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VG Trier

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Zitieren als:
VG Trier, Urteil vom 15.02.2016 - 6 K 3538/15.TR (= ASYLMAGAZIN 6/2016, S. 174) - asyl.net: M23613
https://www.asyl.net/rsdb/M23613
Leitsatz:

Wenn einer Zwangsheirat in Albanien nur dadurch begegnet werden kann, dass die Frau allein und ohne Unterstützung der Familie in einem anderen Landesteil leben müsste, wo ihr Verelendung droht, besteht ein Anspruch auf Zuerkennung eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 7 AufenthG.

Schlagwörter: Albanien, Zwangsehe, Existenzgrundlage, Existenzminimum, Frauen, geschlechtsspezifische Verfolgung,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

[...]

Hinsichtlich der Klägerin ist jedoch ein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gegeben und das Ermessen der Beklagten dahingehend reduziert. Nach§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Klägerin kann sich zwar ihrer Zwangsverehelichung durch Umzug in einen anderen Landesteil Albaniens entziehen. In ihrer Person besteht aber die Besonderheit, dass sie dann als Frau allein und ohne Ausbildung nach Albanien zurückkehren müsste und sie weder dort noch im Ausland auf und finanzielle Unterstützung hoffen könnte. Ginge sie gemeinsam mit ihrem Bruder zurück, müsste sie bei einer Rückkehr nach Albanien sogar nicht nur sich, sondern auch diesen versorgen, da dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig ist. Es ist derzeit davon auszugehen, dass sie weder für sich noch für beide den Lebensunterhalt dauerhaft gewährleisten kann. Ihr droht daher Verelendung. Auch kann sie nicht pauschal auf die Möglichkeit, ein Frauenhaus aufzusuchen, verwiesen werden, solange nicht sichergestellt ist, dass sie dort alsbald nach ihrer Rückkehr Aufnahme findet. [...]