VG Stuttgart

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Zitieren als:
VG Stuttgart, Urteil vom 27.01.2015 - 6 K 1834/14 - asyl.net: M23261
https://www.asyl.net/rsdb/M23261
Leitsatz:

Zum Erlöschen der Verpflichtungserklärung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Aufenthaltszweck als bei Abgabe der Verpflichtungserklärung ursprünglich vorgesehen.

Schlagwörter: Verpflichtungserklärung, Erlöschen, Aufenthaltszweck, Abschiebungsverbot, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, Sozialleistungen, Sicherung des Lebensunterhalts,
Normen: AufenthG § 68 Abs. 1 S. 1, AufenthG § 25 Abs. 3, AufenthG § 23 Abs. 2,
Auszüge:

[...]

Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, zu welchem Zeitpunkt eine einmal übernommene Verpflichtung nach § 68 AufenthG endet. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu in einem grundlegenden Urteil (v. 24.11.1998 a.a.O.) u.a. entschieden, dass Inhalt und Reichweite der von einem Bürger eingegangenen Verpflichtung durch Auslegung anhand objektiver Umstände zu ermitteln sei. Eine im Zusammenhang mit der Aufnahme von bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen abgegebenen Verpflichtungserklärung sei grundsätzlich im Hinblick auf den Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister- und -senatoren der Länder vom 22.Mai 1992 auszulegen und erstrecke sich daher nicht nur auf die Geltungsdauer der Einreisevisa, sondern erfasse den gesamten sich an die Einreise anschließenden Aufenthalt unabhängig von der rechtlichen Grundlage oder Ausgestaltung des Aufenthaltsrechts. Sie ende, wenn sie nicht ausdrücklich befristet worden sei, nach Maßgabe der Auslegung im Einzelfall mit dem Ende des vorgesehenen Aufenthalts oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt oder dies aufenthaltsrechtlich anerkannt worden ist (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 a.a.O. Rdn. 30, 32 und 34). Diesem Gesichtspunkt hat auch der Beklagte Rechnung getragen, indem er einen bundeseinheitlichen Vordruck für die Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG verwendet hat, in welchem vorgesehen ist, dass die Zahlungsverpflichtung mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck ende. Eine Vorverlegung des Endes der Zahlungsverpflichtung etwa bereits auf den Zeitpunkt eines "Hineinwachsens in eine Anspruchsposition", auf den Zeitpunkt des Entstehens des materiellen Erteilungsanspruchs oder auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Stellung eines Asylantrags wird hingegen obergerichtlich nicht angenommen und steht auch hier nicht zur Debatte (dazu BVerwG, Urt. v. 13.2.2014 - 1 C 4.13 - juris; und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.03.2013 a.a.O.; a.A. etwa Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Komm., Stand März 2012, § 68 AufenthG RdNr. 5. ).

Entgegen der Auffassung des Beklagten führt auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 3 AufenthG zum Erlöschen der Verpflichtung des Klägers. Denn bei diesem Aufenthaltstitel handelt es sich um einen solchen, in welchem die Erteilung nicht von einer bestehenden Sicherung des Lebensunterhalts abhängig gemacht werden darf (§ 5 Abs. 3 S. 1 AufenthG). Dieser Aufenthaltstitel beruht dabei auf einem anderen Aufenthaltszweck als bei Abgabe der Verpflichtungserklärung ursprünglich vorgesehen.

Ausweislich des der Verpflichtungserklärung beigefügten Antrags auf "Beglaubigung einer Verpflichtungserklärung" vom 16.09.2012 bestand der beabsichtigte Aufenthaltszweck in einem Besuchsaufenthalt des Schwiegervaters und somit nicht in einem längerfristigen Aufenthalt aus humanitären Gründen, wie er einer nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis zugrunde liegt. Allerdings hat der Beklagten-Vertreter unter Bezugnahme auf Ausführungen des Rechts- und Ordnungsamtes des Beklagten an das Jobcenter Main-Tauber Kreis in einem Schreiben vom 04.12.2013 geltend gemacht, dass Grundlage der Visaerteilung die damalige Erlasslage zu Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien gewesen sei und die Abgabe der Verpflichtungserklärung somit zur Ermöglichung der Einreise mit einem gültigen Visum und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG gedient habe. Der Kläger soll auch vor den Mitarbeitern der Ausländerbehörde des Landratsamtes erklärt haben, es sei sein Wunsch, dass die Schwiegereltern dauerhaft aus dem syrischen Krisengebiet geholt würden und einen dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet erhielten. Unterstellt dieses Vorbringen trifft zu, nachdem der Kläger-Vertreter dieses Vorbringen nicht substantiiert in Zweifel gezogen hat, ist der Zweck eines Aufenthalts nach § 23 Abs. 2 AufenthG aber anders zu beurteilen als ein Aufenthalt nach § 25 Abs. 3 AufenthG. [...]