Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund Verfolgungsgefahr wegen illegaler Ausreise und Asylantragstellung im westlichen Ausland, unabhängig von einer Vorverfolgung oder sonstiger individueller Verfolgungsgründe (unter Berufung auf bisherige Rechtsprechung sowie aktuelle Lageberichte und Erkenntnismaterialien).
[...]
Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Klägerin nicht vorverfolgt ausgereist ist. Sie hat bei ihrer Anhörung bei dem Bundesamt angegeben, Grund ihrer Ausreise sei die allgemeine Lage in Syrien gewesen. Dort herrsche Krieg und alles sei sehr teuer geworden. Die ausdrückliche Nachfrage, ob Schwierigkeiten mit staatlichen oder nicht-staatlichen Organisationen bestanden hätten, hat die Klägerin verneint. Im Klagverfahren hat sie eine Vorverfolgung ebenfalls nicht geltend gemacht.
Der Klägerin ist die Flüchtlingseigenschaft jedoch deshalb zuzuerkennen, weil Nachfluchtgründe vorliegen, die nach gegenwärtiger Erkenntnislage bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründen. [...]
Die Kammer ist in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur Urt. v. 18.09.2013 - A 5 K 491/13; Urt. v. 13.03.2014 - A 5 K 2131/13; Urt. v. 13.08.2014 - A 5 K 2409/13) davon ausgegangen, dass jedenfalls illegal ausgereisten und sich längere Zeit im Ausland aufhaltenden Asylantragstellern aus Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung - unabhängig von einer etwaigen Vorverfolgung - droht. Dabei hat sie darauf abgestellt, dass die syrische Regierung zurückkehrenden Asylbewerbern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine regimefeindliche Haltung zuschreiben (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG) und daran anknüpfend Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG vornehmen wird.
Die derzeitige Lage in Syrien rechtfertigt nach den vorliegenden Erkenntnismitteln keine abweichende Beurteilung. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass Rückkehrer im Fall einer Abschiebung nach Syrien eine obligatorische Befragung durch die Sicherheitskräfte unter anderem zur allgemeinen Informationsgewinnung über die Exilszene zu erwarten haben. Dabei ist beachtlich wahrscheinlich, dass bereits diese Befragung eine konkrete Gefährdung in Form menschenrechtswidriger Behandlung bis hin zur Folter und dem völligen Verschwindenlassen auslöst. Diese Auffassung entspricht der weit überwiegenden aktuellen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (siehe auch VG Regensburg, Urt. v. 06.07.2016 - Rn 11 K 16.30889; VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 22.10.2015 - VG 3 K 474/13.A; VG Trier, Urt. v. 16.06.2016 - 1 K 157603.TR; VG Köln, Urt. v. 25.10.2016 - 20 K 2890/16.A; Saarl. VG, Urt. v. 11.11.2016 - 2 K 583/16; VG Münster, Urt. v. 13.10.2016 – 8 K 2127/16.A; VG München, Urt. v. 25.10.2016 - M 13 K 16.32208; VG Oldenburg, Urt. v. 18.11.2016 - 2 A 5162/16; VG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2016 - 3 K 7501/16.A -, jeweils juris; Schlesw.-Holst. VG, Gerichtsbescheid vom 15.08.2016 - 12 A 149/16; VG Sigmaringen, Urt. v. 23.11.2016 - A 5 K 1372/16; VG Karlsruhe, Urt. v. 29.11.2016 - A 8 K 3877/16; VG Köln, Urt. v. 06.12.2016 - 20 K 4917/16.A -, juris; a.A. allerdings OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 23.11.2016 - 3 LB 17/16 -, juris).
Hinsichtlich der Behandlung der aus westlichen Ländern abgeschobenen Personen fehlt es zwar für die letzten Jahre an belastbaren Zahlen der Rückkehrer. Mit dem in Syrien herrschenden innerstaatlichen Konflikt wurden Abschiebungen - jedenfalls von der überwiegenden Zahl der Staaten - nach Syrien zuletzt nicht durchgeführt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass sich an der Verfolgungslage in Syrien etwas Grundlegendes geändert hätte. Die Beklagte selbst hat bis Anfang des Jahres 2016 syrischen Antragstellern die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Noch mit Aktenvermerk vom 13.06.2016 (VAS 56) führt die Beklagte aus, in allen Landesteilen Syriens könne Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG in hohem Maße stattfinden. Auch sei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Rückkehrern nach längerem Auslandsaufenthalt grundsätzlich eine oppositionelle, regimefeindliche Haltung unterstellt werde. Gründe, weshalb diese Annahme nicht mehr gelten sollte oder warum diese tatsächlichen Feststellungen nicht die Gewährung des Flüchtlingsschutzes rechtfertigen, hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren und, soweit bekannt, auch in sonstigen Verfahren nicht geltend gemacht. Die Einschätzung, dass in Syrien Rückkehrern politische Verfolgung droht, wird sowohl durch die Erkenntnislage bis zum allgemeinen Abschiebungsstopp im April 2011, die den bisherigen Entscheidungen der Kammer zugrunde lag, als auch durch die aktuelle Erkenntnislage gestützt. [...]
Auch der Bericht des UNHCR zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, stützt diese Bewertung (UNHCR International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Syrian Arab Republic, Update IV, November 2015). Dieses vom Amt des UNHCR herausgegebene Dokument ist angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, Urt. v. 30.05.2013 - C-528/11 -, NVwZ-RR 2013, 660). Danach ist es wahrscheinlich, dass die meisten asylsuchenden Syrer die Kriterien für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft erfüllen, da sie eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen eines oder mehrerer Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention haben. Für viele aus Syrien geflohene Zivilisten bestehe der kausale Zusammenhang mit einem Konventionsgrund in der direkten oder indirekten, tatsächlichen oder vermeintlichen Verbindung mit einer der Konfliktparteien. Für die Erfüllung der Kriterien der Flüchtlingsdefinition sei es nicht erforderlich, dass eine tatsächliche oder drohende Verfolgung auf sie persönlich, im Sinne eines "persönlichen Ausgewähltseins" abziele. Syrischen Staatsangehörigen und Personen mit gewöhnlichem Aufenthaltsort in Syrien, die aus dem Land geflohen seien, könne beispielsweise Verfolgung aufgrund einer politischen Überzeugung drohen, die ihnen gemäß einer vermeintlichen Verbindung mit einer Konfliktpartei unterstellt werde, oder aufgrund ihrer religiösen Überzeugung, ihrer ethnischen Identität oder abhängig von dem Ort, aus dem die Betroffenen stammten, sowie davon, welche Konfliktpartei diesen Ort bzw. die Nachbarschaft kontrolliere.
Die Auskunft des Auswärtigen Amts vom 07.11.2016 an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht steht dieser Erkenntnislage nicht entgegen. Darin weist das Auswärtige Amt darauf hin, keine Kenntnisse darüber zu besitzen, dass Rückkehrer allein aufgrund eines vorausgegangenen Auslandsaufenthalts Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt wären. Das Fehlen von Referenzfällen (jedenfalls im Hinblick auf die Kenntnislage des Auswärtigen Amts) lässt jedoch, wie auch das Verwaltungsgericht Karlsruhe zutreffend dargelegt hat (VG Karlsruhe, Urt. v. 29.11.2016, a.a.O), keinen Rückschluss auf eine fehlende Gefahrendichte zu (vgl. hierzu auch zu einer älteren Erkenntnislage OVG Sachs.-Anh., Urt. v. 18.07.2012 – 3 L 147/12 –, juris; a.A. OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 23.11.2016 - 3 LB 17/16). Denn es ist darauf zurückzuführen, dass mit der Verschärfung des innerstaatlichen Konflikts in Syrien in den Jahren 2011 und 2012 jedenfalls aus dem westlichen Ausland keine abgelehnten Flüchtlinge aus Syrien mehr in ihre Heimat abgeschoben wurden. Im Übrigen hat das Auswärtige Amt unter dem 03.02.2016 berichtet, dass Fälle bekannt seien, bei denen Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden sind, wobei diese "überwiegend" in Zusammenhang mit oppositionsnahen Aktivitäten (beispielsweise Journalisten oder Menschenrechtsverteidigern) oder in Zusammenhang mit einem nicht abgeleisteten Militärdienst standen (Auskunft des Auswärtigen Amts - Botschaft Beirut - an das Bundesamt vom 03.02.2016).
Das Fehlen einer größeren Zahl von (aktuellen) Referenzfällen von Rückkehrern kann darüber hinaus auch im Hinblick auf die aufgeführten Berichte zur allgemeinen Menschenrechts- und Verfolgungssituation zu einer beachtlichen Gefahrprognose führen. [...]
Nach vorstehenden Grundsätzen muss vor dem Hintergrund der in den vorliegenden Erkenntnismitteln aufgeführten konkreten Berichte über einzelne aktuelle Verfolgungsschicksale von Rückkehrern bzw. den in jüngerer Vergangenheit festgestellten Verfolgungsmaßnahmen (zu den Erkenntnissen für die Jahre 2010 bis 2012 vgl. nur OVG Sachs.-Anh., Urt. v. 18.07.2012, a.a.O.) und der dargelegten allgemeine Menschenrechtssituation in Syrien, die durch die Willkür des Regimes und dessen unnachgiebiges Vorgehen gegen (vermeintlich) Oppositionelle geprägt ist, auch ohne eine genau spezifizierte Auflistung einer größeren Zahl von Referenzfällen bei Rückkehrern von einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit ausgegangen werden.
Vor dem Hintergrund der aufgeführten Erkenntnismittel, welche die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer allgemeinen Rückkehrergefährdung stützen, vermag auch die Auskunft des Deutschen Orient-Instituts an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht vom November 2016 keine andere Bewertung der Sachlage rechtfertigen (a.A. OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 23.11.2016 - 3 LB 17/16). Diese Auskunft verhält sich vornehmlich zur besonderen Gefährdung wehrdienstfähiger männlicher Syrer sowie der Gruppe der in Syrien ansässigen Kurden. Mit Blick auf Rückkehrer im Allgemeinen führt das Institut aus, dass Befragungen oder Verfolgung durch die syrische Regierung derzeit nicht in allen Landesteilen realistisch seien, weil die Regierung nicht sämtliche Landesteile kontrolliere. Die derzeit fehlende Gebietskontrolle in einigen Landesteilen lässt jedoch die Gefährdungslage für Rückkehrer nicht entfallen (a.A. VG Magdeburg, Urt. v. 18.10.2016 - 9 A 444/16 -, juris). Dies ließe außer Acht, dass zwangsweise Rücküberstellungen derzeit nur über den Flughafen Damaskus denkbar sind, der unter der Kontrolle des Assad-Regimes steht.
Auch im Falle einer freiwilligen Rückkehr, die - jedenfalls wenn dadurch die Gefahr politischer Verfolgung abgewendet werden kann - ebenfalls in den Blick zu nehmen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.02.2006 - 1 B 107.05 -, juris m.w.N. ), ist beachtlich wahrscheinlich, dass die Betroffenen den Gefahren einer politischen Verfolgung nicht entgehen können. So unterscheiden auch die vorliegenden Erkenntnismittel im Hinblick auf die dort zum Ausdruck gebrachte Rückkehrergefährdung nicht zwischen zwangsweise erfolgter und freiwilliger Rückkehr. Rückkehrmöglichkeiten existieren darüber hinaus faktisch nur über von der Regierung kontrollierte Flughäfen oder offizielle Grenzstationen, sodass eine Einreise nach Syrien für Rückkehrer aus Westeuropa ohne Kenntniserlangung der syrischen Behörden nicht möglich ist. Dabei ist für die Grenzbeamten aus den mitzuführenden Dokumenten in jedem Fall ersichtlich, dass sich die Betroffenen zuvor im westlichen Ausland, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland, aufgehalten haben (VG Sigmaringen, Urt. v. 23.11.2016 - A 5 K 1372/16 - m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.06.2013 - A 11 S 927/13 -, juris). Eine illegale Rückkehr kann den Betroffenen nicht angesonnen werden. Ungeachtet des Umstands, dass dies schon die (legale) Einreisemöglichkeit in einen entsprechenden ausländischen Nachbarstaat Syriens voraussetzen würde (vgl. - negativ - zu Jordanien Auskunft des Auswärtigen Amts an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 25.07.2016 - Gz. 508-516.80/48834), könnten auch dazu ggf. erforderliche Reisedokumente von den die Kontrolle über diese Landesteile ausübenden Organisationen nicht anerkannt oder ausgestellt werden (VG Sigmaringen, Urt. v. 23.11.2016 - A 5 K 1372/16 - m.w.N.). [...]
Diese Ausführungen hält die Kammer auch im Hinblick auf die seither noch gestiegene Zahl an Flüchtlingen weiterhin für zutreffend. Auch den zuvor im zitierten Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe und in diesem Urteil ausgewerteten Erkenntnismitteln aus den Jahren 2015 und 2016 liegt die bekannte Tatsache der massenhaften Ausreise aus Syrien zugrunde. Aufgrund der Zuspitzung des in Syrien herrschenden innerstaatlichen Konflikts ist davon auszugehen, dass das syrische Regime mit unverminderter Härte gegen tatsächlich oder unterstellt oppositionell tätige Personen vorgeht. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die in den Erkenntnismitteln aufgezeigte erhebliche Zahl an Zivilisten, die seit Beginn des Bürgerkriegs inhaftiert und schwerster Folter und unmenschlicher Behandlung ausgesetzten wurden (dazu auch UN Human Rights Council, Out of sight, out of mind: Deaths in Detention in the Syrian Arab Republic, 03.02.2016, S. 2, 5; Süddeutsche Zeitung Online: UN: Regimetreue Truppen erschießen 82 Zivilisten in Aleppo, 13.12.2016; Men fleeing E Aleppo forced to fight with Assad, Al Arabiya Online, 12.12.2016; vgl. VG Köln, Urt. v. 25.08.2016 - 20 K 6664/15.A). Auch weist der Bericht des Verfassungsschutzes des Bundes (Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2015, S. 263 f.) darauf hin, dass die syrischen Nachrichtendienste weiterhin Regimegegner im Ausland beobachteten und es gerade im Zusammenhang mit den anhaltenden Flüchtlingsbewegungen nach Deutschland im Jahr 2015 eine Vielzahl von Hinweisen auf bundesweite Aufklärungsbemühungen syrischer Dienste im Flüchtlingsumfeld gegeben habe. Die syrischen Nachrichtendienste verfügten ungeachtet des Bürgerkriegs und damit einhergehender Auflösungserscheinungen in Teilen des Machtapparats unverändert über leistungsfähige Strukturen (vgl. hierzu - ausführlich - VG Sigmaringen, Urt. v. 23.11.2016 - 5 K 1372/16 - m.w.N.).
Dass die syrische Regierung in absehbarer Zeit die Macht über die von ihr beherrschten Landesteile verlieren könnte, ist - auch im Hinblick auf die militärische Unterstützung Russlands, des Iran und des Libanon - nicht absehbar. Vielmehr ist festzustellen, dass die Regierung zuletzt Gebiete zurückerobern konnte (dazu: ZEIT ONLINE, Armee erobert größtes Rebellenviertel Aleppos, 27.11.2016). Im Hinblick auf diese politische und militärische Lage in Syrien ist nicht erkennbar, dass das Informations- und Verfolgungsinteresse des mit allen Mitteln um seinen Machterhalt kämpfenden syrischen Regimes an Rückkehrern aus dem westlichen Ausland nachgelassen haben könnte (so auch VG Münster, Urt. v. 13.10.2016, a.a.O.).
Die Praxis der bereitwilligen Passausstellung dürfte im Übrigen vornehmlich finanzielle bzw. politische Gründe haben. Die wirtschaftliche Situation des syrischen Regimes hat sich im Hinblick auf den innerstaatlichen Konflikt verschlechtert, so dass zu vermuten ist, dass insbesondere Einnahmen aus den Passgebühren (400 $ für die Ausstellung eines neues Passes außerhalb Syriens) der syrischen Staatskasse zu Gute kommen sollen. Dafür spricht auch, dass selbst oppositionsnahe Syrer einen neuen syrischen Pass erhalten konnten (Auskunft des Auswärtigen Amts - Botschaft Beirut - an das Bundesamt vom 03.02.2016).
Die zu befürchtenden Verfolgungsmaßnahmen knüpfen an in § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylG aufgeführte flüchtlingsrelevante Merkmale an. Denn es ist, wie dargelegt, nach den vorliegenden Erkenntnismitteln beachtlich wahrscheinlich, dass die syrischen Sicherheitskräfte Rückkehrern eine oppositionelle Gesinnung jedenfalls unterstellen und deswegen die beschriebenen Eingriffe vornehmen würden. [...]
Dem folgend sind für die Kammer keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die beschriebenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Eingriffe "lediglich" der Gelderpressung oder der Erfüllung von Machtphantasien dienten. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die geschilderten Maßnahmen, die Rückkehrer zu befürchten haben und die zur Gewinnung von Informationen über die Exilszene bzw. die Opposition dienen, deswegen vorgenommen werden, weil das syrische Regime davon ausgeht, die Betroffenen hätten im Ausland Kontakt zur Exilszene gehabt bzw. gehörten einer der oppositionellen Gruppen an. Ohne diese jedenfalls zugeschriebenen Eigenschaften ist nicht vorstellbar, dass das Regime überhaupt ein Interesse an den Betroffenen haben könnte (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.06.2013, a.a.O.).
Eine interne Schutzalternative (§ 3e AsylG) besteht nicht. Dies gilt namentlich für die Klägerin, die aus einem seit jeher bis heute von der syrischen Regierung kontrollierten Gebiet stammt. Abgesehen davon ist die Bewegungsfreiheit in Syrien erheblich eingeschränkt. Dass auch die Beklagte von einer fehlenden Schutzalternative ausgeht, ergibt sich bereits aus der Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 3 Satz 1, § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG) und steht mit der aktuellen Auskunftslage in Einklang (Auskunft des Auswärtigen Amts - Botschaft Beirut - an das Bundesamt vom 03.02.2016).
Im Falle der Klägerin treten zu dieser allgemeinen Feststellung individuelle gefahrerhöhende Umstände hinzu.
In seinen aktuellen Erwägungen zum Schutzbedarf hat der UNHCR Risikoprofile beschrieben, bei deren Erfüllung die betreffende Person wahrscheinlich internationalen Schutz im Sinne der Genfer Konvention benötige (UNHCR International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Syrian Arab Republic, a.a.O., S. 22). So drohe eine asylrelevante Verfolgung unter anderem Personen, die Mitglied religiöser Gruppen seien, aber auch Wehrdienstverweigerern und Deserteuren der Streitkräfte der Regierung. Gefährdet seien auch Frauen, insbesondere ohne Schutz durch Männer, und Kinder.
Im Hinblick hierauf ist von Bedeutung, dass die Klägerin bei einer Rückkehr mit einer individuell erhöhten Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, von den syrischen Sicherheitskräften als Regimegegnerin angesehen und verfolgt zu werden. Denn die Klägerin gehört zum einen als (alleinstehende) Frau einer der vom UNHCR ausdrücklich benannten besonders gefährdeten sozialen Gruppe an. Darüber hinaus ist sie als Sunnitin Mitglied einer Glaubensgemeinschaft, die in Syrien den größten Teil der Regimegegner ausmacht (Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags, Zur Situation religiöser Minderheiten in Irak und Syrien, 2016, S. 14 f). Die Zugehörigkeit zu dieser - wenngleich in Syrien die Mehrheit bildende - religiösen Gruppe führt auch der UNHCR ausdrücklich als weiter gefahrerhöhend an. [...]