EuGH

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Zitieren als:
EuGH, Urteil vom 15.03.2017 - C-528/15 - Al Chodor gg. Tschechische Republik (ASYLMAGAZIN 5/2017, S. 206 ff.) - asyl.net: M24822
https://www.asyl.net/rsdb/M24822
Leitsatz:

1. Die Dublin III-Verordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten der EU, in einer zwingenden Vorschrift mit allgemeiner Geltung die objektiven Kriterien festzulegen, die zur Annahme einer Fluchtgefahr im Rahmen eines Überstellungsverfahrens führen. Eine gefestigte Rechtsprechung, die eine ständige Verwaltungspraxis bestätigt, genügt diesen Anforderungen nicht.

2. Fehlt eine solche Vorschrift, ist Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung nicht anwendbar und die Inhaftierung zur Sicherung des Überstellungsverfahrens rechtswidrig.

(Leitsätze der Redaktion, siehe Anmerkung (engl.) im Blog "EU Law Analysis": eulawanalysis.blogspot.de/2017/05/immigration-detention-and-rule-of-law.html)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Dublin III-Verordnung, Haft, Sicherungshaft, Fluchtgefahr, Entziehungsabsicht, Vorabentscheidungsverfahren, Freiheitsentziehung, Überstellung, Überstellungshaft, Gesetzesvorbehalt, gesetzlich, Haftgründe,
Normen: VO 604/2013 Art. 2 Buchst. n, VO 604/2013 Art. 28 Abs. 2, EMRK Art. 5, GR-Charta Art. 6
Auszüge:

[...]

24 Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 2 Buchst. n in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung dahin auszulegen ist, dass die Mitgliedstaaten aufgrund dieser Bestimmungen verpflichtet sind, im einzelstaatlichen Gesetzesrecht die objektiven Kriterien festzulegen, auf denen die Gründe beruhen, die zu der Annahme Anlass geben, dass sich eine Person, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (im Folgenden: Antragsteller) und gegen die ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte, und ob das Fehlen dieser Kriterien im einzelstaatlichen Gesetzesrecht die Nichtanwendbarkeit von Art. 28 Abs. 2 dieser Verordnung zur Folge hat.

25 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Dublin-III-Verordnung es gemäß ihrem Art. 28 Abs. 2 ermöglicht, zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, Antragsteller in Haft zu nehmen, und zwar nach einer Einzelfallprüfung und nur in dem Fall, dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Nach Art. 2 Buchst. n dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck "Fluchtgefahr" das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich der Betreffende einem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

26 Die Fremdenpolizei und die tschechische Regierung machen einleitend geltend, dass eine Verordnung in den Mitgliedstaaten unmittelbar gelte und dass es folglich keiner vorherigen Umsetzung in das innerstaatliche Recht bedürfe. Dementsprechend werde der nationale Gesetzgeber durch Art. 2 Buchst. n der Dublin-III-Verordnung nicht verpflichtet, solche objektiven Kriterien für das Vorliegen von Fluchtgefahr in einem nationalen Gesetz festzuschreiben.

27 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Verordnungen nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs, nach Art. 288 AEUV und aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Funktion im Rechtsquellensystem des Unionsrechts im Allgemeinen unmittelbare Wirkung in den nationalen Rechtsordnungen haben, ohne dass nationale Durchführungsmaßnahmen erforderlich wären. Allerdings kann es vorkommen, dass manche Bestimmungen einer Verordnung zu ihrer Durchführung des Erlasses von Durchführungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten bedürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. April 2011, Vlaamse Dierenartsenvereniging und Janssens, C-42/10, C-45/10 und C-57/10, EU:C:2011:253, Rn. 47 und 48 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

28 Dies trifft auf Art. 2 Buchst. n der Dublin-III-Verordnung zu, der ausdrücklich verlangt, dass die objektiven Kriterien für das Vorliegen von Fluchtgefahr "gesetzlich festgelegt" werden. Da diese Kriterien weder in der genannten Verordnung noch in einem anderen Unionsrechtsakt festgelegt wurden, ist es im Zusammenhang mit dieser Verordnung Sache des einzelstaatlichen Rechts, sie aufzustellen. Bestätigt wird dieser Befund zudem durch eine Zusammenschau von Art. 8 Abs. 3 Buchst. f der Aufnahmerichtlinie, wonach ein Antragsteller gemäß Art. 28 der Dublin-III-Verordnung in Haft genommen werden kann, und dem letzten Unterabsatz dieses Art. 8 Abs. 3, der klarstellt, dass die Haftgründe im einzelstaatlichen Recht geregelt werden. Ferner heißt es im 20. Erwägungsgrund der Dublin-III-Verordnung, dass die Mitgliedstaaten hinsichtlich der allgemeinen Garantien im Bereich der Inhaftnahme sowie der Bedingungen für die Inhaftnahme gegebenenfalls die Bestimmungen der Aufnahmerichtlinie, die in ihrem oben genannten Art. 8 gerade unmittelbar auf das einzelstaatliche Recht verweist, auch auf Personen anwenden sollten, die aufgrund der Verordnung in Haft genommen wurden. Daraus folgt, dass Kriterien, wie sie in Art. 2 Buchst. n der Dublin-III-Verordnung aufgeführt sind, einer Durchführung im einzelstaatlichen Recht eines jeden Mitgliedstaats bedürfen.

29 Sodann ist zu bestimmen, ob der Begriff "gesetzlich" im Sinne von Art. 2 Buchst. n dieser Verordnung dahin zu verstehen ist, dass er eine gefestigte Rechtsprechung umfasst, mit der gegebenenfalls eine ständige Verwaltungspraxis bestätigt wird.

30 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und das Ziel zu berücksichtigen, das mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt wird (Urteil vom 26. Mai 2016, Envirotec Denmark, C-550/14, EU:C:2016:354, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31 Was den Wortlaut von Art. 2 Buchst. n der Dublin-III-Verordnung angeht, lässt sich mit einer Analyse des Ausdrucks "gesetzlich festgelegt" allein anhand seines Wortlauts nicht bestimmen, ob eine ständige Rechtsprechung oder Verwaltungspraxis davon umfasst sein kann. In den verschiedenen Sprachfassungen dieser Verordnung hat der dem Begriff "gesetzlich" entsprechende Begriff nämlich eine unterschiedliche Bedeutung. So kommen die Begriffe, die z.B. in der englischen, der polnischen und der slowakischen Sprachfassung verwendet werden, dem Begriff "rechtlich" nahe, dessen Bedeutung weiter sein kann als die des Begriffs "gesetzlich". In gewissen anderen Sprachfassungen, z.B. in der bulgarischen, der spanischen, der tschechischen, der deutschen und der französischen Sprachfassung, hat dieser Begriff eine engere Bedeutung.

32 Wenn die verschiedenen Sprachfassungen voneinander abweichen, kann die Bedeutung der betreffenden Vorschrift jedoch nicht auf der Grundlage einer ausschließlich am Wortlaut orientierten Auslegung beurteilt werden, sondern muss nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung beurteilt werden, deren Teil die Vorschrift ist (Urteil vom 26. Mai 2016, Envirotec Denmark, C-550/14, EU:C:2016:354, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33 Zur allgemeinen Systematik, in die sich Art. 2 Buchst. n der Dublin-III-Verordnung einfügt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass durch die Verordnung laut ihrem neunten Erwägungsgrund unter Bestätigung der ihr zugrunde liegenden Prinzipien angesichts der bisherigen Erfahrungen die notwendigen Verbesserungen nicht nur im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Dublin-Systems, sondern auch im Hinblick auf den Schutz der Antragsteller, der insbesondere durch den ihnen gewährten gerichtlichen Rechtsschutz sichergestellt wird, vorgenommen werden sollen (Urteil vom 7. Juni 2016, Ghezelbash, C-63/15, EU:C:2016:409, Rn. 52).

34 Dieses hohe Schutzniveau für die Antragsteller, das mit der Dublin-III-Verordnung bezweckt wird, ist auch, wie sich aus Art. 28 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. n dieser Verordnung ergibt, in Bezug auf deren Inhaftnahme vorgesehen. Wie sich dem 20. Erwägungsgrund der Verordnung entnehmen lässt, unterwirft ihr Art. 28 die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Inhaftnahme nämlich erheblichen Beschränkungen. So nehmen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie um internationalen Schutz nachgesucht hat. Nach Abs. 2 dieses Artikels ist zudem eine Inhaftnahme zur Sicherstellung von Überstellungsverfahren im Einklang mit dieser Verordnung nur dann möglich, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, deren Beurteilung auf einer Einzelfallprüfung beruhen muss. Des Weiteren muss Haft verhältnismäßig sein und ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Ferner muss die Haft gemäß Abs. 3 dieses Artikels so kurz wie möglich sein. Schließlich schreibt Art. 2 Buchst. n der Dublin-III-Verordnung vor, dass die Feststellung, dass Fluchtgefahr besteht, auf objektiven Kriterien beruhen muss, die gesetzlich festzulegen und auf den jeweiligen Einzelfall anzuwenden sind.

35 Außerdem ist festzustellen, dass die Dublin-III-Verordnung Garantien in Bezug auf die Inhaftnahme mit sich bringt, die über die der Verordnung Nr. 343/2003, die mit der Dublin-III-Verordnung neu gefasst wurde, hinausgehen. Die Verordnung Nr. 343/2003 enthielt nämlich keine Bestimmung über die Inhaftnahme. Anhand dieser Entwicklung wird auch die erhöhte Aufmerksamkeit deutlich, die der Unionsgesetzgeber dem Schutz von Antragstellern zumisst, wie sie sich auch aus dem Urteil vom 7. Juni 2016, Ghezelbash (C-63/15, EU:C:2016:409), ergibt.

36 Was das mit Art. 2 Buchst. n in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung verfolgte Ziel angeht, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmungen, indem sie es zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren im Einklang mit dieser Verordnung gestatten, dass ein Antragsteller in Haft genommen wird, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, eine Einschränkung der Ausübung des in Art. 6 der Charta verankerten Grundrechts auf Freiheit vorsehen (vgl. entsprechend Urteil vom 15. Februar 2016, N., C-601/15 PPU, EU:C:2016:84, Rn. 49).

37 Hierzu ergibt sich aus Art. 52 Abs. 1 der Charta, dass jede Einschränkung der Ausübung dieses Rechts gesetzlich vorgesehen sein, dessen Wesensgehalt achten und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren muss. Art. 52 Abs. 3 der Charta legt fest, dass die Rechte der Charta, soweit sie den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite haben, wie sie ihnen in dieser Konvention verliehen wird, wobei aber klargestellt wird, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz gewähren kann. Bei der Auslegung von Art. 6 der Charta ist somit Art. 5 EMRK als Mindestschutzstandard zu berücksichtigen.

38 Dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zufolge muss jede Freiheitsentziehung rechtmäßig sein, und zwar nicht nur insofern, als sie eine Rechtsgrundlage im innerstaatlichen Recht haben muss, sondern die Rechtmäßigkeit betrifft auch die Qualität des Gesetzes und setzt voraus, dass eine nationale Rechtsvorschrift, die eine Freiheitsentziehung gestattet, hinreichend zugänglich, präzise und in ihrer Anwendung vorhersehbar ist, um jede Gefahr von Willkür zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne EGMR, 21. Oktober 2013, Del Río Prada/Spanien, CE:ECHR:2013:1021JUD004275009, § 125).

39 Ferner ist im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorzuheben, dass das Ziel der Freiheitsgarantien, wie sie sowohl in Art. 6 der Charta als auch in Art. 5 EMRK verbürgt sind, insbesondere darin besteht, den Einzelnen vor Willkür zu schützen. Die Vereinbarkeit der Durchführung einer freiheitsentziehenden Maßnahme mit diesem Ziel setzt daher u.a. voraus, dass sie frei von Elementen bösen Glaubens oder der Täuschung seitens der Behörden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Februar 2016, N., C-601/15 PPU, EU:C:2016:84, Rn. 81).

40 Daraus folgt, dass bei der Inhaftnahme von Antragstellern, die einen schwerwiegenden Eingriff in deren Recht auf Freiheit darstellt, strenge Garantien, nämlich Bestehen einer Rechtsgrundlage, Klarheit, Vorhersehbarkeit, Zugänglichkeit und Schutz vor Willkür, einzuhalten sind.

41 Zur ersten dieser Garantien ist festzustellen, dass die Beschränkung der Ausübung des Rechts auf Freiheit im vorliegenden Fall auf Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. n der Dublin-III-Verordnung, bei der es sich um einen Gesetzgebungsakt der Union handelt, gestützt ist. Die letztgenannte Bestimmung wiederum verweist für die Festlegung der objektiven Kriterien für das Vorliegen von Fluchtgefahr auf das einzelstaatliche Recht. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie eine Vorschrift beschaffen sein muss, um den anderen Garantien, nämlich der Klarheit, der Vorhersehbarkeit, der Zugänglichkeit und dem Schutz vor Willkür, zu genügen.

42 Wie der Generalanwalt in Nr. 63 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es insoweit wichtig, dass die betreffenden Behörden das ihnen gemäß Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. n der Dublin III-Verordnung eingeräumte Ermessen bei der Einzelfallbeurteilung in Bezug auf das Vorliegen von Fluchtgefahr innerhalb bestimmter im Voraus abgesteckter Grenzen ausüben. Es ist somit unabdingbar, dass die Kriterien für das Vorliegen einer solchen Gefahr, die den Grund für eine Inhaftnahme darstellt, in einem zwingenden, in seiner Anwendung vorhersehbaren Rechtsakt klar festgelegt werden.

43 In Anbetracht des Ziels der betreffenden Vorschriften und im Licht des hohen Schutzniveaus, das sich aus ihrem Kontext ergibt, kann nur eine Vorschrift mit allgemeiner Geltung den Anforderungen der Klarheit, der Vorhersehbarkeit, der Zugänglichkeit und insbesondere des Schutzes vor Willkür genügen.

44 Der Erlass von Vorschriften mit allgemeiner Geltung bietet nämlich die erforderlichen Garantien, da ein solcher Text den Spielraum der Behörden bei der Beurteilung der Umstände eines jeden konkreten Falles in zwingender und im Voraus erkennbarer Weise absteckt. Wie der Generalanwalt in den Nrn. 81 und 82 seiner Schlussanträge dargelegt hat, eignen sich Kriterien, die in einer zwingenden Vorschrift festgelegt werden, zudem am besten für eine externe Kontrolle des Ermessens dieser Behörden, um den Antragstellern Schutz vor willkürlichen Freiheitsentziehungen zu bieten.

45 Somit ist Art. 2 Buchst. n in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung dahin auszulegen, dass die objektiven Kriterien, auf denen die Gründe beruhen, die zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller dem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte, in einer zwingenden Vorschrift mit allgemeiner Geltung festzulegen sind. Eine gefestigte Rechtsprechung – wie in der Ausgangsrechtssache –, mit der eine ständige Praxis der Fremdenpolizei bestätigt wird, genügt jedenfalls nicht.

46 Sind die genannten Kriterien – wie in der Ausgangsrechtssache – nicht in einer solchen Vorschrift enthalten, ist die Inhaftnahme für rechtswidrig zu erklären, was die Nichtanwendbarkeit von Art. 28 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung zur Folge hat.

47 Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 2 Buchst. n in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung dahin auszulegen ist, dass die Mitgliedstaaten aufgrund dieser Bestimmungen verpflichtet sind, in einer zwingenden Vorschrift mit allgemeiner Geltung die objektiven Kriterien festzulegen, auf denen die Gründe beruhen, die zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte. Das Fehlen einer solchen Vorschrift hat die Nichtanwendbarkeit von Art. 28 Abs. 2 dieser Verordnung zur Folge. [...]

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt: Art. 2 Buchst. n in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten aufgrund dieser Bestimmungen verpflichtet sind, in einer zwingenden Vorschrift mit allgemeiner Geltung die objektiven Kriterien festzulegen, auf denen die Gründe beruhen, die zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte. Das Fehlen einer solchen Vorschrift hat die Nichtanwendbarkeit von Art. 28 Abs. 2 dieser Verordnung zur Folge. [...]