Innenministerium Niedersachsen zur Ausbildungsduldung:
1. Bei der für die Ausbildungsduldung erforderlichen Beschäftigungserlaubnis nach § 4 Abs. 2 S. 3 AufenthG ist von einer Ermessensreduzierung auszugehen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 S. 4 AufenthG vorliegen.
2. Schulische Ausbildungen sind von der Regelung mit umfasst, nicht aber ein Studium. Eine Einstiegsqualifizierung mit verbindlicher Zusage für eine anschließende Ausbildung stellt einen Regelfall für eine Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG dar.
3. Der Duldungserteilung entgegenstehende aufenthaltsbeendende Maßnahmen sind nur solche im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung. Die Übermittlung des Abschiebungsersuchens an das Landeskriminalamt und der Erlass einer Abschiebungsanordnung in Dublin‑Verfahren und bei sicheren Drittstaaten sind solche Maßnahmen.
4. Die Stichtagsregelung in § 60a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 AufenthG bei Staatsangehörigen sicherer Herkunftsstaaten greift zugunsten der Betroffenen auch dann, wenn lediglich ein (nicht förmliches) Asylgesuch gestellt wurde, sofern dies vor dem 05.02.2016 erfolgt ist (in Anlehnung an die Übergangsregelung in § 87c Abs. 2 AsylG). Bei Personen, die während des Asylverfahrens eine Ausbildung aufgenommen haben und deren Asylantrag abgelehnt wurde, ist eine Ausbildungsduldung zu erteilen und auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu verzichten, wenn kein Arbeitsverbot nach § 60a Abs. 6 AufenthG vorliegt.
5. Für Angehörige der Kernfamilie ist die Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG zu prüfen.
(Zusammenfassung der Redaktion)
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2. Beschäftigungserlaubnis (§ 4 Abs. 2 AufenthG)
Sofern Ausländerinnen und Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzen, der entweder kraft Gesetz zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurde, kann ihnen die Ausübung der Beschäftigung nur erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder deren Zustimmung nicht erforderlich ist (§ 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG). Eine betriebliche Berufsausbildung stellt eine Beschäftigung in diesem Sinne dar, die allerdings nicht der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf (§ 32 Abs. 2 Nr. 2 Beschäftigungsverordnung - BeschV).
Während die Regelung zur Ausbildungsduldung in § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG einen Rechtsanspruch vermittelt, stellt § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis in das Ermessen der Ausländerbehörden. Intention des Gesetzgebers war es, einen Anspruch auf Ausbildungsduldung zu schaffen. Dieser Intention würde es zuwider laufen, wenn das durch § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG eröffnete Ermessen völlig frei ausgeübt werden könnte.
Vielmehr ist hinsichtlich der Beschäftigungserlaubnis in der Regel von einer Ermessensreduzierung auszugehen, wenn die materiellen Voraussetzungen für eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG vorliegen.
3. Begriff und Beginn der Berufsausbildung
Eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf setzt eine mindestens zweijährige Ausbildungsdauer voraus (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BeschV).
Neben diesen dualen Berufsausbildungen stellen auch schulische Ausbildungen an Berufsfachschulen oder sonstigen Schulen eine Ausbildung im Sinne der Vorschrift zur Anspruchsduldung dar. In diesen Fällen unterliegt die Schule in analoger Anwendung des Begriffs des Ausbildungsbetriebs der in § 60a Abs. 2 Satz 7 AufenthG normierten Mitteilungspflicht.
Ein Studium stellt keine Berufsausbildung in diesem Sinne dar.
Einstiegsqualifizierungen nach dem Sozialgesetzbuch III (Arbeitsförderung) oder andere ausbildungsvorbereitende Maßnahmen stellen für sich genommen keine qualifizierte Berufsausbildung dar. Liegt jedoch bereits eine verbindliche Zusage für eine anschließende qualifizierte Berufsausbildung vor, stellt die Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung im Regelfall einen Grund für eine Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG dar.
4. Regelerteilungsvoraussetzungen (§ 5 AufenthG)
Die allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen sind für die Duldungserteilung nicht maßgeblich, weil die Duldung kein Aufenthaltstitel im Sinne des § 5 AufenthG ist. Auch eine Berücksichtigung im Rahmen der Ermessensausübung kommt nicht in Betracht, weil grundsätzlich von einer Ermessensreduzierung auszugehen ist, wenn die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ausbildungsduldung erfüllt sind. Sie werden jedoch bei der späteren Entscheidung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a AufenthG zu berücksichtigen sein.
5. Bevorstehende konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung
Die Erteilung einer Duldung entgegenstehende Maßnahmen sind solche, die bereits in einem engen sachlichen und vor allem zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung selbst stehen. Diese sind jedenfalls dann anzunehmen, wenn dem Landeskriminalamt ein entsprechendes Abschiebungsersuchen übermittelt wurde. [...]