VG Hamburg

Merkliste
Zitieren als:
VG Hamburg, Urteil vom 27.05.2015 - 9 K 4116/13 - asyl.net: M23293
https://www.asyl.net/rsdb/M23293
Leitsatz:

Die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Ausreise eines Ausländers hängt nicht von seinem Einverständnis oder dem Einverständnis seiner Familienangehörigen und seiner bzw. ihrer subjektiven Entscheidung ab, wo sie sich aufhalten möchten, sondern allein davon, ob den Betroffenen die Ausreise nach den objektiven Umständen rechtlich zumutbar ist.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, Unmöglichkeit der Ausreise, rechtliche Unmöglichkeit, tatsächliche Unmöglichkeit, familiäre Lebensgemeinschaft, familiäre Beistandsgemeinschaft, familiäre Lebenshilfe, Schutz von Ehe und Familie, Achtung des Privatlebens, Sicherung des Lebensunterhalts, Zumutbarkeit,
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5, GG Art. 6, EMRK Art. 8, AufenthG § 25 Abs. 5 S. 1,
Auszüge:

[...]

Gemessen an diesem Maßstab liegt keine außergewöhnliche Härte i.S.d. § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vor:

aa) Zwar ist der dreijährige Sohn ... nach Einschätzung des Gerichts auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe durch seinen leiblichen Vater, den Kläger, der das gemeinsame Sorgerecht ausübt, dringend angewiesen. Der Kläger hat im August 2011 die Vaterschaft für seinen Sohn ... anerkannt und lebte mit diesem sowie mit Frau X von Juli 2012 bis Februar 2014 in einer häuslichen Gemeinschaft in der gemeinsamen Wohnung in Hamburg in einer gemäß Art. 6 GG geschützten familiären Lebensgemeinschaft. Zur Beendigung des Zusammenlebens in der gemeinsamen Wohnung im Februar 2014 kam es nur aufgrund der rechtskräftigen Ablehnung des Antrags des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht im Januar 2014 und der damit einhergehenden Durchsetzbarkeit der Ausreisepflicht. Der Umzug des Klägers nach Barcelona, der nur erfolgte, um einer Abschiebung zu entgehen, ändert nichts daran, dass ... weiter auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe durch seinen Vater, den Kläger, angewiesen ist.

bb) Jedoch kann diese familiäre Lebenshilfe - auch unter Berücksichtigung der übrigen Mitglieder der "Patchwork-Familie" des Klägers - nicht nur in Deutschland, sondern auch in Ecuador in zumutbarer Weise erbracht werden.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zwischen dem Sohn des Klägers ... und seiner Mutter, Frau X, mit der er in häuslicher Gemeinschaft lebt, ebenso eine i.S.d. Art. 6 GG schutzwürdige familiäre Lebensgemeinschaft besteht, wie zwischen Frau X und ihrer Tochter ... Eine solche ist auch zwischen ... und ihrem Vater Frau Y anzunehmen. Insoweit kann auf den Beschluss vom 23. Oktober 2013 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (9 E 4117/13, n.v., S. 10 f.) verwiesen werden. Dass sich seit diesem Beschluss die Verhältnisse geändert haben, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Sowohl dem Kläger [(1)] als auch dessen Familienangehörigen, Frau Y [(2)], Frau X [(3)] und den beiden Kindern ... und ... [(4)] ist zuzumuten, sich zur Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit dem Kläger zusammen nach Ecuador zu begeben.

(1) Für den Kläger ist eine Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft in Ecuador zumutbar. Der am 1. April 1965 in Ecuador geborene Kläger wurde erstmals im Jahr 2005 ausländerrechtlich in Deutschland erfasst. Er hat daher knapp 40 Jahre seines Lebens in Ecuador verbracht. Der durch die erneute Einreise seit dem 20. Juli 2011 in Deutschland begründete unrechtmäßige Aufenthalt fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Der Kläger hat sich zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig in Deutschland aufgehalten und wurde lediglich vorübergehend vom 20. Dezember 2012 bis zum 19. April 2013 geduldet. Er konnte daher zu keinem Zeitpunkt auf einen Verbleib in Deutschland vertrauen und ist hier auch nicht wirtschaftlich integriert. Umstände dafür, dass der Kläger sich in Ecuador nicht mehr zurechtfinden könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

(2) Zur Vermeidung einer Trennung von ihrer Tochter ... ist es auch für Frau Y zumutbar, dem Familienverbund nach Ecuador nachzufolgen. Dem steht weder entgegen, dass sie Inhaberin einer Niederlassungserlaubnis ist [(a)], noch dass es ihr aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme oder ihrer Geschlechtsumwandlung und sexuellen Orientierung unzumutbar wäre, auf ein Fortführen der familiären Lebensgemeinschaft in Ecuador verwiesen zu werden [(c)]. Sie ist auch keine "faktische Inländerin geworden" [(b)].

(a) Zwar ist Frau Y Inhaberin einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 Abs. 2 AufenthG. Jedoch führt der Besitz einer Niederlassungserlaubnis allein nicht zur Unzumutbarkeit der Ausreise, selbst wenn hiermit ein Verlust des Aufenthaltstitels gemäß § 51 Abs.1 Nr. 6 AufenthG einhergehen sollte (BVerwG, Urt. v. 30.4.2009, 1 C 3.08, juris, Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 4.2.2008, 11 B 4.07, juris, Rn. 37). Er vermittelt lediglich das Recht, sich neben dem Heimatstaat auch in einem weiteren Staat dauerhaft rechtmäßig aufhalten zu können.

(b) Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass Frau Y als "faktischer Inländerin" aufgrund eines Verstoßes gegen geschützte Rechtspositionen aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK ein Verlassen der Bundesrepublik zur Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft unzumutbar wäre. Ein Eingriff in die geschützten Rechtspositionen ist rechtmäßig, da es an der notwendigen Entwurzelung in Bezug auf das Heimatland Ecuador fehlt.

Art. 2 Abs. 1 GG schützt das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit und im Rahmen dessen auch die während des Aufenthalts im Bundesgebiet begründeten sonstigen persönlichen Bindungen; als allgemeines Menschenrecht steht das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auch Ausländern zu (hierzu und zum Folgenden: BVerfG, Beschl. v. 10.8.2007, 2 BvR 535/06, juris). Der aus dem Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit folgende Schutz vor Eingriffen ist nur in den Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, wozu jede Rechtsnorm gehört, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang steht. Dabei sind bei der Prüfung, ob ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG vorliegt und ob dieser gerechtfertigt ist, die Maßstäbe heranzuziehen, die für die Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 8 Abs. 1 EMRK gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gelten. Zu dem Recht aus Art. 8 Abs. 1 EMRK gehört das Netzwerk persönlicher, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Beziehungen, die das Privatleben eines jeden Menschen ausmachen (BVerfG, Beschl. v. 21.2.2011, 2 BvR 1392/10; BVerwG, Urt. v. 27.01.2009, 1 C 40.07, beide in juris).

Ein solches Netzwerk hat Frau Y aufgrund der anzunehmenden persönlichen Beziehung zu einem Lebensgefährten seit 2011, der beruflichen Tätigkeit als Reinigungskraft in Festanstellung und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Integration während ihres nunmehr elfjährigen rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland aufgebaut. Die Abschiebung des Klägers würde, durch die damit möglicherweise einhergehende Verlagerung der familiären Lebensgemeinschaft zwischen ... und ihrem Vater, auch einen Eingriff in die geschützten Rechtspositionen darstellen.

Der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens ist aber durch ein entgegenstehendes öffentliches Interesse nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts dann eingreifen, wenn der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Die Abschiebung des Klägers steht in Einklang mit geltendem Recht und dient einem legitimen Ziel, nämlich der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 1 AufenthG).

Der Eingriff ist auch verhältnismäßig. Von der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs ist auszugehen, wenn ein Ausländer nicht aufgrund seiner gesamten Entwicklung faktisch zum Inländer geworden ist (Verwurzelung) und ihm gleichzeitig ein Leben im Staat seiner Staatsangehörigkeit nicht deswegen unzumutbar ist, weil er zu diesem im Sinne einer Entwurzelung keinen Bezug mehr hat (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 5.5.2014, 4 Bs 98/14, juris, Rn. 22, m.w.N.). Wesentliche Anhaltspunkte für die Verwurzelung im Aufenthaltsstaat sind nach dieser Rechtsprechung Grund und Dauer des legalisierten Aufenthalts im Bundesgebiet sowie dessen rechtlicher Status, gute deutsche Sprachkenntnisse, die soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Innehabung eines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, einem festen Wohnsitz, einer Sicherstellung des ausreichenden Lebensunterhaltes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel und dem Fehlen von Straffälligkeit zum Ausdruck kommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.2009, 1 C 40.07, juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 5.5.2014, a.a.O.). Zum anderen ist maßgeblich, welche Schwierigkeiten für den Ausländer – wiederum unter Berücksichtigung seines Lebensalters und seiner persönlichen Befähigung – mit einer (Re-)Integration in das Land seiner Herkunft bzw. Staatsangehörigkeit verbunden sind. Gesichtspunkte sind diesbezüglich vor allem, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Ausländer mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und inwieweit er dort bei der (Wieder-)Eingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit diese erforderlich sein sollte (OVG Hamburg, Beschl. v. 5.5.2014, a.a.O.).

Gemessen an diesem Maßstab ist Frau Y nicht zu einer "faktischen Inländerin geworden". Zwar nimmt das Gericht zu Gunsten des Klägers an, dass durch den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt, das Führen der Lebenspartnerschaft bis 2006, die Beziehung zu einem neuen Lebensgefährten seit 2011 sowie durch die Berufstätigkeit ein erhebliches Maß an Integration von Frau Y in Deutschland vorliegt. Zu dieser Wertung führt insbesondere auch der Umstand, dass der aufenthaltsrechtliche Status von Frau Y durch den Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 Abs. 2 AufenthG unbefristet gesichert ist.

Jedoch ist Frau Y in Bezug auf ihren Heimatstaat Ecuador nicht entwurzelt. Die erstmalige Einreise in die Bundesrepublik erfolgte nach ihren eigenen Angaben erst im Jahr 1992. Die am 14. September 1962 geborene Frau Y verbrachte somit 30 Jahre in Ecuador, hierunter die gesamte prägende Kinder- und Jugendzeit. Sie ist der spanischen Sprache mächtig. Es ist auch davon auszugehen, dass sie sich aufgrund des langen Aufenthalts in Ecuador zwischen 1962 und 1992, der mehr als die Hälfte ihres Lebens ausmacht, in ihrem Heimatland auskennt. Hierfür spricht auch, dass Frau Y nach eigenen Angaben letztmalig im Jahr 2009 zu Besuchszwecken in Ecuador war. Dass aufgrund der 2012 vorgenommenen Geschlechtsumwandlung wohl keine familiären Bindungen mehr nach Ecuador bestehen, fällt gegenüber dem langen und prägenden Aufenthalt in Ecuador, auch aufgrund des fortgeschrittenen Lebensalters von 51 Jahren, nicht maßgeblich ins Gewicht. Es ist darüber hinaus nicht ersichtlich, dass es Frau Y unmöglich wäre, einer der derzeitigen beruflichen Tätigkeit vergleichbaren Beschäftigung in Ecuador nachzugehen. Zwar ist durch die Erteilung der Niederlassungserlaubnis staatlicherseits ein berechtigtes Vertrauen von Frau Y darin begründet worden, den Aufenthalt in Deutschland fortsetzen zu können. Dieses Vertrauen ist aber von vorneherein nicht darauf gerichtet gewesen, dass damit auch gleichzeitig die familiäre Lebensgemeinschaft mit allen hier betrachteten Familienmitgliedern dauerhaft in Deutschland geführt werden könne (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2014, 3 Bs 322/13 u.a., n.v., S. 6). Vielmehr haben die übrigen Familienmitglieder nur befristete Aufenthaltstitel nach §§ 25 Abs.4, Abs. 5 AufenthG sowie § 33 Abs.1 AufenthG erhalten. Der Kläger war noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels. Ein Vertrauen darein, dass die familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland fortgeführt werden könne, war daher von Anfang an nicht begründet worden.

(c) Auch die geltend gemachten gesundheitlichen Probleme, namentlich Bluthochdruck sowie Nierenprobleme, sowie ihre Geschlechtsumwandlung und sexuelle Orientierung machen es Frau Y nicht unzumutbar, die familiäre Lebensgemeinschaft in Ecuador fortzuführen.

Das erkennende Gericht hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erstens festgestellt, dass weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich sei, dass die Erkrankungen von Frau Y, die eine Tätigkeit in Vollzeit als Reinigungskraft zulassen, in Ecuador nicht adäquat behandelt werden könnten und daher die Ausreise unzumutbar sei (VG Hamburg, Beschl. v. 23.10.2013, 9 E 4117/13, n.v. S. 15 f.). Zweitens hat es ausgeführt, dass es zwar in Ecuador Diskriminierungen aufgrund bestimmter sexueller Orientierungen gebe, dass aber keine derartigen Beeinträchtigungen wegen der sexuellen Orientierung von Frau Y zu erwarten seien, die es ihr unzumutbar machen würden, ggf. ihrer Tochter nach Ecuador zu folgen, zumal die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller in Ecuador abgeschafft sei und eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung verfassungsmäßig verboten sei (VG Hamburg, Beschl. v. 23.10.2013, a.a.O., S. 16 f.). Beide Einschätzungen hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht bestätigt (OVG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2014, 3 Bs 322/13 u.a., n.v., S. 6 ff.). Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger nicht weiter zur Unzumutbarkeit der Ausreise von Frau Y aus diesen Gründen vorgetragen. Eine solche Unzumutbarkeit ist auch sonst nicht ersichtlich.

(3) Des Weiteren ist das Fortführen der familiären Lebensgemeinschaft in Ecuador für Frau X zumutbar. Dem steht nicht entgegen, dass ihre bis zum 9. Februar 2017 gültige Aufenthaltserlaubnis auf Grundlage von § 25 Abs. 5 AufenthG und somit aus humanitären Gründen erteilt wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Aufenthaltserlaubnis allein unter Berücksichtigung der ursprünglich bestehenden familiären Lebensgemeinschaft zwischen Frau X und Frau Y erteilt wurde. Da es Frau Y zumutbar ist, diese Lebensgemeinschaft auch in Ecuador fortzusetzen, entfällt mithin die Begründung für einen Verbleib von Frau X in Deutschland gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG. Frau X ist auch keine "faktische Inländerin geworden". Unabhängig von der Frage der Verwurzelung in Deutschland fehlt es an einer Entwurzelung in Ecuador. Sie ist am 24. Februar 1980 in Ecuador geboren und nach eigenen Angaben erstmals am 10. Dezember 2007 in Deutschland eingereist. Sie hat somit einen Großteil ihres Lebens in Ecuador verbracht und beherrscht die spanische Sprache. Gründe, die einer Reintegration in Ecuador entgegenstünden, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

(4) Für die beiden zwei- und fünfjährigen Kinder ... und ..., die beide ecuadorianische Staatsangehörige sind, gilt nichts anderes. Minderjährige Kinder ausländischer Eltern teilen grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern (OVG Hamburg, Beschl. v. 8.3.2013, 3 Bs 45/13, n.v.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.12.2012, OVG 3 B 18.11, juris). In aller Regel erscheint es einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, auch nach mehrjährigem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern wieder zu verlassen und sich in dem Herkunftsland seiner Eltern zu integrieren (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.12.2012 a.a.O.). Gründe für ein Abweichen von diesem Grundsatz sind aufgrund des geringen Alters der Kinder, des damit verbundenen kurzen Aufenthalts in Deutschland und der damit einhergehenden großen Integrationsfähigkeit in eine neue Umgebung nicht ersichtlich.

cc) Eine außergewöhnliche Härte i.S.d. § 36 Abs. 2 AufenthG liegt auch nicht deshalb vor, weil die Lebensgefährtin des Klägers, Frau X, nicht freiwillig das Bundesgebiet verlassen wird und es deshalb bei einer Ausreise des Klägers zur faktischen Trennung des Klägers von seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn ... kommen wird. Denn eine solche Trennung würde auf dem höchstpersönlichen Entschluss von Frau X und ggf. von Frau Y beruhen, das Bundesgebiet nicht zu verlassen, obwohl ihnen dieses rechtlich zumutbar ist. Die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Ausreise hängt aber nicht von dem Einverständnis der Betroffenen und ihrer subjektiven Entscheidung sondern von den objektiven Umständen ab (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2014, 3 Bs 322/13 u.a., n.v., S. 6). Andernfalls hätten es der Ausländer bzw. seine ausländischen Familienangehörigen selbst in der Hand, durch ihre eigene Entscheidung die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Ausreise herbeizuführen.

Vor diesem Hintergrund müsste der Kläger die Entscheidung seiner Lebensgefährtin, nicht mit ihm das Bundesgebiet zu verlassen und nach Ecuador zurückzukehren, obwohl ihr dies rechtlich zumutbar ist, ebenso respektieren, wie er etwa ihre höchstpersönliche Entscheidung, aus anderen Gründen die Beziehung zu beenden, hinnehmen müsste. Hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts in Bezug auf den Sohn ..., für den der Kläger und seine Lebensgefährtin die gemeinsame Sorge ausüben, müssten der Kläger und seine Lebensgefährtin eine familiengerichtliche Lösung suchen, sollte es insoweit zu Meinungsverschiedenheiten kommen (vgl. § 1628 BGB).

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, die Abschiebung ist nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich. In Fällen des Familiennachzugs ist bei Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG kein großzügigerer Maßstab als bei § 36 Abs. 2 AufenthG anzuwenden, um zu verhindern, dass die Sperrwirkung des § 11 AufenthG zu einer Privilegierung illegal eingereister Ausländers führt (OVG Hamburg, Beschl. v. 27.5.2009, 5 Bf 18/08.Z, juris, Rn. 14). Insoweit ist die Ausreise des Klägers aus den genannten Gründen (s.o. 1.) nicht rechtlich unmöglich. [...]