1. Derzeit liegen in Bezug auf Polen keine systemischen Mängel des Asyl /Aufnahmeverfahrens zu Tage, dies betrifft auch medizinische Behandlungen.
2. In Dublin Verfahren ist § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in unionsrechtskonformer Anwendung der Dublin III VO nicht anwendbar.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Es gibt keinen stichhaltigen Grund dafür, dass Polen nicht nach Maßgabe der Kriterien von Kapitel III der Dublin III-VO zuständig ist und zugleich liegen keine Erkenntnisse darüber zu Tage, dass die polnischen Asylverfahrens- und/oder Aufnahmebedingungen systemische Mängel i.S.v. Art. 3 Abs. 2 2. UA Dublin III-VO aufwiesen. [...]
Mit dem Vortrag zu einer vorgeblich bereits in Polen aufgetretenen und nunmehr in Deutschland vorübergehend stationär behandelten psychischen Erkrankung der Antragstellerin machen die Antragsteller auch nicht etwa hier berücksichtigungsfähige Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) geltend, die einer Überstellung entgegenstehen können. Ausweislich des nunmehr vorgelegten Arztbriefes vom 5. Oktober 2016 ist derzeit eine ambulante Weiterbehandlung der Antragstellerin zu 2. vereinbart und hat sie ein gängiges Medikament verschrieben bekommen. Freilich geht der Unionsgesetzgeber davon aus, dass auch psychisch erkrankte Asylantragsteller überstellt werden sollen, wofür die in Art. 32 Dublin III-VO geregelten Vorkehrungen getroffen werden können. Abgesehen hiervon, gehört auch eine medizinische Betreuung zu den in Polen erfüllten Aufnahmebedingungen. Das gilt auch hinsichtlich solcher Konstellationen wie hier, wenn in Polen die Asylanträge abgelehnt worden sind und allenfalls ein asylrechtliches Folgeverfahren in Betracht kommen dürfte. Es liegt jedenfalls kein stichhaltiger Beleg dafür vor, dass das unionsrechtliche Vertrauensprinzip in Bezug auf die medizinische Versorgung von Asylantragstellern in Polen beachtlich defizitär ist. [...] Dass die medizinische Versorgung nicht in allen Aufnahmeeinrichtungen von gleicher Qualität ist und es im Einzelfall Schwierigkeiten bei der zeitnahen fachärztlichen Versorgung geben kann, begründet keine "systemischen Mängel". [...] Die Asylsuchenden in Polen zur Verfügung stehende Versorgungssituation entspricht danach den menschenrechtlichen Standards, so dass eine ggf. erforderliche ambulante und medikamentöse Behandlung der Antragstellerin dort fortgesetzt werden kann.
Soweit sich der Bundesamtsbescheid in Nr. 2 auf der Grundlage von § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG mit der Frage eines nationalen Abschiebungsverbots (§ 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG) in Bezug auf Polen befasst, beruht dies auf einem gesetzgeberischen Versehen: die Frage eines nationalen Abschiebungsschutzbedarfs kann sich im Rahmen des Dublin-Verfahrens so nicht stellen, weshalb die durch das Integrationsgesetz (vom 31. Juli 2016, BGBl. I S. 1939; dort Art. 6 Nr. 11 lit. c) vermeintlich vorgenommene Folgeänderung wegen Austauschs des der Änderung - in § 29 AsylG - zugrundeliegenden Substrats (früher: unbeachtliche Asylanträge; jetzt: unzulässige Asylanträge) in Wahrheit ins Leere geht. Denn in allen Fällen, in denen ein in dieser Weise gedachter nationaler zielstaatsbezogener Abschiebungsschutzbedarf besteht, liegt zugleich ein systemischer Mangel der asylrelevanten Verhältnisse im betroffenen Mitgliedstaat des GEAS vor, so dass in diesen Fällen schon die Unzulässigkeitsfolge nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG (Nr. 1 des Bundesamtsbescheides) nicht eintreten kann, weil der systemisch mangelbehaftete Mitgliedstaat gerade nicht zuständiger Mitgliedstaat sein kann. Unionsrechtskonform mag § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG daher in den sog. Dublin-Fällen keine Anwendung finden; jedenfalls sind die Antragsteller nicht zusätzlich beschwert, indem hinsichtlich Polens ein nationaler Abschiebungsschutzbedarf verneint wird, weil dies bereits aus Nr. 1 des Bescheides folgt. In der Sache begründet das Bundesamt an dieser Stelle das Fehlen systemischer Mängel des Verfahrens in Polen. [...]