VG Cottbus

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Zitieren als:
VG Cottbus, Urteil vom 07.03.2017 - 4 K 2072/16.A - asyl.net: M24813
https://www.asyl.net/rsdb/M24813
Leitsatz:

Keine Umverteilung innerhalb Brandenburgs, um am Gemeindeleben (zum Christentum konvertierter Iraner) teilnehmen zu können.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: landesinterne Umverteilung, Religionsgemeinschaft, Religionszugehörigkeit, Religionsausübung,
Normen: AsylG § 50
Auszüge:

[...]

Rechtlicher Anknüpfungspunkt für das Begehren des Klägers, in den Landkreis Elbe-Elster umverteilt zu werden, ist § 50 AsylG i.V.m. § 7 des Gesetzes über die Aufnahme von Flüchtlingen, spätausgesiedelten und weiteren aus dem Ausland zugewanderten Personen im Land Brandenburg sowie zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (Landesaufnahmegesetz - LAufnG). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 LAufnG kann aus Gründen des öffentlichen Interesses, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht oder auf Antrag der aufgenommenen Person landesintern eine Umverteilung in einen anderen Landkreis oder eine andere kreisfreie Stadt erfolgen (landesinterne Umverteilung). Über die Umverteilung entscheidet die für die aufgenommene Person zuständige Ausländerbehörde im Einvernehmen mit der Ausländerbehörde, zu der die Umverteilung erfolgen soll (Satz 2). Das Einvernehmen ist nach § 7 Abs. 1 Satz 3 LAufnG insbesondere zu erteilen:

1. zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft zwischen Ehe- oder Lebenspartnern oder zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern,

2. zur benötigten Pflege von Eltern und nahen Angehörigen,

3. zur Berufsausbildung oder zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz,

4. zur Beseitigung einer Gefahrenlage, die insbesondere von Familienangehörigen oder anderen Personen aus dem persönlichen Umfeld ausgeht und die einen Umzug in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde erfordert.

Nach § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG, der auch bei der landesinternen Umverteilung von Asylbewerbern zu beachten ist, ist bei der Zuweisung die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Abs. 1 bis 3 AsylG oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

Von diesen Normen ausgehend hat der Kläger keinen Anspruch auf Umverteilung in den Landkreis Elbe- Elster. Soweit er vorträgt, er wolle bei der Familie … wohnen, so dient dies nicht der Herstellung einer Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Abs. 1 bis 3 AsylG; Familienangehörige im Sinne des § 26 Abs. 1 bis 3 AsylG bzw. nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nummer 1 LAufnG sind der Ehegatte oder Lebenspartner, Eltern oder minderjährige Kinder. Die Mitglieder der Familie … gehören ersichtlich nicht zu diesem Personenkreis. Sie gehören auch nicht zu den Personen, die nach § 6 Abs. 3 Landesaufnahmegesetz- Durchführungsverordnung einen humanitären Grund von vergleichbarem Gewicht begründen können.

Soweit der Kläger darauf verweist, in Schönborn, Ortsteil … nehme er in der christlichen Gemeinde an Gottesdiensten, Bibelstunden und in sonstiger Weise am Leben der christlichen Gemeinde teil, so begründet dies keine humanitären Gründe von vergleichbarem Gewicht. Der Wunsch des Klägers, in den Landkreis Elbe-Elster umverteilt zu werden, um in … Wohnung zu nehmen und dort seine Religion auszuüben, gebietet keine Entscheidung im Sinne des Klägers. Der Kläger hat schon nicht geltend gemacht, dass ihm im Landkreis Oberspreewald-Lausitz und namentlich in … die Möglichkeit genommen oder wesentlich erschwert wird, seinen Glauben auszuüben. Auch in … - wie im gesamten Land Brandenburg - gibt es christliche Gemeinden. Dass diese dem Kläger nicht gestatten würden, an Gottesdiensten, Bibelstunden und dem weiteren Gemeindeleben teilzunehmen, ist nicht nur nicht ersichtlich; die Annahme, dem Kläger würde die Religionsausübung in Senftenberg verweigert, liegt zudem vollends fern. Der Kläger trägt auch nicht vor, dass ihm eine Religionsausübung in … unmöglich oder auch nur wesentlich erschwert wäre.

Im Übrigen hat der Kläger bzw. die Familie … selbst vorgetragen, dass der Kläger - dessen Aufenthalt nicht auf den Landkreis Oberspreewald-Lausitz beschränkt ist - regelmäßig an Gottesdiensten usw. in … teilgenommen hat. Es war dem Kläger mithin bereits in der Vergangenheit ohne weiteres möglich, seine Religion auch in … auszuüben. Weshalb ihm dies in Zukunft nicht möglich sein soll, erschließt sich daher nicht. Die vom Kläger gewollte Religionsausübung in … ist mithin auch dann realisierbar, wenn er weiter dem Landkreis Oberspreewald-Lausitz zugewiesen bleibt. Der bloße Wunsch, eine Religion, die schon derzeit in angemessener Weise ausgeübt werden kann, in einfacherer Weise auszuüben, begründet aber keine humanitäre Härte und keinen Anspruch auf Umverteilung (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 04. Oktober 2002 - 5 K 2239/00 - n.v.; HessVGH, Beschluss vom 28. Oktober 1987 -12 TH 2232/87- juris). [...]