VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Beschluss vom 22.07.2016 - 5 L 974/16 - asyl.net: M24115
https://www.asyl.net/rsdb/M24115
Leitsatz:

Keine systemischen Mängel im Asylverfahren in Kroatien.

Schlagwörter: Kroatien, Dublinverfahren, Sonstige Familienangehörige, Aufnahmebedingungen, systemische Mängel, aufschiebende Wirkung, Suspensiveffekt, Selbsteintritt,
Normen: VO 604/2013 Art. 13 Abs. 1, VO 604/2013 Art. 25 Abs. 2, AsylG § 34a, AsylG § 27a, GR-Charta Art. 4, EMRK Art. 3, VO 604/2013 Art. 17 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Es gibt - entgegen der Einschätzung des Antragstellers - insbesondere keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass das kroatische Asylsystem an systemischen Mängeln im Sinne der Ausführungen in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 - und vom 10.12.2013 – C-394/12 - leidet, wobei an die Darlegung eines solchen ausnahmsweise anzunehmenden Hinderungsgrundes strenge Anforderungen zu stellen sind (std. Rspr. des Gerichts, vgl. nur Beschluss vom 29.07.2013 - 3 L 961/13 -, juris unter Berufung auf BVerfG, Beschluss vom 14.05.1996, E 94,49 und EGMR vom 21.01.2011, NVwZ 2011, 413; vgl. auch EGMR vom 02.04.2013 Nr. 27725/10; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 08.09.2009 - 2 BvQ 56/09 -, DVBl 2009, 1304; solche Gründe macht der Antragsteller nicht geltend). Das Vorbringen, die innenpolitische Lage sei in Kroatien instabil, die Politik vollkommen zerstritten und eine funktionsfähige Regierung gebe es nicht, reicht dafür nicht aus.

Dass in Kroatien das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK begründen könnten, wird denn derzeit auch von keinem Gericht angenommen. Es ist davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in Kroatien im Allgemeinen eingehalten werden. Dem Gericht liegen keine greifbaren Erkenntnisse darüber vor, dass dort systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorhanden sind. Der Vortrag des Antragstellers, aus dem Umstand, dass Kroatien auf die Anfrage der Antragsgegnerin auf Rücknahme des Antragstellers nicht reagiert habe, sei zu schließen, dass Kroatien aufgrund der herrschenden innenpolitischen Situation im Hinblick auf die Unterbringung von Flüchtlingen und die Durchführung von Asylverfahren handlungsunfähig sei, geht ins Leere, weil Kroatien auf die Anfrage seine Aufnahmebereitschaft erklärt hat.

Es gibt auch keine entsprechende Bitte des UNHCR, keine Flüchtlinge nach Kroatien zurückzuschicken. Aus dem Jahresbericht 2015/16 von amnesty international ergibt sich allein, dass Kroatien im Jahre 2015 Mühe hatte, den Flüchtlingen und Migranten, die großer Zahl in das Land kamen, Zugang zu Asylverfahren und angemessene Aufnahmebedingungen zu bieten. Mehr als 550.000 Flüchtlingen und Migranten hätten Kroatien 2015 auf dem Weg in andere EU-Mitgliedsstaaten durchquert. Die Behörden hätten sie dabei unterstützt, indem sie kostenlose Transportmöglichkeiten zur Verfügung gestellt hätten. Nur einige hundert Personen hätten in Kroatien selbst Asyl beantragt. Bis Ende Oktober 2015 seien 37 Personen als international Schutzberechtigte anerkannt worden. Die Behörden hätten nichts unternommen, um besonders schutzbedürftige Personen unter den Einreisenden ausfindig zu machen, wie z.B. unbegleitete Minderjährige oder Opfer von Menschenhandel. Auch diese Ausführungen lassen nicht im Ansatz erkennen, dass das kroatische Asylsystem jedenfalls für nicht besonders Schutzbedürftige, zu denen der Antragsteller gehört, systemische Mängel bestehen könnten. [...]