VG Trier

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Zitieren als:
VG Trier, Urteil vom 27.01.2016 - 5 K 3486/15:TR - asyl.net: M23552
https://www.asyl.net/rsdb/M23552
Leitsatz:

Die für die Annahme einer Gruppenverfolgung koptischer Christen erforderliche Verfolgungsdichte wird in Ägypten trotz einer Zunahme der Übergriffe seit dem Sturz Mubaraks nicht erreicht.

Schlagwörter: Ägypten, koptische Christen, Christen, Kopten, Gruppenverfolgung, interne Fluchtalternative, interner Schutz, Schutzbereitschaft, Schutzfähigkeit, Moslembrüder, nichtstaatliche Verfolgung, Islamisten,
Normen: AsylG § 3, AsylG § 4, AufenthG § 60 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Dem Kläger droht schließlich im Falle der Rückkehr nach Ägypten nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Verfolgung durch radikale Islamisten im Sinne einer Gruppenverfolgung koptischer Christen. Eine solche gibt es zur Überzeugung der Kammer nicht. Es gibt kein die koptischen Christen als Gruppe betreffendes staatliches Verfolgungsprogramm. Die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte wird ebenfalls nicht erreicht. Zwar hatten Diskriminierungen und gewalttätige Übergriffe gegen koptische Christen seit dem Sturz der Regierung Mubaraks zugenommen, insbesondere im ländlichen Oberägypten. Auch mangelte es seitens des Staates sowohl an der Bereitschaft, koptische Christen vor solchen Übergriffen zu schützen, als auch an konsequenter Strafverfolgung der muslimischen Täter. Polizei, Armee und Behörden verhielten sich weitgehend passiv und schauten oft weg, wenn es zu Übergriffen auf Ägyptens größte religiöse Minderheit gekommen war (BAMF, Ägypten: Die Koptische-Orthodoxe Kirche, Stand September 2012, Seite 16 f. und S. 24). Jedoch wurde bereits in den Jahren 2012 und 2013 angesichts der Anzahl der in Ägypten lebenden koptischen Christen die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte nicht erreicht. Der Anteil der Christen an der ägyptischen Gesamtbevölkerung beträgt zwischen 5 % und 12 %, bei einer Gesamtbevölkerung von rund 80 Millionen entspricht dies zwischen 4 und rund 9,5 Millionen Christen, von denen zwischen 90 % und 95 % der koptisch-orthodoxen Kirche angehören (vergleiche BAMF, a.a.O., S. 1 f.). Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass Übergriffe auf koptische Christen so zahlreich waren und sind, dass für jeden Angehörigen dieser Religionsgemeinschaft die begründete Furcht besteht, in eigener Person Opfer von Übergriffen zu werden. Im Übrigen führt der ägyptische Präsident al Sisi seit seiner Machtergreifung im Jahre 2013 einen Kampf gegen gemäßigte und bewaffnete Islamistengruppen. Am 25. Januar 2016 teilte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte in Ägypten weiter mit, dass sich unter al Sisi die Situation der christlichen Kopten verbessert habe, da die Regierung auf deren Unterstützung hoffe (vgl. Deutschlandfunk, Nachrichten vom 25. Januar 2016, "Am 5. Jahrestag des Volksaufstandes sehen Menschenrechtler kaum Fortschritte"). Insbesondere hat die Kammer an der Schutzfähigkeit des ägyptischen Staates gegen Angriffe Dritter keinen Zweifel. Vielmehr wird der aktuellen Regierung in Ägypten vorgeworfen, zu hart gegen (vormalige) Muslimbrüder vorzugehen. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid sowie auf VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Oktober 2015 – 7a K 1514/14.A - verwiesen; die dortigen Ausführungen zur Lage in Ägypten macht die Kammer sich ebenfalls zu eigen. [...]