VG Hannover

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Zitieren als:
VG Hannover, Urteil vom 15.09.2015 - 4 A 5541/13 (= ASYLMAGAZIN 12/2015, S. 417) - asyl.net: M23224
https://www.asyl.net/rsdb/M23224
Leitsatz:

Nach dem Rückübernahmeabkommen zwischen Deutschland und Ungarn läuft die Frist zur kontrollierten Übernahme – hier eines in Ungarn anerkannten Flüchtlings - nach einer Frist von drei Monaten ab.

Schlagwörter: Ungarn, Deutsch-Ungarisches Rückübernahmeabkommen, Überstellungsfrist, anerkannter Flüchtling, Rückübernahmeabkommen, Abschiebungsanordnung, Flüchtlingsanerkennung, sichere Drittstaaten, Frist, Überstellungsfrist, Drittstaatenregelung,
Normen: EMRK Art. 3, AsylVfG § 26a,
Auszüge:

[...]

Die Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO). Eine Abschiebungsanordnung ist nur rechtmäßig, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage, also der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs.1 Satz 1 AsylVfG) feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Republik Ungarn hat zwar am 21.03.2013 gemäß Art. 4 RÜA der Rückübernahme des Klägers zugestimmt. Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 RÜA erfolgt die kontrollierte Übernahme sodann unverzüglich, längstens jedoch innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat. Diese Frist ist abgelaufen. Sie kann zwar gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 4 RÜA im Falle rechtlicher und tatsächlicher Hindernisse verlängert werden. Für seine Entscheidungsfindung muss das Gericht aber davon ausgehen, dass die Frist nicht verlängert wurde. Auf die Anfrage des Gerichts, ob die Republik Ungarn zur Rückübernahme des Klägers bereit sei, verwies der Beklagte auf die Erklärung vom 21.03.2013 und machte geltend, diese gelte unbefristet. Daraufhin gab das Gericht dem Beklagten unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 Satz 3 und 4 RÜA auf, nachzuweisen, dass die Frist entsprechend verlängert wurde, verbunden mit dem Hinweis, dass das Gericht davon ausgehe, dass eine Abschiebung nach Ungarn nicht durchgeführt werden könne, sofern dieser Nachweis nicht geführt werde. Der Beklagte beantwortete dieses Schreiben nicht. Das Gericht geht daher davon aus, dass die Frist nicht verlängert wurde, so dass eine Abschiebung des Klägers nach Ungarn nicht möglich ist.

Die Frage, ob eine Abschiebung des Klägers nach Ungarn gegen Art. 3 EMRK verstieße, kann daher offen bleiben. [...]