Die Registrierungspflicht gem. Art. 6 Abs. 1 Asylverfahrensrichtlinie ist mit dem Asylgesuch erfüllt. Mit der Ausstellung der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA) ist der Antragsteller registriert.
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Der Anordnungsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (VerfahrensRL). Der Antragsteller ist bereits als registriert im Sinne der Richtlinie anzusehen. Nach der von der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht umgesetzten VerfahrensRL hätte gemäß Art. 6 Abs. 1 bei einem Antrag auf internationalen Schutz durch die Antragsgegnerin als zuständige Behörde, eine Registrierung spätestens 3 Arbeitstage nach Antragstellung zu erfolgen. Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Außenstelle des Bundesamtes - wie nicht - eine andere Behörde im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der VerfahrensRL darstellen würde, müsste die Registrierung spätestens 6 Arbeitstage nach der Antragstellung erfolgen. Gemäß Art. 6 Abs. 5 der VerfahrensRL kann die Frist auf 10 Arbeitstage verlängert werden, wenn eine große Zahl von Schutzsuchenden gleichzeitig internationalen Schutz beantragt, so dass es in der Praxis sehr schwierig ist, die Drei- oder Sechstagesfrist einzuhalten.
Der Artikel 6 der VerfahrensRL wäre - neben weiteren Teilen der Vorschrift - bis 20. Juli 2015 in nationales Recht umzusetzen gewesen (vgl. Art. 51 Abs. 1 VerfahrensRL). Den Vorschriften einer nicht fristgerecht umgesetzten Richtlinie kommt aber nach Ablauf der Umsetzungsfrist unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zu, mit der Folge, dass die Richtlinienvorschrift innerstaatlich zu beachten ist. Voraussetzung für eine solche Wirkung ist, neben dem Ablauf der Umsetzungsfrist, dass die Richtlinienbestimmung von ihrem Inhalt her unbedingt und hinreichend bestimmt ist und dem Einzelnen subjektiv-öffentliche Rechte einräumt oder jedenfalls seine rechtlichen Interessen schützen will. An der inhaltlichen Unbedingtheit und hinreichenden Bestimmtheit des Art. 6 Abs. 1 der VerfahrensRL bestehen keine Zweifel. Eine inhaltliche Unbedingtheit ist gegeben, wenn der Mitgliedstaat zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet wird, so dass das "ob" der Verpflichtung bedingungslos ist. Hinreichend genau ist die Richtlinie dann, wenn sie den begünstigten Personenkreis und die zu verleihenden Rechte bezeichnet und, falls das zu verleihende Recht in einem Leistungsanspruch besteht, den Anspruchsgegner für den Leistungsanspruch nennt (Anspruchsinhaber, Anspruchsgegner, Anspruchsinhalt). Art. 6 Abs. 1 VerfahrensRL stellt einem international Schutzsuchenden einen Anspruch auf Registrierung seines Antrages zur Seite, der sich bedingungslos aus der Richtlinienvorschrift ergibt.
Art. 6 Abs. 1 VerfahrensRL hat zur Voraussetzung, dass eine Person einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, sei es bei der national zuständigen Behörde oder bei einer anderen Behörde, bei der nach nationalen Recht solche Anträge wahrscheinlich gestellt werden. Allerdings trifft Art. 6 Abs. 1 VerfahrensRL keine Aussage darüber, wann im Sinne der Richtlinie von einem "Antrag" auszugehen ist, der die Frist zur Registrierung desselben auslöst. Außerdem ist auslegungsbedürftig, was unter "Registrierung" im Sinne der Richtlinie zu verstehen ist.
Allerdings ist bei der Auslegung zu berücksichtigen, dass - ungeachtet der Möglichkeit, dass Betroffene unter gewissen Voraussetzungen ihre Rechte aus der Richtlinie nach Ablauf der Umsetzungsfrist einfordern können - eine Verpflichtung sämtlicher Behörden und Gericht der Mitgliedstaaten besteht, das gesamte Recht nach Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie richtlinienkonform auszulegen, damit das Ziel der Richtlinie nicht durch die Auslegung des nationalen Rechts gefährdet wird. (sog. effet utile Grundsatz). Maßgeblich für die Auslegung, was unter den Begriffen "Antrag" und "Registrierung" zu verstehen ist, ist also die Verfahrensrichtlinie selbst unter besonderer Berücksichtigung ihres Ziels.
Im deutschen Recht wird grundsätzlich zwischen dem formlosen "Asylgesuch", also der Meldung bei der Erstaufnahmeeinrichtung oder einer anderen Behörde (z.B. Polizeidienststelle) und der formellen Asylantragstellung bei der Außenstelle des BAMF unterschieden. Letztere ist grundsätzlich nur persönlich möglich. Gemäß § 14 Asylgesetz (AsylG) ist der Asylantrag bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der für die Aufnahme des Ausländers zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist. Gemäß § 23 AsylG ist der Ausländer, der in der Aufnahmeeinrichtung aufgenommen ist, verpflichtet, unverzüglich oder zu dem von der Aufnahmeeinrichtung genannten Termin bei der Außenstelle des Bundesamtes zur Stellung des Asylantrags persönlich zu erscheinen. Eine schriftliche Antragstellung kann dagegen nur erfolgen, wenn eine der in § 14 Abs. 2 AsylG genannten Voraussetzungen erfüllt ist, was beim Antragsteller augenscheinlich nicht der Fall ist.
Würde man davon ausgehen, dass die Pflicht zur Registrierung erst durch den formellen Asylantrag ausgelöst wird, könnte der Antrag des Antragstellers von vornherein nicht zum Erfolg führen.
Die Auslegung ergibt aber, dass die Registrierungspflicht bereits durch das Asylgesuch ausgelöst wird. Nach Art. 6 Abs. 1 der VerfahrensRL wird die Registrierungspflicht dann ausgelöst, wenn "eine Person einen Antrag auf internationalen Schutz ... stellt ". Art. 6 Abs. 2 VerfahrensRL gibt den Mitgliedstaaten vor, dass sie einer Person, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, dieser tatsächlich die Möglichkeit geben sollen, diesen so bald wie möglich förmlich zu stellen. Im Erwägungsgrund 27 der VerfahrensRL wird dargelegt, dass Drittstaatenangehörige und Staatenlose, die ihren Wunsch bekundet haben, internationalen Schutz zu beantragen, Antragsteller darstellen, denen die Rechte und Pflichten der Richtlinien 2013/32 (VerfahrensRL) und 2013/33 (RL v. 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen) zur Seite stehen sollen. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten diese Personen so rasch wie möglich als Antragsteller registrieren. Dies alles legt die Auslegung nahe, dass es für die Registrierung im Sinne der Richtlinie nicht auf die förmliche Antragstellung ankommen kann. Dies sieht wohl auch das Bundesamt selbst so, vgl. "Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.06.2013 (Verfahrensrichtlinie)", S. 3 f. Zudem wird in Art. 2 der VerfahrensRL als "Antrag" das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat bezeichnet. Ein Antrag im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der VerfahrensRL liegt mit dem Asylgesuch des Antragstellers damit vor, so dass ihm ein Anspruch auf Registrierung grundsätzlich zusteht.
Allerdings ist der Antragsteller nach Auffassung des Gerichts im Sinne der VerfahrensRL bereits als registriert anzusehen. Zwar wird der Begriff der Registrierung in der VerfahrensRL selbst nicht näher definiert. Im Erwägungsgrund 27 zur VerfahrensRL steht lediglich, dass Antragsteller so rasch wie möglich registriert werden sollen. Der Leitfaden des Bundesamtes zur Verfahrensrichtlinie (S. 4) legt dar, dass die Vorgaben zur Registrierung verhindern sollen, dass Schutzsuchende sich unbestimmte Zeit in Mitgliedstaaten aufhalten, ohne dass die Behörden sie als solche erfasst hätten und damit Gefahr liefen, ohne Prüfung abgeschoben zu werden. Mit der Meldung als Asylsuchender ist der Antragsteller bei den zuständigen Behörden erfasst. Spätestens mit der Ausstellung einer Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender gemäß § 63a AsylG läuft der Antragsteller auch nicht mehr Gefahr ohne Prüfung seines Antrags abgeschoben zu werden. Dem Sinn und Zweck der Richtlinienvorschrift, internationalen Schutz Suchende so rasch als möglich zu erfassen, wird damit nicht erst mit der - in Deutschland zum Zeitpunkt des formellen Asylantrags vorgesehenen förmlichen Registrierung als Asylantragsteller - Genüge getan, sondern bereits mit der Erfassung dieser Person als Asylsuchender. Der Antragsteller wurde aber jedenfalls als Asylsuchender in diesem Sinne bereits erfasst. Zudem wurde er bereits durch Bescheid der Regierung von Niederbayern vom 11. Februar 2015 an eine Asylbewerberunterkunft verteilt, und hält sich nicht mehr in einer Erstaufnahmeeinrichtung auf. Der Antragsteller ist damit im Asylbewerbersystem erfasst, auch ohne einen formellen Antrag gestellt zu haben (s. Anmerkung im Datenblatt RASt ABH: "Verteilung ohne Asylerstantrag").
Dass dem Antragsteller aus Art. 6 Abs. 2 der VerfahrensRL ein Anordnungsanspruch auf Stellung eines förmlichen Asylantrags zusteht wurde nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Diese Vorschrift bestimmt, dass ein Asylsuchender die Möglichkeit haben soll, tatsächlich sobald als möglich einen förmlichen Asylantrag zu stellen. Der Antragsteller lässt hierzu lediglich vortragen, dass die bekannte Arbeitsbelastung beim Bundesamt nicht dazu führen dürfe, dass es ein Jahr dauere, bis ein Asylantrag registriert werde. Der Antragsteller räumt damit die hohe Arbeitsbelastung beim Bundesamt selbst ein, ohne darzulegen, dass es dem Bundesamt tatsächlich möglich gewesen wäre, einen förmlichen Antrag des Antragstellers persönlich - wie nach § 14 Abs. 1 AsylG vorgesehen - entgegenzunehmen. Ein Anordnungsanspruch auf formelle Asylantragstellung wurde damit nicht glaubhaft gemacht.
Auch ein Anordnungsgrund konnte nicht glaubhaft gemacht werden. Zwar trägt die Bevollmächtigte des Antragstellers vor, dass dieser sich zwischenzeitlich bereits mehr als ein Jahr in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, ohne als international Schutzsuchender erfasst zu sein. Inwiefern die formelle Antragstellung für den Antragsteller nunmehr dringlich erfolgen müsste, konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht werden.
Auch sonst kann das Gericht nicht erkennen, aus welchem Grund für den Antragsteller ein Zuwarten bis zu einem Termin zur förmlichen Antragstellung nicht zumutbar sein sollte.
Die Rechtsfolgen der Stellung eines Asylantrags ergeben sich aus den Art. 55 ff. AsylG. Insbesondere wird dort die Entstehung der Aufenthaltsgestattung geregelt. Diese hängt aber nicht von der Stellung eines förmlichen Asylantrags ab, sondern die Aufenthaltsgestaltung setzt bereits mit dem Asylgesuch ein (vgl. VG Würzburg, B. v. 4.1.2016 - 4 W E 15.30833 m.w.N.). Der Aufenthaltsschutz nach § 55 Abs. 1 AsylG greift also bereits vor der Antragstellung nach § 23 Abs. 1 AsylG, so dass sich eine besondere Dringlichkeit des vorliegenden Begehrs aus dem Aufenthaltsrecht nicht herleiten lässt. [...]