VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Urteil vom 04.03.2016 - 23 K 323.14 A - asyl.net: M23957
https://www.asyl.net/rsdb/M23957
Leitsatz:

Ungarn ist ein sicherer Drittstaat im Sinne des § 26a AsylG.

Ein Ausnahmefall, der das Konzept der normativen Vergewisserung entkräften könnte, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht festzustellen.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Ungarn, sichere Drittstaaten, Drittstaatenregelung, Konzept der normativen Vergewisserung, normative Vergewisserung, subsidiärer Schutz, Integrationsprogramm, Abschiebungsandrohung, Abschiebungsanordnung,
Normen: AsylG § 26a, AsylVfG § 26a Abs. 1 S. 1, GG Art. 16a Abs. 1, AsylVfG § 34a, EMRK Art. 3,AsylG § 31 Abs. 4 S. 1, AsylG § 34 Abs. 1, AsylG § 34,
Auszüge:

[...]

Die Bundesrepublik Deutschland ist insbesondere nicht auf Grund der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III-VO), zur Aufnahme des Klägers verpflichtet. [...]

Die Kammer hält an dieser Rechtsprechung auch mit Blick auf die anderslautenden Entscheidungen der 33. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteile vom 11. September 2015 - VG 33 K 152.15 A - und vom 10. September 2015 - VG 33 K 113.15 A -, jeweils juris) fest. Nach ihrer Überzeugung begründet allein der Umstand, dass einem Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat nur subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, nicht aber die Flüchtlingseigenschaft, keine Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates für den weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Zwar mag ein Schutzsuchender nach der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Asylverfahrensrichtlinie, RL 2013/32/EU) und der RL 2011/95/EU auch dann noch einen unionsrechtlichen Anspruch auf Prüfung seines Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft haben, wenn ihm bereits subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, und zwar auch dann, wenn es sich um einen weiteren Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft handelt (vgl. Art. 46 Abs. 2 RL 2013/32/EU). Das sagt aber nichts darüber aus, in welchem Mitgliedstaat der (weitere) Antrag zu prüfen ist. Vielmehr ist dem Antragsteller grundsätzlich zuzumuten, unmittelbar in dem jeweiligen Mitgliedstaat um Rechtsschutz nachzusuchen, dessen Behörden ihm lediglich subsidiären Schutz zuerkannt haben (vgl. Urteile der Kammer vom 22. Januar 2016 - VG 23 K 399.14 A - und - VG 23 K 618.14 A -, jeweils juris Rn. 16 und vom 20. November 2015 - VG 23 K 864.14 A -, juris Rn. 19; VG Berlin, Urteil vom 14. Oktober 2015 - VG 9 K 457. 14 A -). Nachteile, die aus dem Nichtgebrauch dieser Rechtsschutzmöglichkeit entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last; sie vermögen indessen nicht die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates zu begründen.

Die Vorschrift des § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG ist auch auf Antragsteller anwendbar, denen in einem sicheren Drittstaat bereits internationaler Schutz zuerkannt worden ist. Ihrer Anwendung steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber bei der Einführung von § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG im Jahr 1993 nur solche Ausländer "im Blick" hatte, denen in dem sicheren Drittstaat noch kein internationaler Schutz gewährt worden ist (ausführlich Urteil der Kammer vom 4. Juni 2015 - VG 23 K 906.14 A -, juris Rn. 19 m.w.N.). [...]

Ungarn gilt als Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG als sicherer Drittstaat (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938.93, 2 BvR 2315.93 -, juris Rn. 159). [...]

Ein solcher Ausnahmefall, der das Konzept der normativen Vergewisserung entkräften könnte, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht festzustellen (ebenso VG Magdeburg, Urteil vom 9. Juli 2015 - 9 A 216/15 -, juris Rn. 39 ff.; VG München, Urteile vom 29. Juli 2015 - M 23 14.50307 -, juris Rn. 30 und - M 23 K 13.31389 -, juris Rn. 31 sowie Beschlüsse vom 30. März 2015 - M 12 S 15.50022 -, juris Rn. 43 f. und - M 12 S 15.50038 -, juris Rn. 44 f.; a.A. VG Freiburg, Urteil vom 13. Oktober 2015 - A 5 K 1405/13 -, juris Rn. 30 ff.; offengelassen VG Aachen, Beschluss vom 11. März 2015 - 5 L 736/14.A -, juris Rn. 36 f.). Auf systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn kommt es hierbei nicht an (vgl. dazu Urteil der Kammer vom heutigen Tag - VG 23 K 26.16 A -). Denn der Rechtsbegriff der systemischen Schwachstelle entstammt der hier nicht anwendbaren Dublin III-Verordnung (Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO; vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a. -, juris Rn. 81 ff.). Er bildet nicht den Maßstab für die Prüfung, ob die Vermutung des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG ausnahmsweise im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durchbrochen ist. Vor allem aber ist der Kläger kein Asyl(erst)antragsteller mehr und unterliegt nicht den gesetzlichen Regelungen und Restriktionen der noch im Anerkennungsverfahren befindlichen Asylsuchenden in Ungarn. Entscheidend ist allein, ob in Ungarn der gebotene Inhalt des ihm zuerkannten Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ob für ihn als subsidiär Schutzberechtigten insoweit eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (ebenso VG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2015 - 17 K 3135/14.A -, juris Rn. 24; VG Magdeburg, Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 9 B 438.14 -, juris Rn. 16). Dass die Verhältnisse in Ungarn hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen, hier gewährten internationalen Schutz derart erheblich im Sinne eines strukturellen Versagens zurückbleiben, trägt weder der Kläger substantiiert vor noch ist dies bei Würdigung der der Kammer vorliegenden aktuellen Erkenntnisse sonst ersichtlich; erst recht drängt sich dieser Eindruck nicht auf im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Hierfür sind namentlich mehrere Auskünfte des Auswärtigen Amtes an verschiedene Verwaltungsgerichte im Bundesgebiet (an das VG Berlin vom 29. Januar 2016 [einschließlich der dort mitgesandten Auskunft gegenüber dem VG Regensburg vom 27. Januar 2016], an das VG Oldenburg vom 3. Juli 2015, an das VG Freiburg vom 12. März 2015, an das VG Magdeburg vom 2. März 2015 sowie erneut an das VG Freiburg vom 2. März 2015, zitiert als AA), der Bericht des European Asylum Support Office von Juni 2015 ("Description oft he Hungarian asylum system", im Folgenden EASO) sowie der Report von Nils Muiznieks nach seinem Besuch in Ungarn vom 1. bis zum 4. Juli 2014 (nachfolgend Muiznieks-Report) berücksichtigt worden, ebenso der Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim Ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 17. Februar 2016 an das Verwaltungsgericht Berlin (zum Verfahren - VG 3 K 698.15 A -).

Danach ergibt sich übereinstimmend, dass das Unterstützungssystem für anerkannte Schutzberechtigte zum 1. Januar 2014 neu organisiert worden ist. Personen, die internationalen Schutz in Ungarn erlangt haben, werden regelmäßig am Flughafen in Budapest in Empfang genommen; anschließend wird zunächst ihr Aufenthaltsstatus geprüft. Die Zuständigkeit für die Förderung und soziale Integration liegt sodann beim Amt für Einwanderung und Staatsangehörigkeit; hierfür sind zehn Mitarbeiter für die Unterkunft und Integration (Finanzhilfe) verantwortlich. Bei der Erfüllung der Aufgaben wirkt der zuständige Dienst für Familienförderung mit (EASO S. 21; AA an VG Regensburg vom 27. Januar 2016, zu Frage 3). Der Schutzberechtigte hat bis vier Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung Anspruch auf den Abschluss einer individuellen Integrationsvereinbarung, worin ein jeweils nach sechs Monaten in Stufen abschmelzendes Grundeinkommen geregelt ist, das über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt. Bedingung ist lediglich, dass die Person bedürftig ist. Die Vertragsdauer beläuft sich auf maximal zwei Jahre (AA an VG Regensburg vom 27. Januar 2016, zu Frage 3; AA an VG Freiburg vom 12. März 2015, zu Frage 4). Der Integrationsvertrag beinhaltet die Verpflichtung für die Schutzberechtigten, sich zu integrieren, mit dem Arbeitsamt zu kooperieren und Anstrengungen zu unternehmen, eine Arbeit zu finden, und sich die Unterkunft zu sichern. Es besteht keine Pflicht zur Ableistung von gemeinnütziger Arbeit (vgl. EASO, S. 21, AA an VG Oldenburg vom 3. Juli 2015, zu Frage 2). Neben dem Grundeinkommen gibt es noch einen Anspruch auf ergänzende Leistungen, beispielsweise wird gegebenenfalls ein Zuschuss zur Mietkaution gezahlt (AA an VG Regensburg vom 27. Januar 2016, zu Frage 3). Der für den Wohnsitz des anerkannten Schutzberechtigten zuständige staatliche Dienst für Familienförderung begleitet nicht nur den Integrationsprozess, sondern hilft auch bei der Arbeits- und Wohnungssuche, der Anmeldung im Kindergarten und in der Schule sowie beim Finden von Möglichkeiten zum Spracherwerb. Außerdem vermittelt er bei Bedarf den Kontakt zu Selbstverwaltungsstellen, der Arbeitszentrale und kirchlichen Einrichtungen (zuletzt AA an VG Regensburg vom 27. Januar 2016, zu Frage 3, vgl. schon AA an VG Freiburg vom 12. März 2015, zu Frage 4). Dieser staatliche Familiendienst ist lokal präsent und setzt sich überwiegend aus Sozialarbeitern zusammen. Er leistet auch Hilfe für Einzelpersonen und für Schutzberechtigte, die keinen Integrationsvertrag abgeschlossen haben (AA an VG Magdeburg vom 2. März 2015, zu Frage 1). Daneben gibt es kirchliche Beratungsstellen, die auch bei der Wohnungsvermittlung behilflich sind.

Wird kein Integrationsvertrag abgeschlossen, besteht (nur) ein Anspruch auf Sozialhilfe; die entsprechenden gesetzlichen Regelungen sind zum 1. März 2015 umfassend geändert worden. Die sozialgesetzlichen Bestimmungen normieren dabei keine bestimmten, über ein allgemeines Bedürftigkeitskriterium hinausgehenden Anspruchsvoraussetzungen, allerdings bestehen teilweise Verwaltungsvorschriften. Der Empfänger der Sozialhilfe ist zur Ableistung von gemeinnütziger Arbeit verpflichtet, andernfalls drohen Leistungskürzungen. Wird gemeinnützige Arbeit geleistet, erhöht sich die Sozialhilfe auf ca. 200 Euro netto pro Monat (AA an VG Oldenburg vom 3. Juli 2015, Vorbemerkungen in Ziffer 1 und zu Frage 2).

Der praktische Erfolg am Arbeitsmarkt hängt von der Ausbildung und den Sprachkenntnissen des einzelnen Schutzberechtigten ab; rechtlich sind sie insoweit ungarischen Staatsbürgern gleichgestellt (AA an VG Magdeburg vom 2. März 2015, zu Frage 3). Auch der Zugang zum Wohnungsmarkt ist gesichert, entweder durch den Abschluss des Integrationsvertrages oder aber durch die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen; hierfür ist lediglich die Registrierung im entsprechenden Bezirk notwendig (AA an VG Magdeburg vom 2. März 2015, zu Frage 4/8). Ein den ungarischen Staatsangehörigen entsprechender Krankenversicherungsschutz ist ebenfalls gewährleistet, und zwar (kostenfrei) auch für bedürftige Personen, die keinen Integrationsvertrag abgeschlossen haben (AA an VG Magdeburg vom 2. März 2015, zu Frage 5/9 und 6/9). [...]

Insofern mögen danach die Lebensbedingungen für Personen mit internationalem Schutzstatus in Ungarn nicht einfach sein, zumal diese anders als bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht auf ihre Sprachkenntnisse und ein soziales Netz zurückgreifen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795.14 -, juris Rn. 13). Es herrschen allerdings keineswegs derart handgreiflich eklatante Missstände, die den Schluss zuließen, anerkannte Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und dem inzwischen - sowohl unter Zugrundelegung des im Bundesgebiet angegebenen als auch des in Ungarn erfassten Geburtsdatums - unstreitig volljährigen Kläger müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. [...]

Auch der Umstand, dass der Kläger inzwischen keinen Anspruch auf Abschluss eines Integrationsvertrages gegenüber den ungarischen Behörden (mehr) hat, verhilft ihm nicht zum Erfolg. Denn zu berücksichtigen ist, dass er durch sein eigenes Verhalten - nämlich die Weiterreise ins Bundesgebiet - diesen Nachteil selbst herbeigeführt hat. Ausweislich der Berichtslage hätte er als "Altfall" bis zum 28. Februar 2014 den Abschluss eines solchen Vertrages beanspruchen können (vgl. EASO, S. 21). Unabhängig davon ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger im Ermessenswege auch jetzt noch zu einer Integrationsvereinbarung kommt. Andernfalls hat er bei Nachweis seiner Bedürftigkeit Anspruch auf Sozialhilfe im dargestellten Umfang und kann zusätzlich auf die Unterstützungsleistungen des zuständigen staatlichen Dienstes für Familienförderung zurückgreifen.

Von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Ein Verstoß Ungarns gegen seine Pflicht, Schutz vor Angriffen auf die körperliche Unversehrtheit zu gewähren, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Soweit es um rassistische Übergriffe in Ungarn geht, denen die Schutzberechtigten - nicht zuletzt wegen der ausländerfeindlichen Stimmung der Regierung Ungarns - ausgesetzt sein könnten, ist jedenfalls ein strukturelles staatliches Versagen nicht erkennbar. Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Staat die Strafverfolgung nicht gegen die Täter richtet (ebenso VG Magdeburg, Urteil vom 9. Juli 2015 - 9 A 216/15 -, juris Rn. 48). [...]

Die Klage hat demgegenüber Erfolg, soweit sie sich gegen die Abschiebungsan-drohung richtet. [...]

Die Klage ist insoweit begründet, weil sich die nunmehr erlassene Abschiebungsandrohung weder auf § 34a AsylG noch auf § 34 AsylG stützen lässt. [...]

Wenn das Bundesamt einen Asylantrag - wie hier - nur nach § 26a AsylG ablehnt, ist nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG lediglich festzustellen, dass dem Ausländer auf Grund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. Diese Entscheidung ist gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG "zusammen" - mithin zeitgleich - mit "der Abschiebungsanordnung nach § 34a" zu treffen und dann "dem Ausländer selbst zuzustellen". Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber von einer Verknüpfung des § 26a AsylG und im Übrigen auch des § 27a AsylG allein mit § 34a AsylG ausging. Nach der Gesetzessystematik besteht danach ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Asylversagung wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat bzw. der Zuständigkeit eines anderen Staates und der Anordnung der Abschiebung in diesen Staat. Insofern ist § 34a AsylG bei einer Entscheidung (nur) nach den §§ 26a, 27a AsylG gegenüber § 34 Abs. 1 AsylG spezieller (in diesem Sinne auch BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 - BVerwG 1 B 41.15 -, juris Rn. 15). Zur weiteren Begründung und zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die den Beteiligten des Verfahrens bekannte Entscheidung der Kammer vom 4. Juni 2015 (- VG 23 K 906.14 A -, juris) verwiesen, der sich zwischenzeitlich eine Reihe anderer Verwaltungsgerichte angeschlossen haben (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19. Februar 2016 - 2a K 2466/15.A -, juris Rn. 64 ff.; VG Ansbach, Urteile vom 5. Februar 2016 - AN 14 K 15.50478 -, juris Rn. 22 ff. und vom 7. Oktober 2015 - AN 11 K 15.50067 -, juris Rn. 29 ff.; VG Stade, Urteile vom 15. Dezember 2015 - 4 A 980/15 -, juris Rn. 28 ff. und vom 21. September 2015 - 1 A 791.14 -, juris Rn. 25 ff.; VG Münster, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 8 K 436/15 -, juris Rn. 14 ff.; VG Düsseldorf, Urteile vom 3. Juli 2015 - 8 K 2181/15.A -, juris Rn. 17 ff. und vom 29. Juni 2015 - 13 K 3215/15.A -, juris Rn. 21 ff.; a.A. VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 4. Dezember 2015 - 10 A 25/15 -, juris Rn. 38 ff.).

Schließlich verletzt die Abschiebungsandrohung den Kläger auch in seinen Rechten, weil sich das Bundesamt durch den Erlass einer Abschiebungsandrohung seinem ihm gesetzlich zugewiesenen Prüfungsauftrag hinsichtlich des Bestehens inländischer Abschiebungshindernisse entzieht. Während derartige Vollstreckungshindernisse beim Erlass einer Abschiebungsanordnung unmittelbar von dieser Behörde geprüft werden müssen, nimmt das Bundesamt in der hiesigen Konstellation diese Prüfung nicht vor, und zwar offenbar auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt (hierzu siehe OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Juni 2015 - 14 A 1233/15.A -, juris Rn. 10). Liegen solche Hindernisse später vor, kann der betroffene Asylsuchende diese nur gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen und vorläufigen Rechtsschutz im Streitfall allein nach § 123 Abs. 1 VwGO erreichen, was ihn vor deutlich höhere Darlegungshürden stellt. Sind damit die Rechtsschutzmöglichkeiten des Ausländers jedenfalls hinsichtlich der Prüfung inländischer Vollstreckungshindernisse empfindlich eingeschränkt, ist unerheblich, dass dem Kläger durch die geänderte Entscheidung statt der ursprünglichen Verpflichtung zur sofortigen Ausreise eine auf 30 Tage verlängerte Ausreisefrist zugestanden wird (so aber VG Ansbach, Urteil vom 22. April 2015 - AN 14 K 15.50044 -, juris Rn. 24). [...]