verfassungsgericht das international kritisierte Anti-Homosexuellen-Gesetz aufgehoben und „für Null und Nichtig erklärt" (Spiegel online vom 1.8.2014 www.spiegel.de/politik/ausland/ uganda-anti-homosexuellen-gesetz-gekippt-von-verfassungsgericht-a-984031.html).
Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin ausführt, auch nach Aufhebung des Anti-Homosexuality-Act bestehe in Uganda weiterhin ein Klima der Angst, da Homosexuelle auf der Straße angegriffen und denunziert würden, vermag dies keine relevante Verfolgungsgefahr zu begründen. Denn hierbei handelt es sich um Maßnahmen Dritter, gegen die der Staat, wie oben angeführt, vorgeht. Auch der Umstand, dass die Klägerin im Bundesgebiet Öffentlichkeitswirksam aufgetreten ist, begründet keine Verfolgungsgefahr, zumal die Homosexualität der Klägerin in Uganda seit 2007 bekannt ist und sie keine herausragende Funktion in der Lesben Community im Bundesgebiet bzw. in Uganda innehat. [...]