LG Traunstein

Merkliste
Zitieren als:
LG Traunstein, Beschluss vom 14.10.2015 - 4 T 586/15 - asyl.net: M23253
https://www.asyl.net/rsdb/M23253
Leitsatz:

Haftsachen sind auch auf Seiten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vordringlich zu bearbeiten. Ist für das BAMF erkennbar, dass über einen Asylantrag nicht innerhalb der Frist des § 14 Abs. 3 AsylVfG entschieden werden kann, liegt ein Verstoß gegen das Beschleunigungsverbot vor, wenn nicht umgehend die Haft aufgehoben wird.

Schlagwörter: Sicherungshaft, Abschiebungshaft, Asylantrag, Asylgesuch, Beschleunigungsgebot, Freiheitsentziehung, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Ausländerbehörde,
Normen: FamFG § 58 Abs. 1, AsylVfG § 14 Abs. 3,
Auszüge:

[...]

Die beteiligte Ausländerbehörde hat ein Asylgesuch des Betroffenen vom 05.02.2015 am 06.02.2015, 9.20 Uhr mit dem Vermerk "Eilt sehr - Haftfall" an das BAMF weitergeleitet. Die Kammer hat die Akte des BAMF beigezogen. Daraus geht hervor, dass das BAMF mit Schreiben vom 06.02.2015 dem Betroffenen den Eingang des Asylantrags bestätigte und ihm als Anlage Informationen zum Asylverfahren zur Kenntnisnahme und zum Verbleib übersandte. Darüber hinaus wurde die beteilige Ausländerbehörde am 06.02.2015 um erkennungsdienstliche Behandlung in Amtshilfe gebeten.

In der Akte des BAMF findet sich als nächstes Schriftstück nur der Vermerk, dass der Betroffene am 02.03.2015 aus der JVA entlassen wurde. Damit geht einher, dass seit dem Zeitpunkt der erbetenen erkennungsdienstlichen Behandlung seitens des BAMF nichts geschehen ist und das Asylverfahren entgegen den Ausführungen der beteiligten Ausländerbehörde vom 13.04.2015 gerade nicht bearbeitet wurde.

Als Haftsache wäre das Verfahren aber auch seitens des BAMF vordringlich zu bearbeiten gewesen. Dass kurz vor Ablauf der Frist des § 14 Abs. 3 AsylVfG festgestellt wird, dass eine Entscheidung nicht innerhalb dieser Frist erfolgen wird, lässt sich mit dem Besehleunigungsgrundsatz in Haftsachen nicht vereinbaren. Der beteiligten Ausländerbehörde sind von dem zuständigen Bundesamt zu vertretende Verstöße gegen das Beschleunigungsgebot zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.2011, Az. V ZB 274/10).

Soweit die beteiligte Ausländerbehörde einwendet, dass aufgrund massiver krankheitsbedingter Ausfälle beim BAMF und der damit einhergehenden Ausnahmesituation das BAMF überhaupt nicht in der Lage war, dem Grundsatz der größtmöglichen Beschleunigung gerecht zu werden, folgt die Kammer den Einwänden des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen: Gerade aufgrund dieses dargelegten Ausnahmefalls war es für das BAMF bereits nach kürzester Zeit erkennbar, dass es nicht in der Lage sein wird, über den Antrag innerhalb der Frist des § 14 Abs. 3 AsylVfG zu entscheiden. Dass es der beteiligten Ausländerbehörde vor dem 02.03.2015 nicht gelungen ist, mit dem BAMF telefonisch in Kontakt zu treten, ist nicht der beteiligten Ausländerbehörde anzulasten. Ein etwaiger Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot seitens der beteiligten Ausländerbehörde ist für die Kammer nicht erkennbar. Das BAMF hätte aber zumindest in den Haftfällen auf die dargelegte Ausnahmesituation und den Umstand, dass mit einer Entscheidung innerhalb der Frist des § 14 Abs. 3 AsylVfG nicht gerechnet werden kann, hinweisen müssen. Dieser Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot ist, wie ausgeführt, der beteiligten Ausländerbehörde zuzurechnen. [...]