VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Urteil vom 19.04.2012 - 3 K 1153.10 V - asyl.net: M23703
https://www.asyl.net/rsdb/M23703
Leitsatz:

Der Anspruch auf Familiennachzug zu daueraufenthaltsberechtigten Familienangehörigen von Unionsbürgern ergibt sich aus der Familienzusammenführungsrichtlinie, nicht aber aus dem FreizügG/EU oder dem Aufenthaltsgesetz.

(Vgl. sich hierauf beziehendes Urteil des VG Berlin vom 09.12.2014 - 14 K 137.13 V - M22771.)

Schlagwörter: Familienzusammenführung, Unionsbürger, drittstaatsangehörige Familienmitglieder, Familiennachzug, Familienzusammenführungsrichtlinie, Daueraufenthaltsberechtigte, Daueraufenthaltsrecht, Drittstaatsangehörige, drittstaatsangehöriger Ehegatte, Ehegattennachzug, Kindernachzug, Familienangehörige, Visum,
Normen: RL 2003/86/EG Art. 4 Abs. 1 S. 1 Bst. c, FreizügigG/EU § 4a,
Auszüge:

[...

Die Ablehnung der Visaanträge durch den Bescheid der Botschaft Lagos vom 16. August 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihnen Visa zur Familienzusammenführung mit Herrn O. erteilt.

1. Allerdings ergibt sich der Anspruch der Kläger auf Erteilung der Visa nicht aus den nationalen Vorschriften.

a) Die Voraussetzungen für den vorliegend begehrten Familiennachzug sind nicht im Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - FreizügG/EU - geregelt, obwohl Herrn O. als Familienangehöriger eines Unionsbürgers auf der Grundlage dieses Gesetzes ein Daueraufenthaltsrecht zusteht. [...]

b) Die Voraussetzungen für den begehrten Familiennachzug der Kläger sind auch nicht im Aufenthaltsgesetz geregelt.

Die in §§ 4 ff., 27, 29, 30 und 32 Abs. 3 AufenthG für einen Ehegatten- und Kindernachzug enthaltenen Regelungen setzen voraus, dass der Ausländer, zu dem der Nachzug begehrt wird, im Besitz einer der im Aufenthaltsgesetz genannten Aufenthaltstitel ist. [...]

2. Den Klägern steht aber aus dem sekundären Gemeinschaftsrecht ein unmittelbarer Anspruch auf Erteilung der streitgegenständlichen Visa zu.

a) Ein solcher Anspruch lässt sich allerdings entgegen der Ansicht der Kläger nicht aus der bereits genannten Unionsbürgerrichtlinie herleiten.[...]

Da die Unionsbürgerrichtlinie keinerlei Regelungen zur Familienzusammenführung von sonstigen Drittstaatsangehörigen zu Familienangehörigen von Unionsbürgern enthält und auch lediglich die Rechtsstellung der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen selbst regeln wollte, hat hier die Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (Familienzusammenführungsrichtlinie - FZRL -, ABl. L 251 vom 3. Oktober 2003, S. 12) als spezielle Bestimmung den Vorrang.

b) Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung der streitgegenständlichen Visa aus der Familienzusammenführungsrichtlinie. Sie können sich direkt auf diese Richtlinie berufen, da sie nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt worden ist. Weder das Freizügigkeitsgesetz/EU noch das Aufenthaltsgesetz enthalten, wie oben ausgeführt, eine Regelung für den Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen zu Drittstaatsangehörigen, wenn der Nachzug in den Mitgliedstaat den Europäischen Union erfolgen soll, in dem der Zusammenführende die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten gemäß § 4a FreizügG/EU inne hat. Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, die Familienzusammenführungsrichtlinie vollständig bis spätestens 3. Oktober 2005 umzusetzen (Art. 20 FZRL). Nach Ablauf der Umsetzungsfrist entfalten die bis dahin nicht umgesetzten Regelungen der Richtlinie unmittelbare Wirkung. Sie begründen eine unbedingte Verpflichtung der Mitgliedstaaten und räumen dem Einzelnen hinreichend genau bestimmte Rechte ein. Auf solche Bestimmungen kann sich der Einzelne nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat berufen, wenn der Staat die Richtlinie nicht fristgemäß oder unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 3. März 2011 - C- 203/10 - Nr. 61, juris m.w.N.).

Die in der Familienzusammenführungsrichtlinie genannten Voraussetzungen für den Familiennachzug der Kläger zu Herrn O. sind erfüllt.

aa) Die Familienzusammenführungsrichtlinie findet gemäß Art. 3 Abs. 1 Anwendung, weil Herr O. als Zusammenführender im Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels ist, der dauerhaft gültig ist. [...]

[...]

Herr O. besitzt einen Aufenthaltstitel i. S. der Familienzusammenführungsrichtlinie, weil ihm als daueraufenthaltsberechtigten Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, eine unbefristet gültige Daueraufenthaltskarte gemäß § 5 Abs. 6 Satz 2 FreizügG/EU ausgestellt worden ist. Bei dieser handelt es sich um einen Aufenthaltstitel, dessen Muster nach der genannten Verordnung zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige in der jeweils geltenden Fassung auszustellen ist (§§ 11 Abs. Satz 3 ff. und 11a FreizügG/EU; § 78 AufenthG sowie §§ 58 Satz 1 Nr. 14 und 59 Abs. 2 Satz 1 AufenthV). [...]

Wie bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert, besteht das Daueraufenthaltsrecht unabhängig davon, ob die Voraussetzungen die für seinen Erwerb weiterhin vorliegen. Ein Verlust dieses Rechts tritt gemäß § 4a Abs. 7 FreizügG/EU (der Art. 16 Abs. 4 der UBRL umsetzt) nur ein, wenn der Daueraufenthaltsberechtigte sich - anders als Herr O. - länger als zwei Jahre nicht im Bundesgebiet aufgehalten hat. Für den Fortbestand dieses Rechts kommt es somit nicht mehr darauf an, ob Herr O. noch einen durch Art. 6 GG geschützten Umgang mit seinem portugiesischen Kind im Bundesgebiet hat oder ob er diesem Unterhalt leistet.

bb) Die Anwendung der Familienzusammenführungsrichtlinie ist entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil diese gemäß Art. 3 Abs. 3 auf die Familienangehörigen eines Unionsbürgers keine Anwendung findet. Damit wird lediglich - ergänzend zur Beschreibung des Ziels der Richtlinie in Art. 1 FZRL - klargestellt, dass der Nachzug von Familienangehörigen zu Unionsbürgern nicht in dieser Richtlinie geregelt ist. [...]

cc) Bei den Klägern handelt es sich um das minderjährige Kind des Zusammenführenden und seinen Ehegatten gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. b FZRL.

dd) Die Kläger erfüllen auch die nach Art. 5 Abs. 1 FZRL festgelegten Erfordernisse. Nach dieser Vorschrift legen die Mitgliedstaaten fest, ob zur Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung ein Antrag auf Einreise und Aufenthalt entweder vom Zusammenführenden oder von den Familienangehörigen gestellt werden muss. Hierzu hat der Gesetzgeber in §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 3 und 81 Abs. 1 AufenthG geregelt, dass Ausländer für längerfristige Aufenthalte im Bundesgebiet eines Visums bedürfen, dessen Erteilung sie vor der Einreise beantragen müssen. Die Kläger haben die danach notwendigen Anträge auf Erteilung der Visa im August 2009 bei der gemäß § 71 Abs. 2 AufenthG zuständigen Auslandsvertretung der Beklagten in Lagos gestellt.

ee) Die Kläger haben dem Antrag auf Erteilung der Visa auch die nach Art. 5 Abs. 2 FZRL erforderlichen Unterlagen, insbesondere ihre Reisedokumente, beigefügt. Beide Kläger haben dem Generalkonsulat ihre Pässe vorgelegt und dort Ablichtungen machen lassen. Unabhängig davon, dass an dieser Stelle der Richtlinie keine weiteren Voraussetzungen als die Vorlage von beglaubigten Abschriften der Reisedoku- mente genannt sind, weist die Kammer vorsorglich darauf hin, dass die Kläger in entgegen der Einschätzung der Beklagten im Verwaltungsverfahren die im Aufenthaltsgesetz allgemein geregelte Passpflicht erfüllt (§§ 3 und 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG). Nach dem Bericht des vom Generalkonsulat eingeschalteten Vertrauensanwalts vom 16. Dezember 2009 mögen zwar die im Pass eingetragenen Vornamen "B." und "I." der Klägerin in Nigeria nicht personenstandsrechtlich erfasst sein und es sich bei dem von ihr als Geburtsname "S." bezeichneten Namen um den Vornamen ihres Vaters handeln, den die Klägerin seit Schulbeginn verwendet. Gleichwohl ist der Pass der Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten visierfähig. Denn jedenfalls dann, wenn wie hier anzunehmen ist, dass die Identität des Betreffenden geklärt ist, ist mit Vorlage eines mit diesen Personalien übereinstimmenden, von den zuständigen Behörden amtlich ausgestellten Personaldokumentes die Passpflicht offenkundig erfüllt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Dezember 2009 - OVG 3 N 122.08 -). Auch nach den Ermittlungen des Vertrauensanwalts bestehen keine Zweifel an der Identität der Klägerin und daran, dass sie die im Pass angegebenen Namen seit langem tatsächlich führt. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Namensführung der Klägerin eine Verwechslungs- oder Missbrauchsgefahr entstehen könnte. Bei dieser Sachlage kommt es für die Erfüllung der Passpflicht nicht darauf an, ob die von der Klägerin seit geraumer Zeit geführten Namen im Einklang mit dem nigerianischen Personenstandsrecht stehen.

ff) Ferner sind auch die in Art. 7 Abs. 1 FZRL genannten Voraussetzungen für den Nachzug der Kläger erfüllt.

Herr O. verfügt als Zusammenführender über Wohnraum i.S. des Art. 7 Abs. 1 lit. a FZRL, der für eine vergleichbar große Familie in derselben Region als üblich angesehen werden kann und der die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden allgemeinen Sicherheits- und Gesundheitsnormen erfüllt. Er verfügt über die von ihm gemietete Dreizimmerwohnung mit einer Größe von 53 qm. Damit stünden den beiden Klägern und Herrn O. pro Person ein Zimmer bzw. 17,66 qm anteilige Wohnfläche zur Verfügung, was nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln als ausreichend angesehen wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. März 2010 - 3 B 9.08 - Rn. 27, juris m.w.N.; sowie Nr. 2.4.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 AufenthG, abgedruckt bei Renner, a.a.O., § 2 AufenthG).

Die Kläger und Herr O. als Zusammenführender verfügen auch über eine Krankenversicherung gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. b FZRL, die im Bundesgebiet sämtliche Risiken abdeckt, die in der Regel auch für deutsche Staatsangehörige abgedeckt sind. Herr O. ist bei der A. gesetzlich krankenversichert. Die Kläger wären gemäß § 10 Abs. 1 und 2 SGB V als seine Ehegattin und sein minderjähriges Kind zusammen mit ihm familienversichert. Eine gesetzliche Krankenversicherung gilt im Bundesgebiet als ausreichender Krankenversicherungsschutz (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 3 AufenthG).

Schließlich hat Herr O. auch feste und regelmäßige Einkünften i.S. des Art. 7 Abs. 1 lit. c FZRL nachgewiesen, die ohne Inanspruchnahme der Sozialleistungen des betreffenden Mitgliedstaates für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreichen.

Ob feste und regelmäßige Einkünfte vorliegen, beurteilen die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 1 lit. c. Satz 2 FZRL anhand der Art und Regelmäßigkeit der Einkünfte. Sie können die Höhe der Mindestlöhne und -renten sowie die Anzahl der Familienangehörigen berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass in Art. 7 Abs. 1 lit. c Satz 1 FZRL dem Begriff der "festen und regelmäßigen Einkünfte", die für den Lebensunterhalt ausreichen, der Begriff "Sozialhilfe" gegenübergestellt ist. Diese Gegenüberstellung zeigt, dass mit dem Begriff "Sozialhilfe" in der Richtlinie eine Hilfe gemeint ist, die von den öffentlichen Behörden auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene gewährt wird und die ein Einzelner in Anspruch nimmt, wenn er nicht über feste und regelmäßige Einkünfte zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes und desjenigen seiner Familie verfügt und deshalb Gefahr läuft, während seines Aufenthalts die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen zu müssen. Der Begriff "Sozialhilfe" ist so auszulegen, dass er sich auf eine Hilfe bezieht, die einen Mangel an ausreichenden festen und regelmäßigen Einkünften ausgleicht, nicht aber auf eine Hilfe, die es erlaubt, außergewöhnliche und unvorhergesehene Bedürfnisse zu befriedigen (EuGH, Urteil vom 4. März 2010, C- 578/08, Rhimou Chakroun, InfAuslR 2010, 221 ff. 222>). [...]

gg) Anders als die Beklagte meint, steht der Erteilung der Visa schließlich auch nicht entgegen, dass die Klägerin zu 1 keinen aktuellen Nachweis ihrer Deutschkenntnisse vorgelegt hat.

Die Beklagte geht hier offenbar davon aus, dass für den Nachzug der Klägerin § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zu beachten sei, nach dem ein nachziehender Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können müsse. Dieser Ansicht vermag die Kammer nicht zu folgen. Anknüpfungspunkt für den von der Beklagten geforderten aktuellen Sprachnachweis kann nur Art. 7 Abs. 2 FZRL sein, nach welchem die Mitgliedstaaten gemäß dem nationalen Recht von Drittstaatsangehörigen verlangen können, dass sie Integrationsmaßnahmen nachkommen müssen. Eine solche nationale Regelung besteht jedoch für den Nachzug der Klägerin nicht. In § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ist nicht geregelt, dass von dem Ehegatten, der zu einem gemäß § 4a FreizügG/EU daueraufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen nachzieht, überhaupt ein Sprachnachweis gefordert wird. Wie oben ausgeführt, hat der deutsche Gesetzgeber weder im Freizügigkeitsgesetz/EU noch im Aufenthaltsgesetz geregelt, unter welchen Bedingungen Drittstaatsangehörige, die ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU im Bundesgebiet inne haben, ihre drittstaatsangehörige Kernfamilie nachziehen lassen können. Die speziellen Regelungen in den §§ 27 ff. AufenthG gelten nur für die Herstellung und Wahrung einer familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet mit einem Zusammenführenden, der - anders als Herr O. - entweder Deutscher ist oder einen der im Aufenthaltsgesetz genannten Aufenthaltstitel besitzt. Die grundsätzliche Frage, ob das Erfordernis einfacher deutscher Sprachkenntnisse in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG überhaupt mit Art. 7 Abs. 2 FZRL vereinbar wäre, braucht deshalb im vorliegenden Verfahren nicht vertieft zu werden (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - 1 C 9/10 - Rn. 3, juris und InfAuslR 2012, 59 sowie die Stellungnahme der Europäische Kommission vom 4. Mai 2011, Sj.g 2011> 540657 im Verfahren C-155/11 PPU, Mohammad Imran).

Im Übrigen weist die Kammer darauf hin, dass die Klägerin bei der Beantragung ihres Visums am 26. August 2009 bereits ein "A 1 Zeugnis" des Goethe Institutes vorgelegt hatte, das ihr am 15. Dezember 2008 ausgestellt worden war. Damit hatte sie - ohne rechtlich dazu verpflichtet gewesen zu sein - bei der Beantragung des Visums die Fähigkeit nachgewiesen, sich auf einfache Art in deutscher Sprache zu verständigen. Ob ihr jetzt die Dauer des Verfahrens entgegengehalten werden kann, erscheint zweifelhaft. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten unter Bezugnahme auf ihre Verwaltungsvorschriften vertretene Auffassung, ein Sprachzertifikat dürfe höchstens ein Jahr alt sein, könnte dazu führen, dass Drittstaatsangehörige die Sprachprüfung - je nach Dauer des Verfahrens - teilweise mehrfach wiederholen müssten. Es wäre zu prüfen, ob dies im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand und die Kosten den Anspruch auf Familienzusammenführung aus der Richtlinie unangemessen einschränkt. Die Europäische Kommission hat in ihrer Stellungnahme vom 4. Mai 2011 betont, dass Integrationsmaßnahmen, die ein Mitgliedstaat verlangen darf, nicht dazu führen dürfen, dass eine Verpflichtung zur Leistungserbringung besteht, die in Wirklichkeit eine Maßnahme darstellt, welche die Möglichkeit der Familienzusammenführung einschränkt. Die Integrationsmaßnahmen müssten im Gegenteil dazu beitragen, dass die Familienzusammenführung erfolgreich verlaufe. Integrationsmaßnahmen müssten angemessen sein und dürften nicht als Mechanismus funktionieren, das Richtlinienziel, nämlich die Begünstigung der Familienzusammenführung, zu beeinträchtigen (Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 4. Mai 2011, a.a.O.; Rn. 29 f.). [...]