1. Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft, obwohl eine Verletzung von Art. 14 EMRK bejaht wurde (hier: Diskriminierung aufgrund von ethnischer Herkunft).
2. Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG für in Deutschland geborenes Kind, da es aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma in Mazedonien erheblichen Diskriminierungen, insbesondere beim Zugang zu Bildung, ausgesetzt sein könnte, was eine Verletzung von Art. 14 EMRK bedeutet und einer unmenschlichen Behandlung gleichkäme.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen hinsichtlich Mazedonien vor. [...]
Die derzeitigen Bedingungen in Mazedonien führen zu der Annahme, dass bei Abschiebung der Antragstellerin eine Verletzung des Art. 14 EMRK vorliegt.
Aufgrund der individuellen Umstände der Antragstellerin ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit jedoch davon auszugehen, dass sich die Gefahr einer Verletzung des Art. 14 EMRK durch die Abschiebung außergewöhnlich erhöht und deswegen ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG festzustellen ist.
Die Diskriminierung wegen des Merkmales Rasse und Hautfarbe ist eng verbunden mit der nationalen Herkunft. Auch Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft ist Rassendiskriminierung. Der Begriff Rasse bezieht sich auf die überholte Idee einer biologischen Einteilung von Menschen wegen ihrer morphologischen Züge wie Hautfarbe oder Gesichtsform. Die Rechtsordnung verwendet diesen Begriff als einen "polemischen Begriff" und gibt mit ihm (und dem Verbot jedweder Anknüpfung) eine Antwort "auf den kulturell-sozial bestimmten Rassebegriff, aus dem ein Überlegenheitsanspruch hergeleitet wurde." Ethnische Unterscheidungen haben ihren Ursprung in der Trennung sozialer Gruppen mit gemeinsamer Herkunft, Glauben, Sprache, Kultur oder traditionellem Ursprung oder Hintergrund.
Rassendiskriminierung ist besonders zu verurteilen. Die Europäische Menschenrechts Konvention verlangt, dass die Behörden alle verfügbaren Mittel einsetzen, um sie zu bekämpfen und dazu beitragen, dass Vielfalt nicht als Bedrohung, sondern als Reichtum verstanden wird. (vgl. Meyer-Ladewig EMRK Art. 14 Rn. 21 m.w.V. - 25).
Damit ergibt sich ein sehr enger Ermessensspielraum für eine Ungleichbehandlung wegen Volks-oder Stammzugehörigkeit.
Roma werden auch weiterhin in Serbien von den überwiegenden Teilen der Zivilgesellschaft nicht anerkannt. Sie werden ausgegrenzt und können nicht uneingeschränkt an den sozialen Angeboten des Staates und der Gesellschaft teilnehmen.
Nach Informationen des Bundesamtes ist die Volksgruppe der Roma, als ärmste ethnische Gruppe in der ohnehin überwiegend ärmlichen Gesamtbevölkerung Mazedoniens in ihrem Alltag Vorurteilen bzw. Diskriminierungen ausgesetzt. Sie erfahren häufig Benachteiligung im Bildungswesen, beim Zugang zu Sozialleistungen und bei Einstellungen öffentlicher oder privater Arbeitgeber. Zudem kommt es vor, dass Angehörige von Minderheiten öfter als andere von schikanösem Verhalten von Polizisten oder anderen Vertretern der Verwaltung betroffen sind.
Somit besteht eine beachtliche Gefahr für die Antragstellerin, dass sie aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit zu den Roma erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt sein könnte, wenn sie in ihr Heimatland zurückkehren würde, was wiederum einer unmenschlichen Behandlung gleichkäme.
Durch die noch immer vorhersehende Diskriminierung von Roma in den Balkanstaaten und die damit einhergehende Ausgrenzung an den sozialen Errungenschaften des Landes wie Kindergarten, Schule, Beruf oder Studium, ist bei einer Abschiebung der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ihre Freiheit, mithin auch die Freiheit der Würde oder der freien Entfaltung der Persönlichkeit nicht gewährleistet werden kann.
Alleine die Versagung der Chancen bei der Teilnahme am Bildungssystem kann zur erheblichen Einschränkungen der freien Entfaltung der Persönlichkeit führen, weiche allein auf die Diskriminierung der Rasse der Roma zurückzuführen ist. Damit ist die Freiheit der Antragstellerin aufgrund der Diskriminierung als Roma in Gefahr, was nicht mit dem Art. 14 EMRK zu vereinbaren ist. Eine solche Diskriminierung, allein aufgrund des Merkmales "Rasse" stellt alleine für sich genommen schon eine unmenschliche Behandlung dar. [...]